Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
um <strong>ein</strong>e theologisch inspirierte Metaphysik, der die pantheistische These <strong>ein</strong>er Einheit von<br />
Gott, Mensch und Welt zugrunde liegt. Ausgangspunkt für s<strong>ein</strong>e Kernthese ist der idealistische<br />
Begriff des menschlichen Selbstbewußts<strong>ein</strong>s, wie er von Fichte entwickelt wurde. <strong>Hegels</strong><br />
dialektische Theorie der Geschichte, die vor allem bei Marx und ihm nachfolgende Marxismus<br />
als das Hauptstück der <strong>Hegels</strong>chen [90] Philosophie bezeichnet wurde, ist bei Hegel<br />
selber nur <strong>ein</strong> untergeordneter Anwendungsfall jener metaphysischen Generalthese.“ 1<br />
2. 4. 4. Heidelberg und die ‚Enzvklonädie‘<br />
Während der Jahre, die Hegel in Nürnberg als Rektor des Ägidien-Gymnasiums verbrachte,<br />
war die Sehnsucht nach der Rückkehr an den Katheder <strong>ein</strong>er Universität nicht geringer geworden.<br />
Im Juli und. August 1816 trafen fast gleichzeitig zwei Angebote von Universitäten<br />
bei Hegel <strong>ein</strong>: „Eine herzliche Einladung nach Heidelberg und <strong>ein</strong>e vorsichtig zurückhaltende<br />
aus Berlin“. 2<br />
In Berlin war nach Fichtes Tod der Lehrstuhl der Philosophie seit zwei Jahren unbesetzt.<br />
Dennoch erhielt Heidelberg den Vorzug.<br />
Fast genau zwei Jahre lang, vom Oktober 1816 bis September 1818, lehrte Hegel als Professor<br />
der Philosophie in Heidelberg.<br />
Neben den bereits in Jena gehaltenen Vorlesungen über Logik, Metaphysik und Staatsrecht,<br />
las er „nun auch über Ästhetik, Anthropologie, Psychologie und häufiger als zuvor über Geschichte<br />
der Philosophie“. 3<br />
In s<strong>ein</strong>er Antrittsvorlesung zu letztgenanntem Gegenstand vom 28. Oktober 1816 ist die<br />
Freude deutlich hörbar, die Hegel empfunden haben dürfte, wieder auf Universitätsebene tätig<br />
zu s<strong>ein</strong>.<br />
„Indem ich die Geschichte der Philosophie zum Gegenstande dieser Vorlesung mache und<br />
heute zum ersten Mal auf hiesiger Universität auftrete, so erlauben Sie mir nur dies Vorwort<br />
hierüber vorauszuschicken, daß es mir nämlich be[91]sonders erfreulich, vergnüglich (ist),<br />
gerade in diesem Zeitpunkte m<strong>ein</strong>e philosophische Laufbahn auf <strong>ein</strong>er Akademie wieder aufzunehmen.<br />
Denn der Zeitpunkt sch<strong>ein</strong>t <strong>ein</strong>getreten zu s<strong>ein</strong>, wo die Philosophie sich wieder<br />
Aufmerksamkeit und Liebe versprechen darf, diese b<strong>ein</strong>ahe verstummte Wissenschaft ihre<br />
Stimme wieder erheben mag und hoffen darf, daß die für sie taub gewordene Welt ihr wieder<br />
<strong>ein</strong> Ohr leihen wird.“ 4<br />
Bezugnehmend auf die Geschehnisse der Zeit, fährt er fort: „... weil der Weltgeist in der<br />
Wirklichkeit so sehr beschäftigt war, daß er sich nicht nach innen kehren und sich in sich selber<br />
sammeln konnte. Nun, da dieser Strom der Wirklichkeit gebrochen ist, da die deutsche<br />
Nation sich aus dem Gröbsten herausgehauen, da sie ihre Nationalität, den Grund alles lebendigen<br />
Lebens, gerettet hat, so dürfen wir hoffen, daß neben dem Staate, der alles Interesse in<br />
sich verschlungen, auch die Kirche sich emporhebe, daß neben dem Reich der Welt, worauf<br />
bisher die Gedanken und Anstrengung gegangen, auch wieder an das Reich Gottes gedacht<br />
werde, mit anderen Worten, daß neben dem politischen und sonstigen an die gem<strong>ein</strong>e Wirklichkeit<br />
gebundenen Interessen auch die r<strong>ein</strong>e Wissenschaft, die freie vernünftige Welt des<br />
Geistes wieder emporblühe ...“ 5 , emporblühe aus <strong>ein</strong>er Zurückdrängung der Philosophie hinter<br />
die Weltgegebenheiten, die dadurch geschah, „indem gediegene Naturen sich zum Praktischen<br />
gewandt, Flachheit und Seichtigkeit sich des großen Wortes in der Philosophie be-<br />
1 Ebd. S. 145 f.<br />
2 Schröter, K.: Hegel. S. 49.<br />
3 Ebd. S. 53.<br />
4 Hegel: Werke. Bd. 18. S. 11.<br />
5 Ebd. S. 12.