Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Oktober 1808) kam Hegel als Professor und Rektor des (humanistischen) Ägidien-<br />
Gymnasiums nach Nürnberg. Er hatte die vier Klassen des Gymnasiums (...) philosophische<br />
Vorbereitungswissenschaften zu lehren, wie das ,Allgem<strong>ein</strong>e Normativ der Einrichtung der<br />
öffentlichen Unterrichtsanstalten‘ von 1808 es für Bayern vorschrieb. ,Es muß dabei als<br />
Hauptgesichtspunkt immer im Auge behalten werden, daß in diesem Teile des Gymnasialstudiums<br />
die wesentliche Aufgabe ist, die <strong>Schüler</strong> zum spekulativen Denken anzuleiten und sie<br />
darum durch stufenweise Übung bis zu dem Punkte zu führen, auf dem sie für das systematische<br />
Studium der Philosophie, womit der Universitätsunterricht beginnt, reif s<strong>ein</strong> sollen‘.“ 1<br />
[78] Die Ernennung zum Rektor des Gymnasiums verdankte er auch „der Fürsorge Fr. I.<br />
Niethammers, der als Jenenser Philosophiedozent mit Fichte verbunden, 1803 mit Schelling<br />
nach Würzburg gegangen und 1807 Leiter des höheren Schulwesens in Bayern geworden<br />
war“. 2<br />
Niethammer, „der Begründer des bayrischen ,Neuhumanismus‘“ 3 , war in s<strong>ein</strong>er Funktion als<br />
Zentralschulrat wesentlich an dem oben genannten Normativ beteiligt.<br />
Anfänglichen persönlichen pekuniären Problemen <strong>Hegels</strong> und schulisch-administrativen<br />
Mißständen stand <strong>ein</strong> beachtlicher pädagogischer Erfolg gegenüber, der daraus resultierte,<br />
„daß das Lehramt ihm, der acht Jahre Hauslehrer gewesen, nicht fremd war“. 4<br />
Trotzdem sah Hegel s<strong>ein</strong> Amt „als etwas Vorübergehendes an und warf s<strong>ein</strong>e Hoffnungen<br />
<strong>ein</strong>er möglichen Berufung (an <strong>ein</strong>e Universität) bald auf Tübingen, bald auf Heidelberg, auf<br />
Berlin und auf <strong>ein</strong>e Voranfrage aus Holland. Einstweilen aber widmete er sich zufrieden und<br />
mit innerer Freude ... s<strong>ein</strong>er jetzigen Aufgabe“. 5<br />
In dieser Zeit in Nürnberg entstand <strong>Hegels</strong> ‚Philosophische Propädeutik‘, die aber nicht<br />
[<strong>ein</strong>] Werk Hegel ist, „sondern <strong>ein</strong>e Kompilation von Karl Rosenkranz anhand <strong>ein</strong>es ,Wust(s)<br />
von Papieren‘, die er ,auf <strong>ein</strong>er Durchreise durch Berlin im Herbst 1838 ... entdeckte ... Mir<br />
fiel bei ihrem Anblick sogleich <strong>ein</strong>, daß in ihnen für die Anschauung der Entwicklung <strong>Hegels</strong><br />
<strong>ein</strong> sehr bedeutendes Moment gegeben s<strong>ein</strong> müßte.‘ Diese Papiere bestanden laut Rosenkranz,<br />
,1. in Originalheften, welche Hegel für s<strong>ein</strong>en Unterricht in der Philosophie, den er auf<br />
dem Gymnasium zu Nürnberg erteilte, von [79] 1808 bis 1811 schrieb; 2. in Nachschriften,<br />
welche er von s<strong>ein</strong>em Vortrag machen ließ. Diese Nachschriften sind: a) aus dem Diktat der<br />
Originalhefte, b) aus den Aufzeichnungen entstanden, welche sich die <strong>Schüler</strong> von den mündlichen<br />
Erläuterungen des Diktats machten. Diese Erläuterungen finden sich im Original nur<br />
mit <strong>ein</strong>zelnen Wörtern und Glossen neben den Paragraphen angedeutet. Für die Phänomenologie<br />
und Enzyklopädie fehlen sie als Nachschrift ganz. Am reichlichsten sind sie für die<br />
Rechts-, Pflichten- und Religionslehre ... Die Abschriften, welche sich Hegel von s<strong>ein</strong>em<br />
Diktat machen ließ, hat er ebenso wie die Originalhefte durch beständiges Verändern gewissermaßen<br />
in stetem Fluß erhalten und zu immer neuen Heften gemacht <strong>–</strong> <strong>–</strong> <strong>–</strong> Was mir von<br />
solchen Dingen, die nicht in den Paragraphen, sondern verloren und lose nur als <strong>ein</strong> Denkzeichen<br />
nebenbei standen, merkwürdig schien, habe ich in Klammern <strong>ein</strong>gefügt.‘ S<strong>ein</strong> Editionsprinzip<br />
war, wie er am 15. April 1839 an <strong>Hegels</strong> Witwe schrieb, ,<strong>ein</strong>e Ergänzung aller Hefte<br />
durch<strong>ein</strong>ander und Kontrollierung durch die späteren, vollendeten Schöpfungen <strong>Hegels</strong>‘.<br />
Kurz, er wollte ,aus diesen Heften, Blättern und Varianten gewissenhaft <strong>ein</strong> Ganzes herausarbeiten‘,<br />
nämlich <strong>ein</strong> philosophisches Lehrbuch für Gymnasien, das ,auch jetzt noch für den<br />
Gebrauch des Unterrichts tauglich‘ sei. 1840 gab er es auf Einladung des ,Ver<strong>ein</strong>s von Freunden<br />
des Verewigten‘ unter dem Titel Philosophische Propädeutik als zusätzlichen Band der<br />
1 Hegel: Werke. Bd. 4. S. 598.<br />
2 Glockner, H.: Europ. Philosophie. S. 756.<br />
3 Hegel: Werke. Bd. 4. S. 599.<br />
4 Schröter, K.: Hegel. S. 38 f.<br />
5 Ebd. S. 39.