Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
auch die erste Objektivität der Freiheit, das Recht, ursprünglich zur Freiheit und ist nicht <strong>ein</strong><br />
von außen Hinzukommendes. Auch die weiteren Gestalten, Moralität und Sittlichkeit, verdanken<br />
wir nicht zufälligen Entwicklungen der Geschichte. Sie sind der geschichtliche Ausdruck<br />
des Menschen als Menschen. Der Mensch ist immer schon die Einheit von Bestimmtheit<br />
und Unbestimmtheit. Sich selbst zum Gegenstand haben heißt nicht, die Ungegenständlichkeit<br />
<strong>ein</strong>es abstrakten Ich vorstellen, sondern ist <strong>ein</strong>e Handlung innerhalb <strong>ein</strong>es bestimmten<br />
Rechtszustandes, <strong>ein</strong>e moralische oder sittliche Tat. In jedem <strong>ein</strong>zelnen Erfahrungsakt des<br />
Menschen liegt die Einheit von Gegenständlichkeit und Ungegenständlichkeit vor. Stellt der<br />
Mensch sich selbst vor, so kann er das nicht in <strong>ein</strong>em Akt der Innenschau ... sondern nur in<br />
der Reflexion s<strong>ein</strong>es wirklichen Weltumganges ...<br />
Die Freiheit hat sich selbst nicht anders zum Gegenstand als so, wie ich <strong>ein</strong>en anderen Menschen<br />
in s<strong>ein</strong>er Freiheit erfahre ... Freiheit kann nur so erfahren werden, wie sie als Ungegenständlichkeit<br />
in der Gegenständlichkeit des anderen Menschen ersch<strong>ein</strong>t.“ 1<br />
[540] Im § 21 der Rechtsphilosophie bezeichnet Hegel die Freiheit als „die sich selbst bestimmende<br />
Allgem<strong>ein</strong>heit“. 2<br />
„Die konkrete Allgem<strong>ein</strong>heit hat in ihren Erfahrungen schon die konkrete Allgem<strong>ein</strong>heit vor<br />
sich, d. h. das <strong>ein</strong>zelne Sichtbare mit s<strong>ein</strong>er Bedeutung für den Situationszusammenhang, in<br />
dem ich stehe. Das ist die Freiheit, die sich selbst zum Gegenstand hat und nicht <strong>ein</strong> ungegenständliches<br />
Abstraktes, das als reflexionsphilosophisch vorgestellte Freiheit <strong>ein</strong>er reflexionsphilosophisch<br />
vorgestellten Freiheit gegenübersteht. Daß sie im menschlichen Leben in tausend<br />
und abertausend Gestalten autgetreten ist und nur in diesen wirklich s<strong>ein</strong> kann, ist die<br />
Entfaltung dieses Begriffs der Freiheit. Die Bedingung der Möglichkeit dieses Gestaltenreichtums<br />
ist zugleich die Bedingung s<strong>ein</strong>er Wirklichkeit: die Idee. Freiheit zum Gegenstand<br />
haben heißt freiheitliche gesellschaftliche Verhältnisse zum Gegenstand haben.“ 3<br />
Der freie Wille, die Freiheit, ist „konkret allgem<strong>ein</strong> ... dadurch, daß er ... sich in s<strong>ein</strong>er äußeren<br />
Welt entgegenkommt. In <strong>ein</strong>er Rechtsgem<strong>ein</strong>schaft kommen mir die Handlungen der anderen<br />
nicht mehr unmittelbar entgegen, sondern durch den Filter des Rechts. Im Rechtszustand<br />
begegnet der freie Wille sich in den ihm äußerlich fremden Handlungen der Menschen<br />
... Dieses Recht ist unveräußerlich, weil es das äußere Das<strong>ein</strong> der Freiheit selbst ist. Diese<br />
Äußerlichkeit wird in der Stufe der Moralität noch <strong>ein</strong>mal in die zum Subjekt gewordene Person<br />
hin<strong>ein</strong>genommen. Sie wird in der Sittlichkeit zugleich außen und innen s<strong>ein</strong>.<br />
... die Freiheit [begegnet] sich selbst im Fremden ... [an dem] es niemals mangeln wird, weil<br />
der Wille, der sich nicht im Fremden findet, nicht Wille, sondern <strong>ein</strong> Hirngespinst ist. Das<br />
Recht ist die erste abstrakte Form der konkreten wirklichen Freiheit“. 4<br />
[541] Es ist <strong>ein</strong>deutig, daß der „Wille als Individuum in der Welt“ auftritt, „aber das Individuum<br />
ist erst Person, wenn das Recht nicht nur subjektives Das<strong>ein</strong> ..., sondern auch objektives<br />
Das<strong>ein</strong> als Institution hat. Wo dies nicht der Fall ist, sinken die Menschen aus der Personalität<br />
in die von der Gesellschaft abgeschnittenen Individualität hinab, und die ... Gewalt<br />
steht wieder auf. Die Beschränkung, die der <strong>ein</strong>zelne durch das Recht erfährt, ist also die Entschränkung<br />
des isolierten Individuums zu s<strong>ein</strong>er Gesellschaft. Bei <strong>ein</strong>em nur subjektiven<br />
Freiheitsbegriff dagegen ist das Recht nur als gegenseitige Beschränkung anzusehen ...<br />
Dieses Gesetz ist nicht das Sittengesetz, sondern das jeweilige Rechtsgesetz ... Man kann sagen,<br />
das Recht ist in der Moralität begründet. Wenn jemand sich nicht als Vernunftwesen betrachtet,<br />
so ist für ihn nicht <strong>ein</strong>zusehen, warum er sich überhaupt rechtlich auf dieser Erde<br />
1 Ebd., S. 35 ff.<br />
2 Hegel: Werke. Bd. S. 21.<br />
3 Liebrucks, Bruno: Recht, Moralität und Sittlichkeit bei Hegel. Bd. 2., S. 42.<br />
4 Ebd., S. 42 f.