Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Menschen“ sei, denn „indem ich das Gute als m<strong>ein</strong>e Bestimmung, als m<strong>ein</strong> Gesetz erkenne,<br />
erkenne ich, sei es nun bewußt oder unbewußt, dasselbe als m<strong>ein</strong> eigenes Wesen. Ein anderes,<br />
s<strong>ein</strong>er Natur nach von mir unterschiedenes Wesen geht mich nichts an ... Denn was dem<br />
Gott des Menschen gegeben wird, das wird in Wahrheit dem Menschen selbst gegeben;<br />
was der Mensch von Gott aussagt, das sagt er in Wahrheit von sich selbst aus“. 1<br />
In der Religion vergegenständlicht der Mensch s<strong>ein</strong> Wesen „und macht dann wieder sich<br />
zum Gegenstand diese vergegenständlichten ... er denkt sich, ist sich Gegenstand, aber als<br />
Gegenstand <strong>ein</strong>es Gegenstands, <strong>ein</strong>es andern Wesens ... Der Mensch ist <strong>ein</strong> Gegenstand<br />
Gottes“ und wird dadurch „zum Zweck Gottes <strong>–</strong> denn was Gegenstand in Geist, ist Zweck im<br />
Handeln <strong>–</strong>, die göttliche Tätigkeit zu <strong>ein</strong>en Mittel des menschlichen Heils macht. ... So bezweckt<br />
der Mensch nur sich selbst in und durch Gott. ... Gott nur ist das aus sich handelnde,<br />
aus sich tätige Wesen ...; Gott ist das in mir, mit mir, durch mich, auf mich, für<br />
mich handelnde Wesen, das Prinzip m<strong>ein</strong>es Heils, m<strong>ein</strong>er guten Gesinnungen und Handlungen,<br />
folglich m<strong>ein</strong> eigenes gutes Prinzip und Wesen.“ 2<br />
[531] Ludwig Feuerbach versucht durch die Darstellung, daß „das Wesen Gottes das Wesen<br />
des Menschen und die Theologie Anthropologie ist“, den „Zwiespalt zwischen <strong>ein</strong>em ,Herrn<br />
im Himmel‘ und <strong>ein</strong>em ,Herrn der Erde‘“ 3 , den Zwiespalt zwischen Jenseits und Diesseits zu<br />
überwinden.<br />
So soll das göttliche Wesen in den Menschen zurückgenommen werden, dem es entstammt<br />
und „das wahre menschliche Wesen hier und jetzt, in Staat und Familie“ 4 realisiert werden.<br />
Diese Verwirklichung sei der Politik vorbehalten, welche „unsere Religion werden muß“.<br />
„Als Konsequenz s<strong>ein</strong>er [Feuerbachs] Religionskritik ergibt sich die an den Menschen gerichtete<br />
Forderung, s<strong>ein</strong> wahres Wesen zu verwirklichen ... die Kritik der Religion wird zum<br />
praktischen Drang nach Weltveränderung. Denn s<strong>ein</strong> wahres Wesen realisiert der Mensch<br />
nur, indem er sich <strong>–</strong> das heißt aber, da er ursprünglich <strong>ein</strong> soziales Wesen ist <strong>–</strong> und dem Mitmenschen<br />
solche Zustände zu bereiten versucht, in welchen er s<strong>ein</strong> und des andern Wollen<br />
und Bedürfnis befriedigt findet. ,Die Vern<strong>ein</strong>ung des Jenseits hat die Bejahung des Diesseits<br />
zur Folge. Die Aufhebung <strong>ein</strong>es besseren Lebens im Himmel schließt die Forderung in sich:<br />
es soll, es muß besser werden auf der Erde; sie verwandelt die bessere Zukunft aus dem Gegenstand<br />
<strong>ein</strong>es müßigen Glaubens in <strong>ein</strong>en Gegenstand der Pflicht, der menschlichen Selbsttätigkeit‘.“<br />
5<br />
[532] Am Menschen, der dem Menschen das höchste Wesen ist, wie Feuerbach sagt <strong>–</strong> und<br />
<strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> im Vorspann zur ersten Abteilung s<strong>ein</strong>es Werkes ‚Der Einzige und s<strong>ein</strong> Eigentum‘<br />
[Der Mensch] vermerkt <strong>–</strong> beginnt die Kritik <strong>Stirner</strong>s an Feuerbach.<br />
Die Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit B. Bauer, sie wurde bereits weiter oben erwähnt, soll hier ausgespart<br />
bleiben.<br />
<strong>Stirner</strong>s Radikalisierung <strong>Hegels</strong>cher Gedanken läßt sich nur über Feuerbachs Religionskritik<br />
thematisieren, wie wohl er darüber gänzlich hinausgeht.<br />
S<strong>ein</strong>e Negation jeglicher Werte <strong>–</strong> wie Recht, Moralität und Sittlichkeit <strong>–</strong> ist so rigoros, daß<br />
vom Ursprung <strong>–</strong> Hegel <strong>–</strong> nicht mehr viel übrigbleibt.<br />
Findet Feuerbachs ,Kritik‘ an <strong>Hegels</strong> Gleichsetzung von Theologie und Philosophie noch<br />
s<strong>ein</strong>e Berechtigung <strong>–</strong> Feuerbach kann an <strong>Hegels</strong> eigene Worte anknüpfen <strong>–</strong> so ist <strong>Stirner</strong>s Ansatz<br />
<strong>ein</strong> sich gänzlich in der Individualität auflösendes Moment.<br />
1 Ebd., S. 74 f.<br />
2 Ebd., S: 76 ff.<br />
3 Barth, H.: Wahrheit und Ideologie. S. 87.<br />
4 Ebd.<br />
5 Ebd.