Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
fang dagegen notwendigerweise etwas Abstraktes ist. Aus diesem Grunde muß auch das Moralische<br />
vor dem Sittlichen betrachtet werden, obgleich jedes gewissermaßen nur als <strong>ein</strong>e<br />
Krankheit an diesem sich hervortut.“ 1<br />
Von dieser Passage wird behauptet, daß sie als „Resumee des Entwicklungsganges“ gelte,<br />
„den Hegel in den Grundlinien der Philosophie des Rechts verfolgt“. 2<br />
Bezüglich s<strong>ein</strong>es letzten Lebensjahrzehntes wäre es müßig, über Querelen, Differenzen,<br />
Kontroversen oder Freundschaftsbeziehungen, Ehrfurchtsbezeigungen in irgend <strong>ein</strong>er Weise<br />
Anekdoten und Anekdötchen zu berichten.<br />
Nach der Herausgabe s<strong>ein</strong>er ‚Grundlinien der Philosophie des Rechts‘ veröffentlichte Hegel<br />
nur noch <strong>ein</strong>zelne Abhandlungen und arbeitete noch <strong>ein</strong>ige Vorlesungen aus, wie die über<br />
„Rechtsphilosophie“, „Ästhetik“ und „Philosophie der Weltgeschichte“, sowie „Geschichte<br />
der Philosophie“. Die Mitschriften und Ausarbeitungen dieser Vorlesungen machen<br />
den größten Teil s<strong>ein</strong>er Werke, so wie sie später ediert wurden, aus.<br />
„Alle diese Bindestrich-Philosophien sind als Partialgestalten des Absoluten gedacht.<br />
Die Konstruktionsprinzipien sind dieselben wie in den Hauptwerken.“ 3<br />
[103] In s<strong>ein</strong>en Werken und Vorlesungen liegt uns <strong>Hegels</strong> vollständiges System vor.<br />
„Die Philosophie ist für Hegel nicht nur absolutes Wissen für den Menschen, sondern die<br />
Vollendung der Wirklichkeit Gottes. So steht die Philosophie der Philosophie, die Selbsterkenntnis<br />
des menschlichen und des göttlichen Geistes am Ende des <strong>Hegels</strong>chen Systems vor<br />
der höchsten Aufgabe, die ihr je <strong>ein</strong> Philosoph zugesprochen hat.“ 4<br />
Diesen Worten ist an Klarheit, aber auch an Pathetik, nichts mehr hinzuzufügen.<br />
Hegel unternimmt während s<strong>ein</strong>er Professorenzeit an der Berliner Universität <strong>–</strong> meist während<br />
der Sommermonate <strong>–</strong> mehrere größere und kl<strong>ein</strong>ere Reisen, um „Erfrischung und Abwechslung“<br />
zu erheischen. Da er diese Reisen ohne s<strong>ein</strong>e Frau unternimmt, sind zahlreiche<br />
Briefe erhalten, die ob ihrer Beschreibung der besuchten Orte und des dort erlebten, bemerkenswert<br />
sind. Aus diesen Briefen ist auch <strong>Hegels</strong> Kunstverständnis ersichtlich, welches in<br />
s<strong>ein</strong>e Vorlesungen über „Ästhetik“ s<strong>ein</strong>en Niederschlag findet.<br />
Am Höhepunkt s<strong>ein</strong>es Ruhms <strong>–</strong> s<strong>ein</strong> Einfluß reicht weit über Preußen auf fast alle deutschen<br />
Universitäten <strong>–</strong> überträgt man ihm im Jahre 1829 das Amt des Rektors der Universität Berlin.<br />
Zwei Jahre nach s<strong>ein</strong>em Amtsantritt starb Hegel unerwartet am 14. November 1831 „,an<br />
Cholera in ihrer concentrirten und darum in den Symptomen nach außen hin weniger schrecklichen<br />
Form‘“. 5 (Vgl. Rosenkranz)<br />
Hegel wird neben Fichte auf dem Dorotheenstädter Friedhof in Berlin begraben.<br />
[104] Was bleibt zu sagen von <strong>ein</strong>em Mann, der die Philosophie so maßgeblich be<strong>ein</strong>flußt<br />
und geprägt hat, ja, wie behauptet wird, die Philosophie zur Vollendung gebracht habe, ohne<br />
in die Extreme der Vergötterung oder der Verdammung zu fallen? Mit den Worten Nicolai<br />
Hartmanns ist Hegel „unter den Denkern der Neuzeit der Philosoph des Geistes. Geistiges<br />
S<strong>ein</strong> aber ist Innerlichkeit, Fülle, Umfassen. Wer <strong>Hegels</strong> Philosophie verstehen will, muß sie<br />
aus ihrem Innersten, ihrer Fülle, ihrem großen, alles würdigenden Umfassen heraus verstehen.<br />
Anders wird er sie nie verstehen“. 6<br />
Oder <strong>–</strong> „In Hegel haben wir den seltenen Fall <strong>ein</strong>es Erz-Intellektuellen, der gleichwohl mit<br />
den seelischen Eigenschaften <strong>ein</strong>es Staatsmannes begabt ist. Autorität, zwingend, hart, konstruktiv.<br />
In der seelischen Veranlagung hat er weder mit Platon noch mit Descartes, weder<br />
1 Ebd. Bd. 10. S. 170 f.<br />
2 Ebd. Bd. 7. S. 524.<br />
3 Becker, W. in: Hoerster, N.: Klassiker. Bd. 2. S. 149.<br />
4 Schröter, K.: Hegel. S. 85.<br />
5 Ebd. S. 117.<br />
6 Hartmann, Nicolai: Die Philosophie des dt. Idealismus. Teil 2. 1929. zit. bei Schröter, K.: Hegel. S. 147.