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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

lektiven wie Staat, Kirche, Partei, Gewerkschaft oder wem immer ausgehen.<br />

S<strong>ein</strong> ,individueller Anarchismus‘ lehnt jedoch s<strong>ein</strong>erseits ebenso strikt die Anwendung von<br />

Gewalt ab ... Mackay setzt auf passive Resistenz. S<strong>ein</strong>e Waffen sind kollektiver Ungehorsam,<br />

Verweigerung, Streik und Boykott ...“. 1<br />

Mackay begründete s<strong>ein</strong>e wirtschaftliche Existenz aus den Erträgen des mütterlichen Vermögens.<br />

Den Versuch, <strong>ein</strong>en Beruf zu erlernen, unternahm er nur <strong>ein</strong>mal. In Stuttgart begann<br />

er <strong>ein</strong>e Ausbildung als Verlagsbuchhändler, die er nach kurzer Dauer abbrach. Es folgten darauf<br />

<strong>ein</strong> fragmentarisches Studium der Kunstgeschichte und der Philosophie in Kiel, Leipzig<br />

und Berlin. Vor allem aber beschäftigte er sich mit dem Studium der „unterschiedlichen Lebensformen<br />

der zeitgenössischen Gesellschaft“. 2<br />

[136] Diese lernte er auf zahlreichen Reisen kennen, welche er anfangs noch mit s<strong>ein</strong>er Mutter<br />

unternahm.<br />

„Für s<strong>ein</strong> schriftstellerisches Werk war die Fülle an Eindrücken aus diesen Reisen nur insoweit<br />

ertragreich, als es menschliche Charaktere, soziale Verhältnisse und fremde Lebensformen<br />

betraf. Auffällig blaß und randständig, teilweise sogar klischeehaft demgegenüber s<strong>ein</strong>e<br />

Naturdarstellung. Während er bei der Beschreibung städtischen Lebens, von Häusern, dem Interieur<br />

von Zimmern anschaulich genug und voller Vorstellungskraft ist, wird s<strong>ein</strong> Wortschatz<br />

bei der Schilderung von Landschaften vage und allgem<strong>ein</strong>. Ihm daraus mangelnde Beziehung<br />

zur außermenschlichen Natur zu unterstellen, wäre gewiß voreilig. Doch gehörte s<strong>ein</strong>e<br />

Aufmerksamkeit primär den humanen Ersch<strong>ein</strong>ungen, den Bedingungen der Menschen-<br />

Umwelt s<strong>ein</strong>er Gegenwart“ 3 , so beurteilt Karl Schwedhelm in s<strong>ein</strong>er Einführung zu <strong>ein</strong>er<br />

Auswahl aus Mackay‘s Werken dessen literarisches Talent, um es gleich darauf auf den<br />

Punkt zu bringen: er war „<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>fühlsamer Beobachter von Menschen“. 4<br />

Mackay‘s homophile Neigung fand ihren Niederschlag in zwei Broschüren, welche jedoch<br />

beschlagnahmt wurden.<br />

S<strong>ein</strong> Verleger, der den Namen des Verfassers nicht preisgab, wurde zu <strong>ein</strong>er Geldstrafe verurteilt.<br />

Mackay „empörte in erster Linie die Ungerechtigkeit von Staat und Gesellschaft gegen <strong>ein</strong>e<br />

an ihrer Veranlagung schuldlosen Minderheit“. 5<br />

[137] Hermann Hesse nannte Mackay „‚<strong>ein</strong>en freien, kühnen und ritterlichen Geist, eigenwillig<br />

und zäh, leidenschaftlich, aber geduldig, immer in Abwehr, immer auf der Seite der Freiheit,<br />

immer glühender Gegner der Schablone, des Toten, der Mechanisierung‘“. 6<br />

Zum entscheidenden Erlebnis für J. H. Mackay wird jedoch die „Entdeckung“ <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>s.<br />

Diese Entdeckung fällt zeitlich mit <strong>ein</strong>em längeren Aufenthalt Mackay‘s in London zusammen.<br />

„Bei Arbeiten über die Frühgeschichte des Anarchismus in der Bibliothek des British<br />

Museum war Mackay auf das damals in Deutschland kaum noch bekannte Buch <strong>Stirner</strong>s ,Der<br />

Einzige und s<strong>ein</strong> Eigentum‘ gestoßen. Die Begegnung mit diesem Werk faszinierte ihn in <strong>ein</strong>em<br />

Grade, daß er durch Jahrzehnte <strong>ein</strong>en wesentlichen Teil s<strong>ein</strong>er Arbeit daran wandte,<br />

<strong>Stirner</strong> in das Bewußts<strong>ein</strong> der Öffentlichkeit zu heben. Er brachte <strong>ein</strong>e neue, sorgfältige Edition<br />

des Hauptwerkes heraus. Aus den verstreuten und schwer auffindbaren Aufsätzen des<br />

Vergessenen stellte er <strong>ein</strong>e Ausgabe der ,Kl<strong>ein</strong>eren Schriften‘ zusammen. Vor allem aber<br />

ging es ihm darum, dem von ihm nahezu abgöttisch Verehrten endlich den ihm bisher vorent-<br />

1 Ebd. S. 9.<br />

2 Ebd. S. 10.<br />

3 Ebd.<br />

4 Ebd. S. 11.<br />

5 Ebd.<br />

6 Hesse, Hermann: J. H. Mackay. Abrechnung. Randbemerkung zu Leben und Arbeit. <strong>–</strong> In: Neue Züricher Zeitung.<br />

1933, Nr. 960, 28. Mai. Zit. bei Schwedhelm, K. S. S. 13.

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