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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Es war für Hegel nicht leicht, sich durchzusetzen, da außer ihm noch <strong>ein</strong>ige Professoren und<br />

Privatdozenten philosophische Vorlesungen hielten und vor allem der Vortrag Schellings<br />

„damals hinreißend gewesen s<strong>ein</strong>“ soll.<br />

Dazu schreibt Rosenkranz in s<strong>ein</strong>er Hegelbiographie: „Mit persönlicher Zuversicht verband<br />

er rhetorische Leichtig[65]keit. Überdem fesselte die Zuhörer der Nimbus <strong>ein</strong>es Revolutionärs<br />

in der Philosophie, welchen Schelling stets über s<strong>ein</strong> genial vernachlässigtes, vornehm<br />

unbestimmtes Wesen verbreitete ... dagegen machte die schlichte Manier <strong>Hegels</strong> <strong>ein</strong>en merklichen<br />

Abstich. S<strong>ein</strong>e Darstellung war die <strong>ein</strong>es Menschen, der, ganz von sich abstrahierend,<br />

nur auf die Sache gerichtet, zwar k<strong>ein</strong>eswegs des treffenden Ausdrucks, wohl aber der rednerischen<br />

Fülle entbehrt ... Rücksichtslos gegen die rhetorische Eleganz, sachlich durch und<br />

durch ... wußte Hegel die Studierenden durch die Intensität s<strong>ein</strong>er Spekulation zu fesseln.<br />

S<strong>ein</strong>e Stimme hatte Ähnlichkeit mit s<strong>ein</strong>em Auge. Dies war groß, aber nach Innen gekehrt<br />

und der gebrochene glänzende Blick von der tiefsten Idealität, welche momentan auch nach<br />

Außen hin von der ergreifendsten Gewalt war. Die Stimme war etwas breit, ohne sonoren<br />

Klang, all<strong>ein</strong> durch die sch<strong>ein</strong>bare Gewöhnlichkeit drang jene hohe Beseelung hin, welche<br />

die Macht der Erkenntnis erzeugte und welche in Augenblicken, in denen der Genius der<br />

Menschheit aus ihm s<strong>ein</strong>e Zuhörer beschwor, niemanden unbewegt ließ.<br />

Der Ernst der edlen Züge hatte zuerst, wenn nicht etwas Abschreckendes doch Abhaltendes,<br />

aber durch die Milde und Freundlichkeit des Ausdrucks wurde man wieder gewonnen und<br />

genähert. Ein eigentümliches Lächeln offenbarte das r<strong>ein</strong>ste Wohlwollen, all<strong>ein</strong> zugleich lag<br />

etwas Herbes, ja Schneidendes, Schmerzliches oder vielmehr Ironisches darin.“ 1<br />

Karl Rosenkranz, der als <strong>ein</strong>er der bedeutendsten <strong>Schüler</strong> <strong>Hegels</strong> gilt und der auch an dessen<br />

System weiterarbeitete, verdanken wir durch s<strong>ein</strong>e Hegelbiographie <strong>–</strong> betitelt ‚G. W. F.<br />

<strong>Hegels</strong> Leben‘ (1844) <strong>–</strong> die klare Charakterstudie, die zwar durch manche Superlative gekennzeichnet<br />

ist, die aber daraus resultiert, daß er mit Hegel noch persönlichen [66] Umgang<br />

hatte, sei es vom Katheder her, sei es auch bloß durch Kontakte zu anderen Kommilitonen<br />

und somit <strong>Schüler</strong>n von Hegel oder durch andere zeitgenössische Berichte.<br />

Man war inzwischen auf Hegel aufmerksam geworden, <strong>ein</strong>erseits wohl durch s<strong>ein</strong>en universitären<br />

Vortrag, andererseits durch s<strong>ein</strong>e Aufsätze im „Kritischen Journal“, das nach Schellings<br />

Weggang nach Würzburg zu <strong>ein</strong>em Ende kam.<br />

Da Schelling zur gleichen Zeit die „Zeitschrift für spekulative Physik“ herausgab, so erschien<br />

es, als ob das Journal <strong>Hegels</strong> all<strong>ein</strong>iges Werk sei. Tatsächlich stammten die meisten Aufsätze<br />

aus s<strong>ein</strong>er Feder.<br />

Erwähnt seien dabei die Aufsätze ‚Über das Wesen der philosophischen Kritik überhaupt<br />

und ihr Verhältnis zum gegenwärtigen Zustand der Philosophie insbesondere‘,<br />

‚Über die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts, s<strong>ein</strong>e Stelle in der<br />

praktischen Philosophie und s<strong>ein</strong> Verhältnis zu den positiven Rechtswissenschaften‘ und<br />

‚Glauben und Wissen oder Reflexionsphilosophie der Subjektivität ihrer Formen als<br />

Kantische, Jacobische und Fichtesche Philosophie‘.<br />

In letztgenanntem Artikel findet Hegel, „daß die Vernunft in der ,Reflexionsphilosophie‘ der<br />

drei genannten Vertreter ,nur die Richtung auf das Empirische‘ habe und, indem sie das Endliche<br />

bekämpfen, unmittelbar in s<strong>ein</strong>er Sphäre geblieben sind“. 2<br />

Hegel schreibt diesbezüglich: „Es ist ihre (der Philosophie Kants und Fichtes) schlechthin<br />

<strong>ein</strong>zig ausgesprochene Tendenz und von ihnen angegebenes Prinzip, sich über das Subjektive<br />

und Empirische zu erheben und der Vernunft im Absoluts<strong>ein</strong> und ihrer Unabhängigkeit von<br />

der gem<strong>ein</strong>en Wirklichkeit zu vindizieren. Aber weil diese Vernunft schlechthin nur diese<br />

1 Ebd. (vgl. Rosenkranz, Karl: G. W. F. <strong>Hegels</strong> Leben. 1844. S. 160 u. S. 215.)<br />

2 Ebd. S. 33.

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