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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

ren zum Vorwurf sich aufbauschte bzw. aufgebauscht wurde, so möchte ich in diesem Zusammenhang<br />

auf Arthur Schopenhauer <strong>ein</strong>gehen, der sich diesbezüglich sehr vehement dagegen<br />

aussprach.<br />

Der junge Schopenhauer habilitierte sich in Berlin im Jahre 1820 <strong>–</strong> also in jener Zeit, als Hegel<br />

dort s<strong>ein</strong>e Lehrtätigkeit bereits aufgenommen hat <strong>–</strong> und erhielt an der Universität <strong>ein</strong>e<br />

Dozentenstelle. Ausgestattet mit großem Selbstbewußts<strong>ein</strong> „bat er darum, s<strong>ein</strong>e Stunden so<br />

zu legen, daß sie mit <strong>Hegels</strong> Hauptvorlesung kollidieren, damit sich erweise, zu wem die Studenten<br />

kommen werden: zu ihm oder zu Hegel. Die Probe verlief sehr enttäuschend für<br />

Schopenhauer. Gereizt und des Wettkampfes überdrüssig, zog er sich zurück.“ 1<br />

Es soll hier dahingestellt bleiben, inwieweit Schopenhauers Berliner Erlebnisse die folgenden<br />

Äußerungen be<strong>ein</strong>flußt haben. Deutlich geht daraus jedoch s<strong>ein</strong>e Abneigung gegenüber<br />

Hegel und die Kathederphilosophie hervor, wie er in ‚Über die Universitäts-Philosophie‘<br />

schreibt:<br />

„Wem ... noch <strong>ein</strong> Zweifel über Geist und Zweck der Universitätsphilosophie bliebe, der betrachte<br />

das Schicksal der <strong>Hegels</strong>chen Afterweisheit. Hat es ihr etwas geschadet, daß ihr<br />

Grundgedanke der absurdeste Einfall, daß er <strong>ein</strong>e auf den Kopf gestellte Welt, <strong>ein</strong>e philosophische<br />

Hanswurstiade war und ihr Inhalt der hohlste, sinnleerste Wortkram, an welchem jemals<br />

Strohköpfe ihr Genüge gehabt, und daß ihr Vortrag, in den Werken des Urhebers selbst,<br />

der widerwärtigste und unsinnigste Gallimathias ist, ja, an die Deliramente (Rasereien) der<br />

Tollhäuser erinnert? O n<strong>ein</strong>, nicht im Mindesten! Vielmehr hat sie dabei, 20 Jahre hindurch,<br />

als [99] die glänzendste Kathederphilosophie, die je Gehalt und Honorar <strong>ein</strong>brachte, florirt<br />

und ist fett geworden, ist nämlich in ganz Deutschland, durch Hunderte von Büchern, als der<br />

endlich erreichte Gipfel menschlicher Weisheit und als die Philosophie der Philosophien verkündet,<br />

ja, in den Himmel erhoben worden: Studenten wurden darauf examinirt und Professoren<br />

darauf angestellt; wer nicht mitwollte, wurde von dem dreist gemachten Repetenten ihres<br />

so lenksamen, wie geistlosen Urhebers für <strong>ein</strong>en ,Narrn auf eigene Hand‘ (Goethe, ,Den Originalen‘)<br />

erklärt, und sogar die Wenigen, welche <strong>ein</strong>e schwache Opposition gegen diesen Unfug<br />

wagten, traten mit derselben nur schüchtern, unter Anerkennung des ,großen Geistes und<br />

überschwänglichen Genies‘ <strong>–</strong> jenes abgeschmackten Philosophasters auf.“ 2<br />

Weiter unten im genannten Text stellt er die Forderung auf: „Das wirkliche Philosophiren<br />

verlangt Unabhängigkeit.“ 3<br />

Trotz s<strong>ein</strong>er zahlreichen Zuhörerschaft und s<strong>ein</strong>er Berühmtheit, oder gerade deswegen, kann<br />

nicht behauptet werden, daß Alles ganz ohne Reibungen verlief. Friedrich Ernst Daniel<br />

Schleiermacher (1768-1834), damaliger Rektor der Berliner Universität, hätte gerne die Berufung<br />

<strong>Hegels</strong> verhindert, „weil <strong>ein</strong> starker Philosoph s<strong>ein</strong>er philosophisch-theologischen Vormachtstellung<br />

hinderlich s<strong>ein</strong> würde“. 4<br />

Da dies jedoch nicht gelang, so „war er darauf bedacht, <strong>Hegels</strong> Einfluß von der Berliner<br />

Akademie der Wissenschaften fernzuhalten“. 5<br />

[100] Der Grund Schleiermachers bestand darin, „daß man k<strong>ein</strong>en Philosophen wolle, der<br />

Schule machen könne, weil dies Streit errege, und man ja auch schon Fichte ausgeschlossen<br />

habe. Aber das war <strong>ein</strong> allzu durchsichtiger Vorwand.“ 6<br />

Trotz aller Gespanntheit zwischen den beiden, schafften sie es in der Öffentlichkeit, ihre Antipathie<br />

zu unterdrücken. Anlaß zu Kontroversen gab es vor allem hinsichtlich ihrer philoso-<br />

1 Ebd.<br />

2 Schopenhauer, Arthur: Parerga und Paralipomena I. Erster Teilband. Diogenes. Zürich 1977. S. 162 f.<br />

3 Ebd. S. 214.<br />

4 Schröter, K.: Hegel. S. 71.<br />

5 Ebd.<br />

6 Ebd. S. 72.

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