Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Studien nicht zu vernachlässigen, bei Marh<strong>ein</strong>eke, dem Orthodoxen von der <strong>Hegels</strong>chen<br />
Rechten, über Dogmatik und über die Bedeutung der neueren Philosophie in der Theologie.“ 1<br />
Nach vierjähriger Abwesenheit von Berlin kehrte er dorthin zurück, um im Sommer 1833 <strong>–</strong><br />
also nach Hegel Tod <strong>–</strong> „bei dem Hegelianer Michelet über Aristoteles‘ Leben, Schriften und<br />
Philosophie, und wieder, wie vor Jahren, bei Böckh, diesmal über Plato‘s Republik“ 2 Vorlesungen<br />
zu besuchen.<br />
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die mit den Namen Johann Caspar Schmidt<br />
und <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> bedachten Personen identisch sind. <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> ist das Pseudonym für Johann<br />
Caspar Schmidt, „denn <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> so wurde J. C. Schmidt schon als Student von<br />
s<strong>ein</strong>en Kommilitonen s<strong>ein</strong>er auffallend hohen Stirn wegen genannt, so unterzeichnete er s<strong>ein</strong>e<br />
ersten öffentlichen Arbeiten, so wurde er in dem Kreis s<strong>ein</strong>er Bekannten ausschließlich angeredet<br />
und so nannte er sich selbst, um diesen Namen endlich auf jenes Werk zu setzen, das<br />
ihn unsterblich machen sollte für alle Zeiten ...“. 3<br />
Vorerst weitere ausführliche Exkurse in <strong>Stirner</strong>s Biographie aussparend, bleiben drei Fakten<br />
zur Ausgangsgrundlage, zu erwähnen:<br />
[108] Erstens: <strong>Stirner</strong>s Leben währte vom 25. Oktober 1806 bis zu s<strong>ein</strong>en Ableben in Armut<br />
am 25. Juni 1856.<br />
Zweitens: S<strong>ein</strong>e Zugehörigkeit zu den „Freien“ <strong>–</strong> dem „versprengten Freikorps des Radikalismus“<br />
4 <strong>–</strong> dem unter anderem Bruno und Edgar Bauer, Ludwig Buhl, C. F. Köppen, Friedrich<br />
Engels, sowie im weiteren Kreis Karl Marx angehörten.<br />
Drittens: Das Ersch<strong>ein</strong>en s<strong>ein</strong>es Werkes, welches „in den letzten Tagen des Oktober 1844<br />
unter den Titel ‚Der Einzige und s<strong>ein</strong> Eigentum‘ an das Licht der Öffentlichkeit trat“. 5<br />
<strong>Stirner</strong> führt in s<strong>ein</strong>em Werk <strong>ein</strong>e Entwicklung radikal weiter und zu Ende, die Bruno Bauer<br />
<strong>ein</strong>geleitet hatte.<br />
So schreibt Johann Mader in s<strong>ein</strong>em Buch ‚Zwischen Hegel und Marx‘ <strong>–</strong> es behandelt den<br />
Zeitraum von 1830 bis 1850 <strong>–</strong> über die Entwicklung des Denkens, das eng mit der Frage nach<br />
der Verwirklichung der Philosophie gekoppelt ist: „In der Philosophie des 19. Jahrhunderts<br />
verwandelt sich in der Intention, die Philosophie zu verwirklichen, diese selbst in ihrem Wesen:<br />
sie wird zunächst zur Geschichtsphilosophie, dies bei Cieszkowski und Bauer, sodann<br />
wird sie zur Anthropologie, dies bei Feuerbach und Kierkegaard. Zuletzt vollzieht <strong>Stirner</strong> die<br />
endgültige Destruktion. Hier wird sie zur Proklamation der Anarchie. Das, was sich in der<br />
Forderung, unmittelbar praktisch zu werden, verwandelt, ist ihr Wesen als Theorie und damit<br />
ihr Verhältnis als Theorie zur Praxis. Denn Theorie bleibt sie auch dort, wo sie als unmittelbar<br />
praktisch proklamiert wird. Sie wird hier zur [109] situationsbedingten Strategie-Theorie<br />
des politischen Aktivismus.“ 6<br />
<strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> steht <strong>–</strong> nach J. Mader <strong>–</strong> am Ende der Auflösung des absoluten Geistes als Prinzip<br />
der Philosophie, sowie der Auflösung der dialektischen Geschichtsphilosophie.<br />
Lag für Hegel die Aufgabe der Philosophie noch darin, die Wirklichkeit zu erkennen, so<br />
wurde von ihm die Philosophie auch traditionell als Metaphysik verstanden. Man kann <strong>Hegels</strong><br />
Worte aus der Vorrede zur Rechtsphilosophie durchaus als Warnung verstehen, wenn er<br />
m<strong>ein</strong>t:<br />
„Das was ist, zu begreifen, ist die Aufgabe der Philosophie, denn das was ist, ist die Vernunft.<br />
Was das Individuum betrifft, so ist ohnehin jedes <strong>ein</strong> Sohn s<strong>ein</strong>er Zeit; so ist auch die<br />
1 Ebd. S. 37 f.<br />
2 Ebd. S. 40.<br />
3 Ebd. S. 85.<br />
4 Ebd. S. 59.<br />
5 Ebd. S. 125.<br />
6 Mader, Johann: Zwischen Hegel und Marx. Zur Verwirklichung der Philosophie. Wien-München 1975. S. 19.