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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

wunderlich, daß er sich bereits hier für politische Probleme interessierte und sich für die<br />

Französische Revolution begeisterte.<br />

Am 27. September 1790 wird Hegel zum Magister promoviert und beschließt s<strong>ein</strong> Studium<br />

nach Ablegung <strong>ein</strong>es theologischen Konsistorialexamens am 20. September 1793.<br />

In den folgenden Jahren nahm Hegel, wie es damals offensichtlich Sitte war, Hauslehrerstellen<br />

an. „Auch Kant, Fichte, Herbart und Hölderlin nahmen verschiedene Jahre über solche<br />

Posten an. Der Vorteil bestand darin, daß man neben freier Station und <strong>ein</strong>em kl<strong>ein</strong>en Gehalt<br />

freie Zeit für eigene Studien hatte und wohl auch in die Gesellschaft <strong>ein</strong>geführt wurde, um<br />

neue Verbindungen anzuknüpfen.“ 1<br />

Die Stationen, die Hegel dabei durchlief, lagen in Bern und Frankfurt, wohin er auf Empfehlung<br />

Höderlins kam.<br />

„Hegel fühlte sich zunächst so wohl wie nie zuvor in s<strong>ein</strong>em Leben. ,Ich werde hier in Frankfurt<br />

wieder etwas mehr der Welt gleich‘ ... Vor allem aber gelingen ihm jetzt größere Arbeiten<br />

und Vorstudien zu s<strong>ein</strong>em System. Die ... unter dem Titel ‚Der Geist des Christentums<br />

und s<strong>ein</strong> Schicksal‘ zusammengefaßten Fragmente stehen in ihrer tragischen Behandlung des<br />

Schicksalsgedankens allerdings ganz im Bann der schweren Krankheit des Freundes Hölderlin,<br />

die Hegel miterleben mußte. Unser Interesse verdienen die Studien auch dadurch, daß<br />

hier erstmals die für <strong>Hegels</strong> Denken so charakteristischen Begriffe wie Aufhebung, dialektischer<br />

Fortschritt und Versöhnung zu finden sind. Der Entwicklungsgang des Christentums<br />

schreitet nach Hegel vom Katho[53])lizismus durch den Protestantismus zur Philosophie fort,<br />

von der Anschauung der Offenbarung zur Feststellung und zum Wissen in der Erkenntnis.<br />

Durch die Vermittlung der Philosophie soll sich <strong>ein</strong>e höhere Form der Religion ergeben, in<br />

der die Gegensätze aufgehoben und versöhnt ersch<strong>ein</strong>en. Die Vermittlung ist so zu denken,<br />

daß die neue Idee das Ganze des Lebens in sich aufnimmt, wodurch sie allen endlichen Gegensätzen<br />

und Widersprüchen gerecht wird und sie in dem dreifachen Sinne aufhebt, daß sie<br />

in <strong>ein</strong>em Höheren überwunden, jedoch zugleich erhalten und als aufgehobene zu lebendiger<br />

Einheit emporgehoben sind.“ 2<br />

„... <strong>Hegels</strong> Natur war von Anfang an stark auf das Praktische angelegt“, bemerkt Georg Lukács,<br />

und so ist es nicht verwunderlich, daß er sich „auch in den sogenannten theologischen<br />

Frühschriften weitgehend mit staatsphilosophischen Problemen aus<strong>ein</strong>andersetzt“. 3<br />

Dieser Hang zum Praktischen läßt Lukács in s<strong>ein</strong>er Schrift ‚Der junge Hegel‘ weiterformulieren:<br />

„Er hat immer gehofft, ins politische Leben s<strong>ein</strong>er Zeit aktiv <strong>ein</strong>greifen zu können. Es<br />

ist z. B. charakteristisch, daß er nach der Vollendung der ‚Phänomenologe des Geistes‘ die<br />

ihm angebotene Redakteursstelle in Bamberg freudig und hoffnungsvoll angenommen hat;<br />

erst im Laufe dieser Tätigkeit ist die Enttäuschung <strong>ein</strong>getreten, aber vor allem infolge des außerordentlich<br />

beschränkten Betätigungsfeldes s<strong>ein</strong>er Zeitung unter den damaligen Zensurverhältnissen.“<br />

4<br />

Dennoch treten in der Philosophie des jungen Hegel „selbstverständlich die idealistischen<br />

Züge unvergleichlich stärker und beherrschender hervor“. 5<br />

[54] Aber <strong>–</strong> „als Vorwegnahme <strong>ein</strong>er grundlegenden Tendenz in <strong>Hegels</strong> Entwicklung“ <strong>–</strong><br />

wird von Lukács hervorgehoben, „daß Hegel der <strong>ein</strong>zige bedeutende deutsche Denker dieser<br />

Periode ist, der die klassischen Ökonomen Englands studiert hat, s<strong>ein</strong> Studium erstreckt sich<br />

auch, ..., auf die konkreten ökonomischen Verhältnisse von England selbst. Damit weitet sich<br />

gerade in der Frankfurter Periode der internationale Gesichtskreis <strong>Hegels</strong> außerordentlich aus.<br />

1 Ebd. S. 22.<br />

2 Ebd. S. 25 f.<br />

3 Ebd. S. 27.<br />

4 Lukács, Georg: Der junge Hegel. Bd. 1. stw 1973. S. 160.<br />

5 Ebd. S. 164.

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