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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

k<strong>ein</strong>e Bedenken trage, wenn ich s<strong>ein</strong>en Verlust nicht als <strong>ein</strong>en Verlust für Mich, <strong>ein</strong>en Verlust<br />

M<strong>ein</strong>er, zu fürchten habe. M<strong>ein</strong> eigen ist der Gedanke erst dann, wenn Ich zwar ihn, er<br />

aber niemals Mich unterjochen kann, nie Mich fanatisieren, zum Werkzeug s<strong>ein</strong>er Realisation<br />

macht.<br />

Also Gedankenfreiheit existiert, wenn Ich alle möglichen Gedanken haben kann; Eigentum<br />

aber werden die Gedanken erst dadurch, daß sie nicht zu Herren werden können.<br />

In der Zeit der Gedankenfreiheit herrschen Gedanken (Ideen); bringe Ich‘s aber<br />

zum Gedankeneigentum, so verhalten sie sich als m<strong>ein</strong>e Kreaturen.“ 1<br />

Anhand der Entwicklungsstufen formuliert er weiter, um die Gedankenfreiheit auf die Spitze<br />

zu bringen <strong>–</strong> die Gedankenlosigkeit.<br />

„Nach der M<strong>ein</strong>ung der Zünftigen wird Mir der Gedanke gegeben, nach der der Freidenker<br />

suche Ich den Gedanken. Dort ist die Wahrheit bereits gefunden und vorhanden, nur muß Ich<br />

sie vom Geber derselben durch Gnade <strong>–</strong> empfangen; hier ist die Wahrheit zu suchen und<br />

m<strong>ein</strong> in der Zukunft liegendes Ziel, nach welchem Ich zu rennen habe.<br />

In beiden Fällen liegt die Wahrheit (der wahre Gedanke) außer Mir, und Ich trachte ihn zu<br />

bekommen, sei es durch Geschenk (Gnade), sei es durch Erwerb (eigenes Verdienst). Also 1)<br />

Die Wahrheit ist <strong>ein</strong> Privilegium, 2) N<strong>ein</strong>, der Weg zu ihr ist Allen patent ... man kann ihren<br />

Besitz <strong>–</strong> erspekulieren.<br />

Beide ... sind eigentumslos in Beziehung auf die Wahrheit: sie haben sie entweder als Lehen<br />

... oder als Ideal. Als Lehen ist sie nur für Wenige (Privilegierte), als Ideal für Alle (Patentierte).<br />

Gedankenfreiheit hat also den Sinn, daß Wir zwar alle im [446] Dunkel und auf dem Wege<br />

des Irrtums wandeln, Jeder aber auf diesem Wege sich der Wahrheit nähern könne und mithin<br />

auf dem rechten Wege sei ... Gedankenfreiheit bedeutet daher so viel, daß Mir der wahre Gedanke<br />

nicht eigen sei; denn wäre er dies, wie wollte man Mich von ihm abschließen?<br />

Das Denken ist ganz frei geworden, und hat <strong>ein</strong>e Menge von Wahrheiten aufgestellt, denen<br />

Ich Mich fügen muß. ...<br />

Der Denkende unterscheidet sich vom Glaubenden nur dadurch, daß er viel mehr glaubt als<br />

dieser, der sich s<strong>ein</strong>erseits bei s<strong>ein</strong>em Glauben ... viel weniger denkt. ...<br />

Die Denkenden laufen in ihren Ansprüchen den Gläubigen parallel ... Es gilt Mir aber sehr<br />

gleich, ob Gott oder die Wahrheit siegt; zuvörderst will Ich siegen.“ 2<br />

Weil im Staat oder der Gesellschaft <strong>ein</strong>e „unbeschränkte Freiheit“ nicht denkbar ist, da er<br />

„sich selbst ... nicht durch <strong>ein</strong>e ungemessene Freiheit ... gefährden“ kann, liegt er der „‚Unterrichtsfreiheit‘<br />

... gebührende[n] Schranken“ auf, und „setzt ... zugleich der Gedankenfreiheit<br />

ihr Ziel, weil nämlich die Leute in der Regel nicht weiter denken, als ihre Lehrer gedacht haben“.<br />

3<br />

<strong>Stirner</strong> jedoch ist der Ansicht, „<strong>ein</strong>e ,vernünftige‘ Lehrfreiheit ... bringt Uns nicht zum Ziele“,<br />

deshalb brauchen „Wir [...] vielmehr <strong>ein</strong>e egoistische, <strong>ein</strong>e Lehrfreiheit für alle Eigenheit,<br />

worin Ich zu <strong>ein</strong>em Vernehmbaren werde und mich ungehemmt kund geben kann. Daß ich<br />

Mich ,vernehmbar‘ mache, das all<strong>ein</strong> ist ,Vernunft‘, sei Ich auch noch so unvernünftig; indem<br />

Ich Mich vernehmen lasse und so Mich selbst vernehme, genießen Andere sowohl als Ich selber<br />

Mich und verzehre Mich zugleich.<br />

Was wäre denn gewonnen, wenn, wie früher das rechtgläubige, das loyale, das sittliche usw.<br />

Ich frei war, nun das vernünftige Ich frei würde? Wäre dies die Freiheit M<strong>ein</strong>er?<br />

Bin Ich als ,vernünftiges Ich‘ frei, so ist das Vernünftige an Mir oder die Vernunft frei, und<br />

1 EE 384 f.<br />

2 EE 385 f.<br />

3 EE 386 f.

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