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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

bewegen soll. Wo Macht gegen Macht steht, hat der ,Recht‘, der Macht hat, d. h. der Name<br />

,Recht‘ ist zum sinnlosen Laut geworden“. 1<br />

In der Ver<strong>ein</strong>zelung des Individuums steckt demnach „das Prinzip der Gewalt“ und „wir stehen<br />

vor den großen Gefahren, die die Verabsolutierung der Individualisierung des Freiheitsbegriffs<br />

und die s<strong>ein</strong>es Pendants, der Kollektivierung der ,Freiheit‘, heraufbeschworen haben“.<br />

2<br />

Im Umgang der Menschen mit<strong>ein</strong>ander <strong>–</strong> <strong>ein</strong> Wortspiel <strong>–</strong> besteht das RECHT zurecht, als<br />

„etwas Heiliges überhaupt“. 3 [542] In diesem Sinne schreibt Bruno Liebrucks zum Abschluß<br />

s<strong>ein</strong>es Artikels: „RECHT ist hier als der Inbegriff von Recht, Moralität und Sittlichkeit zu<br />

verstehen. Nur wenn das Recht als solches heilig ist, kann mit Sinn vom Menschen verlangt<br />

werden, er solle sich um die Abschaffung von Rechtsbestimmungen kümmern, die ideologisch<br />

fortgeschleppt bei veränderter Situation in Unrecht übergegangen s<strong>ein</strong> können. Dabei<br />

ist das Recht der jeweils höheren Stufe höheres Recht. Erst das Recht der Weltgeschichte<br />

wird als das ,un<strong>ein</strong>geschränkt Absolute‘ angesehen. Werden Weltgeschichte und Staat identifiziert,<br />

so sind sie bis heute der irdische Gott.“ 4<br />

Und weiters müsse man dies im Auge behalten, „wenn wir die Rechtsphilosophie als die erste<br />

größere Entfaltung des Begriffs der Freiheit innerhalb der <strong>Hegels</strong>chen Philosophie verstehen<br />

wollen. Die erste Stufe ist die des Rechts. Der Wille ist unmittelbar als Person. S<strong>ein</strong> Das<strong>ein</strong><br />

als wirklicher Wille in der wirklichen Gesellschaft ist die Rechtsordnung. Dieser Wille<br />

ist noch nicht wirklich, sondern erst daseiend zu nennen. Deshalb ist das Recht in der positiven<br />

Gestalt von Rechtsparagraphen die noch unmittelbare Gegenständlichkeit des freien Willens.<br />

Nicht mehr. Diese Gestalt, in die Innerlichkeit aufgenommen, ist die Moralität. Die Person<br />

wird Subjekt, im modernen Wortverstand. Moralität begründet insofern das Recht, als sie<br />

die auf den Punkt zusammengezogene Einheit aller Rechtsgesetze darstellt. Die Einheit beider<br />

Stufen ist die Sittlichkeit. In ihr erst ist die Einheit von Recht und Moralität als äußere<br />

Wirklichkeit vorhanden“. 5<br />

[543] Aus dem Vorrangegangen erhebt sich nun die abschließende Frage, wie sie auch aus<br />

dem Titel zu entnehmen ist:<br />

Ist <strong>Stirner</strong> <strong>ein</strong> <strong>Schüler</strong> <strong>Hegels</strong>?<br />

Eindeutig mit Ja oder N<strong>ein</strong> läßt sich diese Frage jedoch nicht beantworten.<br />

Faktisch als Zuhörer s<strong>ein</strong>er Vorlesungen <strong>–</strong> wie bereits erwähnt <strong>–</strong> sehr wohl.<br />

Gedanklich <strong>–</strong> im Sinne <strong>ein</strong>er Weiterführung von <strong>Hegels</strong> Werk <strong>–</strong> mit (b<strong>ein</strong>ahe) ruhigem Gewissen<br />

nicht.<br />

Begründen läßt sich dies folgendermaßen:<br />

<strong>Hegels</strong> Gedanken sind <strong>ein</strong> ständiges Fortschreiten vom Unbestimmten über das Bestimmte<br />

zur Einheit dieser beiden Momente, in s<strong>ein</strong>er Konkretion <strong>–</strong> dem Absoluten, welches sich in<br />

der Rechtsphilosophie als Sittlichkeit darstellt. Diese ist für ihn die „Idee der Freiheit“.<br />

Dabei läßt Hegel menschlich-gesellschaftliche Zusammenhänge, den Umgang unter Einzelmenschen,<br />

Rechtsverhältnisse etc. niemals außer Acht.<br />

<strong>Stirner</strong> hingegen ist <strong>ein</strong> rigider Ablehner dieser, in den Institutionen sich verwirklichenden<br />

Idee.<br />

Der <strong>Hegels</strong>che Stufengang entfaltet den Begriff der Freiheit bis zu s<strong>ein</strong>er höchsten Ausprägung.<br />

Dieses institutionell-gesellschaftliche Denken brachte Hegel den Vorwurf restaurativen, ja<br />

1 Ebd., S. 44.<br />

2 Ebd., S: 46 ff.<br />

3 Hegel: Werke. Bd. 7. S. 83.<br />

4 Liebrucks, Bruno: Recht, Moralität und Sittlichkeit bei Hegel. Bd. 2. S. 48.<br />

5 Ebd., S. 49.

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