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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

lich. M<strong>ein</strong>e Kritik ist k<strong>ein</strong>e ,freie, nicht frei von Mir, und k<strong>ein</strong>e ,dienstbare‘, nicht im Dienste<br />

<strong>ein</strong>er Idee, sondern <strong>ein</strong>e eigene.“ 1<br />

Die oben erwähnte „freie Kritik beschäftigt sich mit Ideen, und ist deshalb stets theoretisch.<br />

Wie sie auch gegen die Ideen wüten möge, so kommt sie doch von ihnen nicht los“ <strong>–</strong> [455]<br />

niemals, wie <strong>Stirner</strong> betont <strong>–</strong> d. h. der „Kritiker ... wird nie begreifen, daß nicht über dem<br />

leibhaftigen Menschen etwas Höheres existiere, nämlich s<strong>ein</strong>e Menschlichkeit, die Freiheit<br />

usw. Es bleibt ihm immer noch <strong>ein</strong> ,Beruf‘ des Menschen übrig, die ,Menschlichkeit‘. Und<br />

diese Idee der Menschlichkeit bleibt unrealisiert, weil sie eben ,Idee‘ bleibt und bleiben soll.<br />

Fasse Ich dagegen die Idee als m<strong>ein</strong>e Idee, so ist sie bereits realisiert, weil Ich ihre Realität<br />

bin: ihre Realität besteht darin, daß Ich, der Leibhaftige, sie habe.<br />

Man sagt, in der Weltgeschichte realisiere sich die Idee der Freiheit. Umgekehrt, diese<br />

Idee ist reell, sowie <strong>ein</strong> Mensch sie denkt, und sie ist in dem Maße reell als sie Idee ist, d.<br />

h. als Ich sie denke oder habe. Nicht die Idee der Freiheit entwickelt sich, sondern die Menschen<br />

entwickeln sich und entwickeln in dieser Selbstentwicklung natürlich auch ihr Denken.<br />

Kurz der Kritiker ist noch nicht Eigner, weil er mit den Ideen noch als mit mächtigen Fremden<br />

kämpft ...<br />

Die Kritik bleibt in der ,Freiheit der Erkenntnis‘, der Geistesfreiheit, stecken, und der Geist<br />

gewinnt s<strong>ein</strong>e rechte Freiheit dann, wenn er sich mit der r<strong>ein</strong>en, der wahren Idee erfüllt; das<br />

ist die Denkfreiheit, die nicht ohne Gedanken s<strong>ein</strong> kann.<br />

Es schlägt die Kritik <strong>ein</strong>e Idee nur durch <strong>ein</strong>e andere ...“ 2<br />

Bei diesem Kampf <strong>–</strong> wie <strong>Stirner</strong> es ausdrückt <strong>–</strong> soll Ich nicht „Mich, den Einzelnen, sondern<br />

die Idee, das Allgem<strong>ein</strong>e ... zur Geltung bringen“. 3<br />

Dieser Kampf gegen den Egoismus „macht ja den Inhalt der ganzen christlichen Geschichte<br />

aus“, und „erst, nachdem er sich ausgelebt und ausgewütet hat“, kann er vergehen. 4<br />

[456] Für <strong>Stirner</strong> spielt es k<strong>ein</strong>e Rolle, ob das, was er denkt und tut, irgend jemand<br />

konveniert oder <strong>ein</strong>er „Idee“ gefällt.<br />

Einzig und all<strong>ein</strong> s<strong>ein</strong> Tun und Denken soll nur das bezwecken, „was Ich will, wenn Ich<br />

nur Mich darin befriedige“.<br />

Ebenso willkürlich verfährt er dabei, wenn er sich gegen <strong>ein</strong>en vorigen Gedanken wendet<br />

oder plötzlich s<strong>ein</strong>e Handlungsweise ändert, „weil sie Mir k<strong>ein</strong>en vollen Genuß mehr bereitet“.<br />

5<br />

„Wie die Welt als Eigentum zu <strong>ein</strong>em Material geworden ist, mit welchem Ich anfange,<br />

was Ich will, so muß auch der Geist als Eigentum zu <strong>ein</strong>em Material herabsinken, vor<br />

dem Ich k<strong>ein</strong>e heilige Scheu mehr trage. Zunächst werde Ich dann nicht ferner vor <strong>ein</strong>em<br />

Gedanken schaudern, er ersch<strong>ein</strong>e so verwegen und ,teuflisch‘ als er wolle, weil, wenn er Mir<br />

zu unbequem und unbefriedigend zu werden droht, s<strong>ein</strong> Ende in m<strong>ein</strong>er Macht liegt; aber<br />

auch vor k<strong>ein</strong>er Tat werde Ich zurückbeben, weil <strong>ein</strong> Geist der Gottlosigkeit, Unsittlichkeit,<br />

Widerrechtlichkeit darin wohne, so wenig als der heilige Bonifatius von dem Umhauen der<br />

heiligen Heideneiche aus religiöser Bedenklichkeit abstehen mochte. Sind <strong>ein</strong>st die Dinge der<br />

Welt eitel geworden, so müssen auch die Gedanken des Geistes eitel werden.<br />

K<strong>ein</strong> Gedanke ist heilig ... k<strong>ein</strong> Gefühl ist heilig ... k<strong>ein</strong> Glaube ist heilig. Sie sind alle<br />

veräußerlich, m<strong>ein</strong> veräußerliches Eigentum, und werden von Mir vernichtet wie geschaffen.“<br />

6<br />

1 EE 399 f.<br />

2 EE 400 f.<br />

3 EE 401.<br />

4 EE 401.<br />

5 EE 402.<br />

6 EE 402.

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