Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
stes im Unterschied zu dessen mannigfachen Ersch<strong>ein</strong>ungen“ 1 geben. Logik bedeutete für ihn<br />
„k<strong>ein</strong> abgeleitetes Instrument formaler Denkregeln im herkömmlichen Sinn. Logik ist Wissenschaft,<br />
so wie seit Aristoteles die Metaphysik die erste Wissenschaft hieß, die alle anderen<br />
Wissenschaften begründet. Logik nennt Hegel die Grundwissenschaft, weil es in ihr nicht um<br />
Sachen geht, die vom Begriffe zu unterscheiden wären, weil es um die r<strong>ein</strong>en Begriffe selber<br />
geht, die gerade in ihrem [88] eigenen Sachgehalt aufzufassen sind.“ 2<br />
An anderer Stelle heißt es zur ‚Wissenschaft der Logik‘ ebenso erklärend: „Die von Aristoteles<br />
geprägte Logik als Lehre von den Formen und Gesetzen des Denkens in Begriffen, Urteilen<br />
und Schlüssen bilden nur <strong>ein</strong>en Teil von <strong>Hegels</strong> Logik. Als Ganzes betrachtet sie nicht<br />
Formen oder Inhalte menschlichen Denkens, sondern den Geist, die Idee im r<strong>ein</strong>en raum- und<br />
zeitlosen Zustand des An-sich-S<strong>ein</strong>s. Begriffe und logische Sätze sind also nicht Denkformen,<br />
sondern Wesenheiten. Die Selbstentfaltung des Geistes stellt zugleich den gesamten<br />
Weltprozeß dar, der nach dialektischem Gesetz in drei Entwicklungsstufen erfolgt. Damit<br />
ergibt sich zugleich der Aufbau der Philosophie:<br />
Auf der ersten Stufe ist der Weltgeist im Zustand des An-sich-S<strong>ein</strong>s; dem entspricht als philosophische<br />
Disziplin die Logik. Auf der zweiten Stufe ist der Geist im Zustand der Entäußerung,<br />
der Selbstentfremdung, des Anders-S<strong>ein</strong>s; jene Entäußerung des Geistes ergeht in die an<br />
Raum und Zeit gebundene Natur; daher entspricht diesem Zustand die Naturphilosophie. Auf<br />
der dritten und höchsten Stufe kehrt der Geist aus der Selbstentfremdung zu sich selbst zurück<br />
und befindet sich im Zustand des An-und-für-sich-S<strong>ein</strong>s; ihm korrespondiert die Philosophie<br />
des Geistes.“ 3<br />
Werner Becker stellt in s<strong>ein</strong>em Aufsatz über Hegel dessen Werke <strong>–</strong> ‚Phänomenologie des<br />
Geistes‘ und ‚Wissenschaft der Logik‘ <strong>–</strong> gegenüber und m<strong>ein</strong>t, im Falle <strong>ein</strong>es Vergleiches<br />
„kommt man auf Differenzen, die lediglich in verschiedenen Akzentsetzungen liegen“ 4 und<br />
führt anschließend weiter aus: „Die ‚Phänomenologie des Geistes‘ verfolgt die These [89]<br />
von der Einheit von menschlichem und göttlichem Selbstbewußts<strong>ein</strong>, in dem sie von <strong>ein</strong>em<br />
Ende, nämlich vom menschlichen Bewußts<strong>ein</strong> (,sinnliche Gewißheit‘) ausgeht. Die ,Wissenschaft<br />
der Logik‘ beginnt dagegen am anderen Ende, nämlich bei der ‚Selbstbestimmung<br />
Gottes‘ als ,S<strong>ein</strong>‘. In beiden Werken konstruiert Hegel <strong>ein</strong>en dialektischen Zusammenhang<br />
von Theorien, der darauf hinausläuft, daß verschiedene Formen des menschlichen Wissens (d.<br />
h. diejenigen Theorien, die Hegel in diesen s<strong>ein</strong>en darstellt und analysiert) zugleich Bestandteile<br />
des göttlichen Wissens selber sind.“ 5<br />
Die Frage, warum er in s<strong>ein</strong>er Betrachtung die beiden Werke <strong>Hegels</strong> in den Mittelpunkt<br />
stellt, beantwortet er sogleich selbst: „Weil sie bei Hegel den Mittelpunkt s<strong>ein</strong>es dialektischen<br />
Systems bilden.“ 6<br />
Daran anschließend holt er gleich zu <strong>ein</strong>em Schlag gegen die nachhegelsche Philosophie aus,<br />
in dem er erläutert:<br />
„In den verschiedenen Hegel-Renaissancen und Hegel-Rezeptionen dieses Jahrhunderts<br />
wurden die sekundären Werke dieses Philosophen fälschlicherweise mehr hervorgehoben<br />
als die Hauptwerke. Diejenigen Interpreten, die aus marxistischem Interesse heraus<br />
sich mit Hegel beschäftigten, haben ausschließlich die geschichts-, sozial- und rechtsphilosophischen<br />
Teile des <strong>Hegels</strong>chen Systems in den Vordergrund gerückt. Es waren und sind dies<br />
aber nicht die zentralen Aspekte der <strong>Hegels</strong>chen Philosophie. Hegel ging es in s<strong>ein</strong>em Ansatz<br />
1 Bubner, R.: Dt. Idealismus. S. 325.<br />
2 Ebd.<br />
3 Schröter, K.: Hegel. S. 48.<br />
4 Becker, W. in: Hoerster, N.: Klassiker. Bd. 2. S. 145.<br />
5 Ebd.<br />
6 Ebd.