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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Evangeliums gelangt, die unter dem Einfluß Herders und Schillers auch geschichtsphilosophische<br />

Gestalt annahm. Tiefer vielleicht als die meisten Romantiker hatte sich der für alles<br />

Aktuelle b<strong>ein</strong>ahe journalistenhaft aufgeschlossene Humanist mit dem Kardinalproblem<br />

des Christentums abgegeben: mit der Vermenschlichung des Absoluten, der Erlösung des in<br />

s<strong>ein</strong>er Individualität jeweils <strong>ein</strong>zigen Einzelmenschen durch die Liebe, und dem Geheimnis<br />

des historischen Prozesses. Der Schicksalsbegriff hatte ihn beschäftigt, die Schuld des Sokrates,<br />

das Unversöhnliche der jüdischen Gesetzesgerechtigkeit, die Versöhnung des Schicksals<br />

im christlichen Geiste, die Stiftung der Gem<strong>ein</strong>de und die Entstehung <strong>ein</strong>er positiven [63] Religion.<br />

Durch den Tod s<strong>ein</strong>es Vaters zu bescheidener Unabhängigkeit gelangt, entschloß sich der<br />

Verspätete zur akademischen Laufbahn, nachdem er die Resultate s<strong>ein</strong>er theologischen Studien<br />

schon nach der philosophisch-systematischen wie nach der praktisch-politischen Seite<br />

hin fruchtbar zu machen versucht hatte“. 1<br />

2. 4. 2. Jena und die ‚Phänomenologie des Geistes‘<br />

War damals Weimar die Hauptstadt der deutschen Dichtung, so war Jena die Hauptstadt der<br />

deutschen Philosophie.<br />

„Um die Jahrhundertwende dozierten in Jena innerhalb weniger Jahre neben Schiller Fichte,<br />

August Wilhelm und Friedrich von Schlegel, Fries, Krause, Schad und Schelling.“ 2 Daß<br />

Schelling als Dreiundzwanzigjähriger an die dortige Universität durch Goethes Vermittlung<br />

berufen wurde, wurde bereits an anderer Stelle erörtert. Auch die Tatsache, daß Hegel sich an<br />

s<strong>ein</strong>en Jugendfreund wandte, wurde schon erwähnt, ebenso wie das Ersch<strong>ein</strong>en s<strong>ein</strong>er ersten<br />

philosophischen Schrift mit dem Titel ‚Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems<br />

der Philosophie‘.<br />

Aus diesem Grunde will ich hier nicht mehr näher darauf <strong>ein</strong>gehen.<br />

Zu erwähnen sei, daß Hegel am 2. November 1800 s<strong>ein</strong>em Studien Freund Schelling s<strong>ein</strong>e<br />

Habilitationsabsicht mitteilte und „zu Ende des Sommersemesters (1801) legte Hegel [64] der<br />

Fakultät <strong>ein</strong>e zuerst in deutsch niedergeschriebene, dann in lat<strong>ein</strong>ischer Sprache verkürzt gefaßte<br />

Dissertation vor: de orbitis planetarum, die im wesentlichen aus <strong>ein</strong>er Kritik an der<br />

Kepler-Newtonschen Methode der Naturwissenschaft besteht. An s<strong>ein</strong>em <strong>ein</strong>unddreißigsten<br />

Geburtstag, am 27. August 1801, fand das Habilitationskolloquium statt, worauf ihm die Venia<br />

legendi erteilt wurde“. 3<br />

Mit Schelling gem<strong>ein</strong>sam gab er in den Jahren 1802/03 das „Kritische Journal der Philosophie“<br />

heraus <strong>–</strong> auch dies wurde bereits erwähnt.<br />

Wichtig ist vor allem, daß Hegel nun s<strong>ein</strong>en Platz am Katheder <strong>ein</strong>genommen hatte. „Vom<br />

Wintersemester 1801/02 an las Hegel als Privatdozent durchschnittlich vor zwanzig bis dreißig<br />

Hörern ... Im ersten Semester über Logik und Metaphysik ...; später las er über Naturrecht<br />

..., auch über Mathematik und kündigte für das Sommersemester 1803 an, er werde die ganze<br />

Philosophie im System darstellen, wozu er wiederholt (im WS 1803/04 und im WS 1804/05)<br />

auf s<strong>ein</strong> Lehrbuch der philosophischen Enzyklopädie verwies, das in den nächsten Wochen<br />

oder während des laufenden Semesters ersch<strong>ein</strong>en sollte, wozu es jedoch nie kam. Außergewöhnlich<br />

waren <strong>Hegels</strong> Vorlesungen über Geschichte der Philosophie (1805), die zeigen, daß<br />

er von Anfang an die geschichtliche Entfaltung des philosophischen Bewußts<strong>ein</strong>s als bestimmendes<br />

Moment in das werdende System <strong>ein</strong>bezog.“ 4<br />

1 Glockner, H.: Europ. Philosophie. S. 752.<br />

2 Schröter, K.: Hegel. S. 28.<br />

3 Ebd. S. 29 f.<br />

4 Ebd. S. 30.

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