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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

mit Spinoza noch mit Kant das geringste gem<strong>ein</strong>. Dem Charakterformat nach gehört er vielmehr<br />

in die Reihe: Caesar, Diokletian, Tschingis Khan, Barbarossa. Und zu diesen Persönlichkeiten<br />

zählt er nicht trotz, sondern gerade wegen s<strong>ein</strong>es Denkertums. S<strong>ein</strong>e Philosophie<br />

ist imperatorisch, cäsarisch, tschingis-khanisch. Und so kam es denn auch, daß er am Ende<br />

von s<strong>ein</strong>em Katheder aus den preußischen Staat politisch, ja geradezu diktatorisch beherrschte“<br />

1 <strong>–</strong> wie José Ortega y Gasset sich in Falle <strong>Hegels</strong> äußert.<br />

Zur Überleitung in den folgenden Abschnitt, und um zur Ausgangsstellung zurückzukehren,<br />

sch<strong>ein</strong>t es jedoch angemessen, <strong>ein</strong>en unmittelbaren Epigonen jenes Mannes <strong>–</strong> welcher von<br />

sich (?) sagt: „Ein großer Mann verdammt die Menschen, ihn zu explizieren“ 2 <strong>–</strong> zu Wort<br />

kommen zu lassen.<br />

[105] Ludwig Feuerbach: „Ja, ich stand zu Hegel in <strong>ein</strong>em intimeren und <strong>ein</strong>flußreichern<br />

Verhältnis als irgend<strong>ein</strong>em unserer geistigen Vorfahren; denn ich kannte ihn persönlich, ich<br />

war zwei Jahre lang s<strong>ein</strong> Zuhörer, s<strong>ein</strong> aufmerksamer, ungeteilter, begeisterter Zuhörer ...<br />

Er war es, in dem ich zum Selbst- und Weltbewußts<strong>ein</strong> kam. Er war es, den ich m<strong>ein</strong>en zweiten<br />

Vater, wie Berlin m<strong>ein</strong>e geistige Geburtsstadt damals nannte. Er war der <strong>ein</strong>zige Mann,<br />

der mich fühlen und erfahren ließ, was <strong>ein</strong> Lehrer ist; der <strong>ein</strong>zige, in dem ich den Sinn für<br />

dieses sonst so leere Wort fand, den ich mich zu innigem Danke daher verbunden fühlte.“ 3<br />

[106]<br />

III. <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>Schüler</strong> <strong>Hegels</strong>?<br />

1. Einleitung<br />

Die Behauptung, oder eigentlich die Tatsache, daß <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>ein</strong> wirklicher <strong>Schüler</strong> <strong>–</strong> besser<br />

ausgedrückt <strong>–</strong> <strong>ein</strong> Hörer <strong>Hegels</strong> war, belegt John Henry Mackay <strong>–</strong> der wohl glühendste<br />

<strong>Stirner</strong>-Verehrer <strong>–</strong> in s<strong>ein</strong>er <strong>Stirner</strong>biographie: ‚<strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> S<strong>ein</strong> Leben und s<strong>ein</strong> Werk‘.<br />

„Als junger Student von zwanzig Jahren kam Johann Caspar Schmidt zu Michaelis 1826<br />

frisch von Bayreuth weg nach Berlin, über dessen Hochschule <strong>ein</strong> paar Jahre vorher <strong>ein</strong> anderer<br />

angehender Studiosos <strong>–</strong> er hiess Ludwig Feuerbach <strong>–</strong> s<strong>ein</strong>em Vater geschrieben hatte: ,...<br />

auf k<strong>ein</strong>er anderen Universität herrscht wohl solch‘ allgem<strong>ein</strong>er Fleiss, solcher Sinn für etwas<br />

Höheres als blosse Studiengeschichten, solches Streben nach Wissenschaft, solche Ruhe und<br />

Stille wie hier. Wahre Kneipen sind andere Universitäten gegen dieses hiesige Arbeitshaus...‘“<br />

4<br />

Johann Caspar Schmidt immatrikulierte am 18. Oktober 1826 an der philosophischen Fakultät<br />

und hörte im ersten s<strong>ein</strong>er vier Semester in Berlin u. a. „Logik bei H<strong>ein</strong>rich Ritter, dem<br />

durch s<strong>ein</strong>e unabhängigen, geschichtsphilosophischen Forschungen bekannten Philosophen;<br />

allgem<strong>ein</strong>e Geographie bei dessen Namensvetter, dem großen Geographen Carl Ritter, und<br />

Pindar und Metrik bei Böckh, dem berühmten Altertumsforscher und Rhetoriker. Ferner in<br />

s<strong>ein</strong>em zweiten, der Philosophie gewidmeten: Ethik bei Schleiermacher, dem ,größten deutschen<br />

Theologen des Jahrhunderts‘, und vor allem Religionsphilosophie bei Hegel, bei<br />

Hegel, von dessen ungeheurem, damals noch ungebrochenem Einfluß auf das ganze<br />

Denken der damaligen Zeit wir uns heute gar k<strong>ein</strong>en rechten Begriff mehr machen<br />

können. Auch im nächsten Wintersemester [107] gibt sich Schmidt noch dem eigentümlichen<br />

Reiz s<strong>ein</strong>er Vorlesungen hin: er hört Geschichte der Philosophie und Psychologie<br />

und Anthropologie oder Philosophie des Geistes bei dem bewunderten Manne. Daneben<br />

wieder bei Böckh und Carl Ritter: bei ersterem über griechische Altertümer, bei letzterem<br />

über Geographie des alten Griechenlandes und Italiens. Und, um auch s<strong>ein</strong>e theologischen<br />

1 Gasset, José Ortega y: Hegel y América. 1930. zit. bei Schröter, K.: Hegel. S. 148.<br />

2 Hegel: Werke. Bd. 11. S. 574. (Vgl. Rosenkranz)<br />

3 Feuerbach, Ludwig: Verhältnis zu Hegel. 1840. zit. bei Schröter, K.: Hegel. S. 145.<br />

4 Mackay <strong>Stirner</strong>. S<strong>ein</strong> Leben und s<strong>ein</strong> Werk. Reprint. 1977. Freiburg/Br. S. 37.

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