Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
rische: weil es Mir denkbar ist, ist es den Menschen möglich), so sollten sie es s<strong>ein</strong>, so war es<br />
ihr Beruf; und endlich <strong>–</strong> nur nach diesem Berufe, nur als Berufene, hat man die Menschen zu<br />
nehmen, nicht ,wie sie sind, sondern wie sie s<strong>ein</strong> sollen‘.<br />
Und der weitere Schluß? Nicht der Einzelne ist der Mensch, sondern <strong>ein</strong> Gedanke, <strong>ein</strong> Ideal<br />
ist der Mensch, zu dem der Einzelne sich nicht <strong>ein</strong>mal so verhält, wie das Kind zum Manne,<br />
sondern wie <strong>ein</strong> Kreidepunkt zu dem gedachten Punkte, oder wie <strong>ein</strong> <strong>–</strong> endliches Geschöpf<br />
zum ewigen Schöpfer“. 1<br />
Damit will er beweisen, daß, „so lange die Pfaffen- oder Schulmeister-Zeit dauert, ... die<br />
Denkenden in der Welt“ herrschen, „und was sie sich denken, das ist möglich, was aber möglich<br />
ist, das muß verwirklicht werden. Sie denken sich <strong>ein</strong> Menschen-Ideal, das <strong>ein</strong>stweilen<br />
nur in ihren Gedanken wirklich ist; aber sie denken sich auch die Möglichkeit s<strong>ein</strong>er Ausführung,<br />
und es ist nicht zu streiten, die Ausführung ist wirklich <strong>–</strong> denkbar, sie ist <strong>ein</strong>e <strong>–</strong> Idee“. 2<br />
Dies wird an der „bisherige[n] Geschichte“ ersichtlich, denn sie „ist die Geschichte des geistigen<br />
Menschen. Nach der Periode der Sinnlichkeit beginnt die eigentliche Geschichte, d. h.<br />
die Periode der Geistigkeit, Geistlichkeit, Unsinnlichkeit, Übersinnlichkeit, Unsinnigkeit.<br />
[438] Der Mensch fängt nun an, etwas s<strong>ein</strong> und werden zu wollen. Was? Gut, schön, wahr;<br />
näher sittlich, fromm, wohlgefällig usw. Er will <strong>ein</strong>en ,rechten Menschen‘, ,etwas Rechtes‘<br />
aus sich machen. Der Mensch ist s<strong>ein</strong> Ziel, s<strong>ein</strong> [...] <strong>–</strong> Ideal: er ist sich <strong>ein</strong> zukünftiger, Jenseitiger“.<br />
3<br />
Wie bereits weiter oben erläutert, bemerkt er auch hier: „... k<strong>ein</strong>em Tier ersch<strong>ein</strong>t s<strong>ein</strong> Wesen<br />
als <strong>ein</strong>e Aufgabe, d. h. als <strong>ein</strong> Begriff, den es zu realisieren habe. Es realisiert sich, indem es<br />
sich auslebt ... Es verlangt nicht, etwas Anderes zu s<strong>ein</strong> oder zu werden, als es ist.“ 4<br />
<strong>Stirner</strong> will jedoch damit nicht sagen, „den Tieren zu gleichen“, denn es wäre „dasselbe, als<br />
wünschte man den Tieren, daß sie Menschen werden“, vielmehr möchte er damit ausdrücken:<br />
„Eure Natur ist nun <strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>e menschliche, Ihr seid menschliche Naturen, d. h. Menschen.<br />
Aber eben weil Ihr das bereits seid, braucht Ihr‘s nicht erst zu werden.“ 5<br />
Aus <strong>ein</strong>em anderen Grund sch<strong>ein</strong>t es <strong>Stirner</strong> auch nicht erstrebenswert, dem Tiere zu gleichen,<br />
denn diese werden „dressiert“ und leisten so „mancherlei Unnatürliches“.<br />
Man war jedoch seit jeher bemüht „alle Menschen zu sittlichen, vernünftigen, frommen,<br />
menschlichen u. dgl. ,Wesen zu bilden‘, d. h. die Dressur“. Diese Bemühungen jedoch<br />
„scheitern an der unbezwinglichen Ichheit, an der eigenen Natur, am Egoismus. Die Abgerichteten<br />
erreichen niemals ihr Ideal und bekennen sich nur mit dem Munde zu den erhabenen<br />
Grundsätzen, oder legen <strong>ein</strong> Bekenntnis, <strong>ein</strong> Glaubensbekenntnis, ab ...<br />
Anders, wenn Du nicht <strong>ein</strong>em Ideal, als d<strong>ein</strong>er ,Bestimmung‘, nachjagst, sondern Dich auflösest,<br />
wie die Zeit alles auflöst. Die Auflösung ist nicht d<strong>ein</strong>e ,Bestimmung‘, weil sie Gegenwart<br />
ist“. 6<br />
[439] Was nun die Dressur, das „Wesen-Bildende“, die Bildung betrifft, so gesteht er <strong>ein</strong>schränkend<br />
<strong>ein</strong>, es hat „die Bildung, die Religiosität der Menschen diese allerdings frei gemacht,<br />
frei aber nur von <strong>ein</strong>em Herrn, um sie <strong>ein</strong>em andern zuzuführen. M<strong>ein</strong>e Begierde habe<br />
Ich durch die Religion bezähmen gelernt, den Widerstand der Welt breche Ich durch die List,<br />
welche Mir von der Wissenschaft an die Hand gegeben wird; selbst k<strong>ein</strong>em Menschen diene<br />
ich: ,Ich bin k<strong>ein</strong>es Menschen Knecht‘. Aber dann kommt‘s: Du mußt Gott mehr gehorchen<br />
als dem Menschen. Ebenso bin Ich zwar frei von der unvernünftigen Bestimmung durch mei-<br />
1 EE 370 f.<br />
2 EE 371.<br />
3 EE 372.<br />
4 EE 372.<br />
5 EE 372.<br />
6 EE 372 f.