Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
phischen Anschauungen und der polemischen Art und Weise, in der diese Aus<strong>ein</strong>andersetzung<br />
geführt wurde.<br />
Hegel wird vom Ministerium im Juni 1820 zum ordentlichen Mitglied der „Königlichen wissenschaftlichen<br />
Prüfungskommission der Provinz Brandenburg“ ernannt. „In dieser Eigenschaft<br />
hatte Hegel die Kandidaten für das Höhere Lehramt, aber auch Abiturienten auf ihre<br />
Aufnahmefähigkeit zur Universität zu prüfen, und, was besonders zeitraubend war, die Protokolle<br />
der Gymnasiasten über die Abiturprüfungen und die Examensarbeiten in Deutsch<br />
durchzusehen. Dieses Amt brachte ihm <strong>ein</strong>igen Einfluß mit, andererseits aber fühlte er in<br />
fortgeschrittenem Alter die Last solcher Arbeit, die ihn wieder in die Sphäre zurückversetzte,<br />
die verlassen zu können er beim Übergang von Nürnberg nach Heidelberg so froh gewesen<br />
war.“ 1<br />
Da Hegel andere Vorhaben hatte, bat er das Ministerium, ihn von diesem Amt zu entbinden,<br />
was nach zweijähriger Dauer dieser Tätigkeit auch geschah.<br />
Das Vorhaben, mit dem er sich in Berlin jedoch zunächst beschäftigte, war die Herausgabe<br />
s<strong>ein</strong>er Rechtsphilosophie. Dabei handelt es sich um <strong>Hegels</strong> letztes <strong>–</strong> zu s<strong>ein</strong>en Lebzeiten erschienenes<br />
<strong>–</strong> Werk, welches ursprünglich den Doppeltitel trug: ‚Naturrecht und Staatswissenschaften<br />
im Grundrisse. Zum Gebrauch für s<strong>ein</strong>e Vorlesungen <strong>–</strong> Grundlinien der<br />
Philosophie des Rechts‘. Datiert ist dieses Werk mit dem Jahre 1821, obwohl es bereits im<br />
Oktober 1820 in Berlin erschien.<br />
[101] An dieser Stelle möchte ich auf den mündlichen Zusatz zu § 408 der ‚Enzyklopädie<br />
der philosophischen Wissenschaften‘ hinweisen <strong>–</strong> „der vermutlich aus <strong>ein</strong>er Vorlesung von<br />
1825 oder 1828 stammt“ 2 <strong>–</strong> in dem Hegel „bezüglich des Fortganges vom Abstrakten zum<br />
Konkreten in der Geistesphilosophie auf die entsprechende Methode in der Rechtsphilosophie“<br />
verweist. 3<br />
„... Damit jedoch dieser Fortgang von etwas Abstraktem zu dem dasselbe der Möglichkeit<br />
nach enthaltende Konkreten nicht das Ansehen <strong>ein</strong>er ver<strong>ein</strong>zelten und deshalb bedenklichen<br />
Ersch<strong>ein</strong>ung habe, können wir daran erinnern, daß in der Rechtsphilosophie <strong>ein</strong> ähnlicher<br />
Fortgang stattfinden muß. Auch in dieser Wissenschaft beginnen wir mit etwas Abstraktem,<br />
nämlich mit dem Begriff des Willens, schreiten dann zu der in <strong>ein</strong>em äußerlichen Das<strong>ein</strong> erfolgenden<br />
Verwirklichung des noch abstrakten Willens zur Sphäre des formellen Rechts fort,<br />
gehen darauf zu dem aus dem äußeren Das<strong>ein</strong> in sich reflektierten Willen, dem Gebiete der<br />
Moralität über und kommen endlich drittens zu dem diese beiden abstrakten Momente in sich<br />
ver<strong>ein</strong>igenden und darum konkreten, sittlichen Willen. In der Sphäre der Sittlichkeit selber<br />
fangen wir dann wieder von <strong>ein</strong>em Unmittelbaren, von der natürlichen, unentwickelten Gestalt<br />
an, welche der sittliche Geist in der Familie hat, kommen darauf zu der in der bürgerlichen<br />
Gesellschaft erfolgenden Entzweiung der sittlichen Substanz und gelangen zuletzt zu<br />
der im Staate vorhandenen Einheit und Wahrheit jener beiden <strong>ein</strong>seitigen Formen des sittlichen<br />
Geistes. <strong>–</strong> Aus diesem Gange unserer Betrachtung folgt jedoch nicht im mindesten, daß<br />
wir die Sittlichkeit zu etwas der Zeit nach Späterem als das Recht und die Moralität machen<br />
oder die Familie und die bürgerliche Gesellschaft für etwas dem Staate in der Wirklichkeit<br />
Vorangehendes erklären wollten. Vielmehr wissen wir sehr [102] wohl, daß die Sittlichkeit<br />
die Grundlage des Rechtes und der Moralität ist, sowie daß die Familie und die bürgerliche<br />
Gesellschaft mit ihren wohlgeordneten Unterschieden schon das Vorhandens<strong>ein</strong> des Staates<br />
voraussetzen. In der philosophischen Entwicklung des Sittlichen können wir jedoch nicht mit<br />
dem Staate beginnen, da in diesem jenes sich zu s<strong>ein</strong>er konkretesten Form entfaltet, der An-<br />
1 Ebd. S. 76.<br />
2 Hegel,: Werke. Bd. 7. S. 524.<br />
3 Ebd. S. 524.