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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Verhältnisses von Philosophie und Wirklichkeit. Aber diese Entfernung ist durch die politische<br />

Entwicklung Preußens mitbedingt. Die Junghegelianer sind zunächst in die politische<br />

Bewegung der Bourgeoisie verflochten. Der Rückständigkeit der deutschen Industrie und der<br />

politisch-geographischen Zersplitterung wegen begann sich in Preußen erst Jahrzehnte später<br />

als in Frankreich oder gar England Anfang der 40er Jahre <strong>ein</strong>e liberale Opposition des Bürgertums<br />

zu formieren, die gegen die halbfeudale und halbbürokratische, den industriellen und<br />

kommerziellen Kapitalismus behindernde Monarchie gerichtet war ... Die Junghegelianer hatten<br />

anfangs den <strong>Hegels</strong>chen Begriff des souveränen Staates verteidigt, ihn verschärft (,freier<br />

Staat‘ als Realisation der Sittlichkeit und des menschlichen Wesens) und gegen die Konfessionalisierung<br />

der Politik (gegen <strong>ein</strong>en ,christlichen Staat‘ Preußen) gewendet; dies erklärt ihren<br />

religionskritischen Radikalismus. Als aber die bourgeoisliberale Bewegung im ersten Anlauf<br />

aufgehalten und die teilweise Pressefreiheit des Jahres 1842 (die <strong>ein</strong> Welle liberaler Publizistik<br />

ermöglicht hatte) wieder beseitigt wurde, als also Preußen s<strong>ein</strong>en unzeitgemäßen<br />

Charakter offenbarte, radikalisierten sich auch die politischen Vorstellungen: die (Berliner)<br />

Junghegelianer wandten sich gegen den Staat überhaupt und in <strong>ein</strong>e Richtung, die bei Bauer<br />

und <strong>Stirner</strong> endet.“ 1<br />

Mit dieser Wendung gegen den Staat läuft <strong>ein</strong> Abwenden von <strong>Hegels</strong> politischen System<br />

<strong>ein</strong>her. „<strong>Hegels</strong> politische Philo[490]sophie soll in Deutschland <strong>ein</strong>mal Staatsphilosophie<br />

gewesen s<strong>ein</strong> ...“ 2<br />

Grundlage des <strong>Hegels</strong>chen politischen Systems bildet s<strong>ein</strong>e Rechtsphilosophie, welche die<br />

„Freiheit“ als zentrale Kategorie zum Gegenstand hat.<br />

H<strong>ein</strong>z Röttges bemerkt dazu in s<strong>ein</strong>er Arbeit zum ‚Begriff der Freiheit in der Philosophie<br />

<strong>Hegels</strong>‘ <strong>ein</strong>leitend, daß dieser Begriff in <strong>Hegels</strong> Philosophie im allgem<strong>ein</strong>en von „zentraler<br />

Bedeutung“ 3 ist, nicht nur in der Rechtsphilosophie.<br />

Bereits in der Vorrede der Rechtsphilosophie <strong>–</strong> genauer Titel: Grundlinien der Philosophie<br />

des Rechtes oder Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse <strong>–</strong> wird kurz angerissen,<br />

daß „der Mensch denkt und im Denken s<strong>ein</strong>e Freiheit und den Grund der Sittlichkeit<br />

sucht“. 4<br />

Hegel ging es darum, „,die Rechtsform der Freiheit zu finden und d. h. <strong>ein</strong>e Rechtsordnung<br />

auszubilden, die der Freiheit des Selbsts<strong>ein</strong>s angemessen ist und ihr gerecht wird und es dem<br />

Einzelnen ermöglicht, er selbst zu s<strong>ein</strong> und zu s<strong>ein</strong>er menschlichen Bestimmung zu kommen‘<br />

(Ritter)“. 5 Dabei geht er davon aus, daß die „philosophische Rechtswissenschaft ... die Idee<br />

des Rechts, den Begriff des Rechts und dessen Verwirklichung zum Gegenstande“ hat. 6<br />

[491] Philosophie hat es dabei mit „Ideen und ... nicht mit dem ... bloße(n) Begriffe ... zu<br />

tun“. 7<br />

Rechtswissenschaft ist für ihn „<strong>ein</strong> Teil der Philosophie“, welche „die Idee ... aus dem Begriffe<br />

zu entwickeln“ hat. 8<br />

Daher fällt „der Begriff des Rechts ... s<strong>ein</strong>em Werden nach außerhalb der Wissenschaft des<br />

Rechts, s<strong>ein</strong>e Deduktion ist hier vorausgesetzt, und er ist als gegeben aufzunehmen“. 9 Als ge-<br />

1 Meyer, A.: Nachwort. S. 428 f.<br />

2 Euchner, Walter: Freiheit, Eigentum und Herrschaft bei Hegel. In: Egoismus und Eigenwohl. Studien zur Geschichte<br />

der bürgerlichen Philosophie. Frankfurt 1973. S. 135.<br />

3 Röttges, H<strong>ein</strong>z: Der Begriff der Freiheit in der Philosophie <strong>Hegels</strong>. Diss. Frankfurt/Main 1964.<br />

4 Hegel: Werke. Bd. 7. S. 14 f.<br />

5 Euchner, W.: Freiheit ... S. 135 f.<br />

6 Hegel: Werke. Bd. 7. S. 29.<br />

7 Ebd.<br />

8 Ebd., S. 30.<br />

9 Ebd.

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