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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Beethoven und Wagner, Renoir und Delacroix, Munch und Marées, van Gogh und Cézanne.<br />

Es ist die Zeit der großen historischen Werke von Ranke und Mommsen, Droysen und<br />

Treitschke, Taine und [2] Burckhardt und <strong>ein</strong>er phantastischen Entwicklung der Naturwissenschaften.<br />

Es ist nicht zuletzt Napoleon und Metternich, Mazzini und Cavour, Lassalle<br />

und Bismarck, Ludendorff und Clémenceau. Es erstreckt sich von der großen französischen<br />

Revolution bis 1830 und von da an bis zum Ersten Weltkrieg. Es hat Schlag auf Schlag zum<br />

Heil und Unheil der Menschen die gesamte technische Zivilisation geschaffen und Erfindungen<br />

über die ganze Erde verbreitet, ohne die wir uns unser alltägliches Leben überhaupt nicht<br />

mehr vorstellen können“. 1<br />

Dieses Zitat sollte der Bedeutung jenes Jahrhunderts Rechnung tragen, welche ihm auch tatsächlich<br />

zusteht. Ausschlaggebend dabei ist nicht s<strong>ein</strong>e exakte zeitliche Begrenzung, sondern<br />

die Eingrenzung durch zwei weltgeschichtlich bedeutsame Ereignisse.<br />

Ersteres <strong>–</strong> die Französische Revolution <strong>–</strong> bringt Herbert Marcuse mit dem Deutschen Idealismus<br />

in Verbindung, in dem man ihn „die Theorie der französischen Revolution genannt“<br />

habe. Jedoch bedeutet dies „nicht, daß Kant, Fichte, Schelling und Hegel <strong>ein</strong>e theoretische<br />

Deutung der Französischen Revolution geliefert haben, sondern daß sie ihre Philosophie<br />

weitgehend als Antwort auf die von Frankreich kommende Herausforderung schrieben, Staat<br />

und Gesellschaft auf <strong>ein</strong>er vernünftigen Basis zu reorganisieren, so daß die gesellschaftlichen<br />

und politischen Institutionen mit der Freiheit und dem Interesse des Individuums über<strong>ein</strong>zustimmen<br />

vermöchten. Trotz ihrer bitteren Kritik an der Schreckensherrschaft begrüßten die<br />

deutschen Idealisten <strong>ein</strong>mütig die Revolution; sie nannten sie das Morgengrauen <strong>ein</strong>er neuen<br />

Zeit, und sie alle verbanden ihre grundlegenden philosophischen Prinzipien mit den von ihr<br />

beflügelten Idealen“. 2<br />

[3] Ebenso bezeichnet Joachim Ritter „in s<strong>ein</strong>er Schrift ‚Hegel und die Französische Revolution‘<br />

die <strong>Hegels</strong>che Philosophie der Geschichte und des Staates als die Philosophie der Revolution,<br />

deren Programm mit dem Wort Freiheit charakterisiert zu werden pflegt: ‚Das Ereignis,<br />

um das sich bei Hegel alle Bestimmung der Philosophie im Verhältnis zur Zeit, in Abwehr<br />

und Zugriff das Problem vorzeichnend, sammeln, ist die Französische Revolution, und<br />

es gibt k<strong>ein</strong>e zweite Philosophie, die so sehr und bis in ihre innersten Antriebe hin<strong>ein</strong> Philosophie<br />

der Revolution ist wie die <strong>Hegels</strong>‘“. 3<br />

Im Gegensatz dazu sah Rudolf Haym „in der <strong>Hegels</strong>chen Philosophie des Staates die<br />

,wissenschaftliche Behauptung des Geistes der Restauration‘“. 4<br />

<strong>Hegels</strong> Begeisterung für die Französische Revolution fällt in die Zeit s<strong>ein</strong>es Studiums im<br />

Tübinger Stift. Über dieser Begeisterung darf man allerdings nicht übersehen, daß Hegel später<br />

k<strong>ein</strong> ‚Revolutionär‘ im üblichen Sinne wurde, sondern im Gegenteil „zum Hüter des Bestehenden<br />

und er bekannte sich in konservativem Geiste zu dem in der Geschichte Gewachsenen“,<br />

was in s<strong>ein</strong>er Philosophie ihren Ausdruck findet.<br />

Was s<strong>ein</strong>e Stellung als „Staatsphilosoph“ betrifft, so läßt sich darüber wohl streiten; er selbst<br />

dürfte sich jedoch nicht als solcher gesehen haben, auch wenn er während der Zeit s<strong>ein</strong>er<br />

Lehrtätigkeit auf dem philosophischen Lehrstuhl an der Universität Berlin erheblichen Einfluß<br />

auf die Kulturpolitik Preußens ausübte.<br />

[4] „In Berlin hat Hegel 26 Semester lang ununterbrochen gelesen, und zwar von 1818 bis<br />

1831. Trotz s<strong>ein</strong>es trockenen Vortragsstils entfaltete er <strong>ein</strong>e enorme akademische Wirkung. In<br />

1 Löwith, Karl: Sämtliche Schriften Bd. 4. 5. 4f.<br />

2 Marcuse, Herbert: Vernunft und Revolution. Hegel und die Entstehung der Gesellschaftstheorie. Sammlung<br />

Luchterhand. Frankfurt/Main 1990. S. 15.<br />

3 Ritter, Joachim: zit. bei Röttges, H<strong>ein</strong>z: Der Begriff der Freiheit in der Philosophie <strong>Hegels</strong>, Diss., Frankfurt/M.<br />

1963. S. 1.<br />

4 Haym, Rudolf: Hegel und s<strong>ein</strong>e Zeit; zit. bei Röttges, H<strong>ein</strong>z. S. 1

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