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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

ihre Gewaltherrschaft beginnt? Das Christentum sagt: Seht nicht auf irdischen Tand, sondern<br />

sucht euer wahres Wohl, werdet <strong>–</strong> fromme Christen: das Christs<strong>ein</strong> ist das wahre Wohl“. 1<br />

Er schreibt weiters: „Indem der Kommunismus das Wohl Aller proklamiert, vernichtet er gerade<br />

das Wohls<strong>ein</strong> derer, welche seither von ihren Renten lebten und sich dabei wahrsch<strong>ein</strong>lich<br />

wohler befanden, als bei der Aussicht auf die strengen Arbeitsstunden ... Nicht<br />

mehr von den Gebenden, Schenkenden, Liebevollen kommt das Heil, sondern von den Nehmenden,<br />

den An<strong>ein</strong>gnenden (Usurpatoren) ... Der Kommunismus und, bewußt und unbewußt,<br />

der den Egoismus lästernde Humanismus zählt immer noch auf die Liebe.<br />

Ist <strong>ein</strong>mal die Gem<strong>ein</strong>schaft dem Menschen Bedürfnis und findet er sich durch sie in s<strong>ein</strong>en<br />

Absichten befördert, so schreibt sie ihm auch, weil s<strong>ein</strong> Prinzip geworden, sehr bald ihre Gesetze<br />

vor, die Gesetze der <strong>–</strong> Gesellschaft. [424] Das Prinzip der Menschen erhebt sich zur<br />

souveränen Macht über sie, wird ihr höchstes Wesen, ihr Gott, und als solcher <strong>–</strong> Gesetzgeber.<br />

Der Kommunismus gibt diesem Prinzip die strengste Folge, und das Christentum ist die Religion<br />

der Gesellschaft, denn die Liebe ist ... das Wesen des Menschen, d. h. das Wesen der<br />

Gesellschaft oder des gesellschaftlichen (kommunistischen) Menschen. Alle Religion ist <strong>ein</strong>e<br />

Kultus der Gesellschaft, dieses Prinzipes, von welchem der gesellschaftliche (kultivierte)<br />

Mensch beherrscht wird; auch ist k<strong>ein</strong> Gott der ausschließliche Gott <strong>ein</strong>es Ichs, sondern immer<br />

der <strong>ein</strong>er Gesellschaft ...<br />

Somit hat man all<strong>ein</strong> dann Aussicht, die Religion bis auf den Grund zu tilgen, wenn man die<br />

Gesellschaft und alles, was aus diesem Prinzipe fließt, antiquiert. Gerade aber im Kommunismus<br />

sucht dies Prinzip zu kulminieren, da in ihm Alles gem<strong>ein</strong>schaftlich werden soll, zur<br />

Herstellung der <strong>–</strong> ,Gleichheit‘.“ 2<br />

<strong>Stirner</strong> widerstrebt dieser Gleichheitsanspruch in der Gem<strong>ein</strong>schaftlichkeit.<br />

„Ich will aber lieber auf den Eigennutz der Menschen angewiesen s<strong>ein</strong>, als auf ihre<br />

,Liebesdienste‘, ihre Barmherzigkeit, Erbarmen usw. Jener fordert Gegenseitigkeit (wie Du<br />

Mir, so Ich Dir), tut nichts ,umsonst‘, und läßt sich gewinnen und <strong>–</strong> erkaufen. Womit aber<br />

erwerbe Ich Mir den Liebesdienst? Es kommt auf den Zufall an, ob Ich‘s gerade mit <strong>ein</strong>em<br />

,Liebevollen‘ zu tun habe. Der Dienst des Liebreichen läßt sich nur <strong>–</strong> erbetteln ...<br />

N<strong>ein</strong>, die Gem<strong>ein</strong>schaft, als das ‚Ziel‘ der bisherigen Geschichte, ist unmöglich. Sagen Wir<br />

Uns vielmehr von jeder Heuchelei der Gem<strong>ein</strong>schaft los und erkennen Wir, daß, wenn Wir<br />

als Menschen gleich sind, Wir eben nicht gleich sind, weil Wir nicht Menschen sind. Wir<br />

sind nur in Gedanken gleich, nur wenn ,Wir‘ gedacht werden, nicht wie wir wirklich und<br />

leibhaftig sind. Ich bin Ich, und Du bist Ich, aber Ich bin nicht dieses gedachte Ich, sondern<br />

dieses Ich, [425] worin Wir alle gleich sind, ist nur m<strong>ein</strong> Gedanke. Ich bin Mensch und Du<br />

bist Mensch, aber ,Mensch‘ ist nur <strong>ein</strong> Gedanke, <strong>ein</strong>e Allgem<strong>ein</strong>heit; weder Ich noch Du sind<br />

sagbar, Wir sind unaussprechlich, weil nur Gedanken sagbar sind und im Sagen bestehen.<br />

Trachten Wir darum nicht nach der Gem<strong>ein</strong>schaft, sondern nach der Einseitigkeit. Suchen<br />

Wir nicht die umfassendste Gem<strong>ein</strong>de, die ,menschliche Gesellschaft‘, sondern suchen Wir in<br />

den Andern nur Mittel und Organe, die Wir als unser Eigentum gebrauchen! Wie Wir im<br />

Baume, im Tiere nicht Unsersgleichen erblicken, so entspringt die Voraussetzung, daß die<br />

Andern Unsersgleichen seien, aus <strong>ein</strong>er Heuchelei. Es ist K<strong>ein</strong>er M<strong>ein</strong>esgleichen, sondern<br />

gleich allen andern Wesen betrachte Ich ihn als m<strong>ein</strong> Eigentum ... Es ist K<strong>ein</strong>er für Mich <strong>ein</strong>e<br />

Respektsperson, auch der Mitmensch nicht, sondern lediglich wie andere Wesen <strong>ein</strong> Gegenstand,<br />

[...] <strong>ein</strong> brauchbares oder unbrauchbares Subjekt.<br />

Und wenn Ich ihn gebrauchen kann, so verständige Ich wohl und <strong>ein</strong>ige Mich mit ihm,<br />

um durch die Über<strong>ein</strong>kunft m<strong>ein</strong>e Macht zu verstärken und durch gem<strong>ein</strong>same Gewalt<br />

1 EE 345.<br />

2 EE 346 f.

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