Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Ein Gesetz stellt für ihn „immer <strong>ein</strong>e Willenserklärung, mithin [<strong>ein</strong>en] Befehl“ dar. Aber<br />
„über m<strong>ein</strong>e Handlungen hat niemand zu gebieten, K<strong>ein</strong>er Mir m<strong>ein</strong> Handeln vorzuschreiben<br />
und Mir darin Gesetze zu geben ...<br />
Es dauern die Staaten nur so lange, als es <strong>ein</strong>en herrschenden Willen gibt, und dieser herrschende<br />
Wille für gleichbedeutend mit dem eigenen Willen angesehen wird. Des Herrn Wille<br />
ist <strong>–</strong> Gesetz. Was helfen Dir d<strong>ein</strong>e Gesetze, wenn sie K<strong>ein</strong>er befolgt, was d<strong>ein</strong>e Befehle,<br />
wenn sich Niemand befehlen läßt? Es kann der Staat des Anspruches sich nicht entschlagen,<br />
den Willen des Einzelnen zu bestimmen, darauf zu spekulieren und zu rechnen. Für ihn ist‘s<br />
unumgänglich nötig, daß Niemand <strong>ein</strong>en eigenen Willen habe; hätte ihn Einer so müßte der<br />
Staat diesen ausschließen ...; hätten ihn Alle, so schafften sie den Staat ab. Der Staat ist nicht<br />
denkbar ohne Herrschaft und Knechtschaft (Untertanenschaft); denn der Staat muß der Herr<br />
s<strong>ein</strong> wollen Aller, die er umfaßt, und man nennt diesen Willen den ,Staatswillen‘.<br />
Wer, um zu bestehen, auf die Willenlosigkeit Anderer rechnen muß, der ist <strong>ein</strong> Machwerk<br />
dieser Anderen ... Hörte die Unterwürfigkeit auf, so wär‘s um die Herrschaft geschehen.<br />
[516] Der eigene Wille M<strong>ein</strong>er ist der Verderber des Staats; er wird deshalb von letzterem<br />
als ,Eigenwille‘ gebrandmarkt. Der eigene Wille und der Staat sind todf<strong>ein</strong>dliche<br />
Mächte, zwischen welchen k<strong>ein</strong> ,ewiger Friede‘ möglich ist.“ 1<br />
<strong>Stirner</strong>s Philosophie kann als „Philosophie des Individualismus“ betrachtet werden. S<strong>ein</strong><br />
Egozentrismus spricht <strong>ein</strong>em individualistischen Anarchismus das Wort, welcher jedoch k<strong>ein</strong>e<br />
konkrete politische Bedeutung in Vormärz erlangte, wohl aber in späteren Jahren. S<strong>ein</strong>e<br />
Vertreter fanden sich „hauptsächlich in Rußland und Italien, Frankreich und Spanien ... Der<br />
Anarchismus war k<strong>ein</strong> Kind des Proletariats ...“, sondern s<strong>ein</strong>e Vertreter kamen „fast<br />
durchweg aus der intellektuellen Schicht von Bürgerlichen und Adeligen, die selber nie Landoder<br />
Fabrikarbeit kennengelernten, nie Arbeitslosigkeit oder Hunger an sich erfahren hatten.“<br />
2<br />
Der Anarchismus war in Deutschland „nie mehr als <strong>ein</strong> spekulatives Gedankengebäude“. 3<br />
S<strong>ein</strong>e Bedeutung (des Anarchismus) wurde immer überbewertet, obgleich er in s<strong>ein</strong>er Individulalität<br />
stecken geblieben ist.<br />
Auch wenn er darüber hinausgegangen ist (siehe Syndikalismus), konnte er nie staatstragend,<br />
geschweige denn staatsbildend wirken.<br />
Unbestritten sei dabei <strong>Stirner</strong>s Einfluß auf jegliche Richtung anarchistischer Denkungsart.<br />
Ebenso unbestritten sie die <strong>–</strong> des öfteren erwähnte <strong>–</strong> bei Hegel zu suchende Wurzel dieses<br />
Denkens, wenn auch nicht ausschließlich bei ihm.<br />
<strong>Stirner</strong> wähnt sich in der Position des „absoluten Überwinders“ <strong>Hegels</strong>cher Philosophie <strong>–</strong> sei<br />
es in Form der „Religion“ oder des „Staates“.<br />
[517] <strong>Stirner</strong>s „philosophisches“ Werk ‚Der Einzige und s<strong>ein</strong> Eigentum‘ ist jedoch nicht anders<br />
zu betrachten als <strong>ein</strong> im <strong>Hegels</strong>chen Sinn gesehenes Fassen von „ihrer Zeit in Gedanken“.<br />
(vgl. Hegel: Werke Bd. 7. S. 26)<br />
Der große Unterschied besteht darin, daß <strong>Stirner</strong> „SEINE Zeit in SEINE Gedanken“ gefaßt<br />
hat, sich auf sich und nichts anderes als auf sich bezogen hat.<br />
Dies belegt er selbst mit eigenen Worten: „Mir geht nichts über Mich“. 4<br />
Bei dieser Art zu Denken macht er nichts anderes, als die <strong>Hegels</strong>che „Dialektik“, deren Denkrichtung<br />
der „Kreis“ <strong>–</strong> <strong>ein</strong> stetiges sich Hervorbringen und wieder zu sich zurückkehren<br />
<strong>–</strong> ist, radikaler als Feuerbach, Bauer und Marx zur „Linie“ aufzubiegen, welche nur in <strong>ein</strong>e<br />
1 EE 213 f.<br />
2 Schwedhelm, K.: J. H. Mackay. S. 21.<br />
3 Ebd.<br />
4 EE 5.