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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

mus, Gläubigkeit, Widerstandskraft, doch auch an Naivität gehörte zu solcher Haltung. Nicht<br />

nur mit Verzicht auf äußere Erfolge hatte er sie bezahlt, sondern <strong>–</strong> auch wenn er dies bestritt <strong>–</strong><br />

mit Mangel an <strong>ein</strong>fachem menschlichem Glück. Wie auf <strong>ein</strong>er Bühne bewegte er sich, in <strong>ein</strong>em<br />

Stück, bei dem er zugleich Autor und Darsteller zu s<strong>ein</strong> hatte. Das Zwiegespaltene,<br />

Maskenhafte, das s<strong>ein</strong>e Jugenderlebnisse ihm aufgenötigt, begleitet ihn auf s<strong>ein</strong>em ganzen<br />

Weg. Es ist bitter zu sagen, doch der Prophet der Freiheit hat wirkliche Freiheit nur in ganz<br />

seltenen Augenblicken empfunden.“ 1<br />

Mackay‘s finanzielle Situation verschlechterte sich durch Inflation und Wirtschaftskrise. Ein<br />

Mäzen läßt ihn in Stich und stellt s<strong>ein</strong>e Unterstützung <strong>ein</strong>. Er sah sich gezwungen, „das, was<br />

er als <strong>ein</strong>zigartigen Besitz und unentbehrliches Arbeitsmaterial im Laufe der Jahre mühsam<br />

zusammengetragen hatte, zum Verkauf an[zu]bieten: s<strong>ein</strong>e große Sammlung sozialistischer<br />

und anarchistischer Literatur in frühen und seltenen Ausgaben“. 2<br />

Er berichtet darüber in s<strong>ein</strong>er ‚Abrechnung‘:<br />

„Ich hatte mich bereits entschließen müssen, an die Veräußerung dessen zu gehen, was ich<br />

noch besaß. Zunächst an die m<strong>ein</strong>er gesamten Arbeit über <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>: des umfangreichen<br />

Archives mit s<strong>ein</strong>en Akten, Dokumenten, Briefen (und den wenigen, weil so überaus seltenen<br />

Namenszügen <strong>Stirner</strong>s) und m<strong>ein</strong>er, von diesem Archiv nicht abtrennbaren Bibliothek des<br />

[143] individualistischen Anarchismus, <strong>ein</strong>er Sammlung von <strong>ein</strong>zig dastehender Vollständigkeit<br />

auf diesem speziellen Gebiet ... Jahrelang habe ich vergebens versucht, <strong>ein</strong>en Interessenten<br />

und Käufer für sie zu finden. So unwahrsch<strong>ein</strong>lich es auch klingt <strong>–</strong> nirgends, aber auch<br />

nirgends, in Europa nicht und nicht in Amerika, nicht in Japan und nicht in Jerusalem fand<br />

sich <strong>ein</strong> Institut oder <strong>ein</strong> Privatmann, welche die Bedeutung und den Wert des Angebotenen<br />

<strong>ein</strong>zuschätzen gewußt hätten. Nachdem auch noch die letzten Bemühungen: das Ganze für<br />

Berlin, die Wohnstatt <strong>Stirner</strong>s, zu erhalten, fehlgeschlagen waren, mußte ich mich endlich<br />

entschließen, es dorthin zu geben, wohin es nach m<strong>ein</strong>er M<strong>ein</strong>ung am wenigsten gehörte: an<br />

das Marx-Engels-Institut in Moskau (und, was hier nicht verschwiegen zu werden braucht, zu<br />

<strong>ein</strong>em ganz unverhältnismäßig niedrigen Preise).“ 3<br />

Am 16. Mai 1933 starb Mackay, der ausdrücklich verfügte, „daß alle s<strong>ein</strong>e unvollendeten<br />

Manuskripte sowie s<strong>ein</strong> gesamter Briefwechsel vernichtet werden sollten. Denn k<strong>ein</strong>esfalls<br />

wollte er den neuen Machthabern Material liefern, das gegen ihn und <strong>–</strong> wie er befürchten<br />

mußte <strong>–</strong> mehr noch gegen überlebende Freunde ausgewertet werden konnte“. 4<br />

Zu s<strong>ein</strong>er Totenfeier waren nur fünf s<strong>ein</strong>er engsten Freunde erschienen.<br />

Abschließend noch <strong>ein</strong>e längere Textstelle aus Erich Mühsams ‚Unpolitischen Erinnerung‘.<br />

Der jüdische Anarchist, Lyriker und politische Schriftsteller Erich Mühsam <strong>–</strong> geboren am<br />

6. April 1878 in Berlin, ermordet im Konzentrationslager Oranienburg in der Nacht vom 9.<br />

auf den 10. Juli 1934 <strong>–</strong> [144] kannte Mackay noch persönlich und beschreibt ihn folgendermaßen:<br />

„Zu den Dichtern der naturalistischen Kampfgeneration, mit denen ich in m<strong>ein</strong>er Berliner<br />

Frühzeit noch persönlich in Berührung kam, gehörte auch John Henry Mackay, mit dem mich<br />

ja <strong>ein</strong>e ziemlich nahe Verwandtschaft der sozialen Anschauungen verband. Die oft behauptete<br />

Diskrepanz zwischen s<strong>ein</strong>en aufrüttelnd kämpferischen Dichtungen und s<strong>ein</strong>em sorgsam abgezirkelten<br />

persönlichen Gebaren kann ich eigentlich nicht zugeben. Allerdings ergibt sich<br />

wohl aus der Feststellung der Einheitlichkeit s<strong>ein</strong>es Charakters als dichtender Propagandist<br />

und als Mensch unter Menschen der Abstand zwischen s<strong>ein</strong>er und m<strong>ein</strong>er Weltanschauung,<br />

1 Ebd. S. 25.<br />

2 Ebd. S. 26.<br />

3 Mackay, J. H.: Abrechnung. Randbemerkungen zu Leben und Arbeit. Freiburg/Br. 1978. S. 178 f.<br />

4 Schwedhelm, K.: J. H. Mackay. S. 27.

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