Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
bändigen, der Ich erliege“. 1<br />
An dieser Stelle bringt er Feuerbach und Hegel ins Spiel, wobei er zu Erstgenanntem m<strong>ein</strong>t,<br />
er poche „immer auf das S<strong>ein</strong>“, bleibe jedoch, trotz „aller Gegnerschaft gegen Hegel und die<br />
absolute Philosophie, in der Abstraktion stecken; denn ,das S<strong>ein</strong>‘ ist Abstraktion all<strong>ein</strong>, [wie<br />
selbst ‚das Ich‘. Nur Ich bin nicht Abstraktion all<strong>ein</strong>,] Ich bin Alles in Allem, folglich selbst<br />
die Abstraktion oder Nichts, Ich bin Alles und Nichts; Ich bin k<strong>ein</strong> bloßer Gedanke, aber ich<br />
bin zugleich voller Gedanken, <strong>ein</strong>e Gedankenwelt. Hegel verurteilt das Eigene, das M<strong>ein</strong>ige,<br />
die <strong>–</strong> ,M<strong>ein</strong>ung‘. Das ,absolute Denken‘ ist dasjenige Denken, welches vergißt, daß es<br />
m<strong>ein</strong> Denken ist, daß Ich denke und daß es nur durch Mich ist. Als Ich aber verschlinge<br />
Ich das M<strong>ein</strong>ige wieder, bin Herr desselben, es ist nur m<strong>ein</strong>e M<strong>ein</strong>ung, die Ich in jedem<br />
Augenblicke ändern, d. h. vernichten, in Mich zurücknehmen und aufzehren kann ...<br />
Das S<strong>ein</strong> ist ... in Mir so gut überwunden als das Denken. Es ist m<strong>ein</strong> Sinn (S<strong>ein</strong>?), wie<br />
jenes m<strong>ein</strong> Denken.<br />
Dabei kommt Feuerbach natürlich nicht weiter, als zu dem an sich trivialen Beweise, daß Ich<br />
die Sinne zu Allem brauche oder daß Ich diese Organe nicht gänzlich entbehren kann. Freilich<br />
kann Ich nicht denken, wenn Ich nicht sinnlich existiere. All<strong>ein</strong> zum Denken wie zum Empfinden,<br />
also zum Abstrakten wie zum Sinnlichen brauche Ich vor allen Dingen Mich, und<br />
zwar Mich, diesen ganz Bestimmten, Mich diesen Einzigen. Wäre Ich nicht dieser, z. B. Hegel,<br />
so schaute Ich die Welt nicht so an, wie Ich sie anschaue, Ich fände aus ihr nicht dasjenige<br />
philosophische System heraus, welches [444] gerade Ich als Hegel finde usw. Ich hätte<br />
zwar Sinne wie die andern Leute auch, aber Ich benutzte sie nicht so, wie Ich es tue“. 2<br />
<strong>Stirner</strong> kritisiert Feuerbachs Gedanken vom „Sinnlichen“, in dem er schreibt: „Es ist schon<br />
gut, daß Feuerbach die Sinnlichkeit zu Ehren bringt, aber er weiß dabei nur den Materialismus<br />
s<strong>ein</strong>er ,neuen Philosophie‘ mit dem bisherigen Eigentum des Idealismus, der<br />
,absoluten Philosophie‘, zu bekleiden. So wenig die Leute sich‘s <strong>ein</strong>reden lassen, daß man<br />
vom ,Geistigen‘ all<strong>ein</strong>, ohne Brot, leben könne, so wenig werden sie ihm glauben, daß man<br />
als <strong>ein</strong> Sinnlicher schon alles sei, also geistig, gedankenvoll usw.<br />
Durch das S<strong>ein</strong> wird gar nichts gerechtfertigt. Das Gedachte ist so gut als das Nicht-<br />
Gedachte“. 3<br />
<strong>Stirner</strong> wendet sich gegen jene, die ihre Gedanken „von oben“, von <strong>ein</strong>em „Gebe“, sei dies<br />
nun Gott, die Kirche usw., haben und dabei bleiben, als auch gegen jene, denen es frei steht,<br />
„irgendwelche Gedanken sich in den Kopf zu setzen, und je nach dem Patent s<strong>ein</strong>er Naturbegabung<br />
<strong>ein</strong>e größeren oder geringeren Gedankenreichtum zu haben“. 4<br />
Darunter versteht er die historischen Entwicklungsstufen des Geistes, an welchen sich außer<br />
dem Namen nichts verändert hat.<br />
„Aber ,eure Gedanken sind nicht m<strong>ein</strong>e Gedanken und eure Wege sind nicht m<strong>ein</strong>e<br />
Wege‘. Oder vielmehr das Umgekehrte will Ich sagen: Eure Gedanken sind m<strong>ein</strong>e Gedanken,<br />
mit denen Ich schalte, wie Ich will, und die ich unbarmherzig niederschlage: sie sind m<strong>ein</strong><br />
Eigentum, welches Ich, so Mir‘s beliebt, vernichte. Ich erwarte von Euch nicht erst die Berechtigung,<br />
um eure Gedanken zu zersetzen und zu verblasen. Mich schiert es nicht, daß Ihr<br />
diese Gedanken auch die eurigen nennt, sie bleiben gleichwohl die m<strong>ein</strong>igen, und wie Ich mit<br />
ihnen verfahren will, ist m<strong>ein</strong>e Sache, [445] [...]<br />
... Ich behandle sie nach m<strong>ein</strong>em Gefallen.<br />
Eigen ist Mir der Gedanke erst, wenn Ich ihn jeden Augenblick in Todesgefahr zu bringen<br />
1 EE 381.<br />
2 EE 381 f. <strong>–</strong> Der Text in der eckigen Klammer ohne Angabe von Gründen vom Autor weggelassen.<br />
3 EE 383.<br />
4 EE 384.