Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
h. indem Ihr es nicht <strong>ein</strong>mal wißt und zu schätzen versteht, daß Ihr Verbrecher seid.<br />
[403] Das unverletzliche oder heilige Eigentum ist auf eben diesem Boden gewachsen: es ist<br />
<strong>ein</strong> Rechtsbegriff.<br />
Ein Hund sieht den Knochen in <strong>ein</strong>es andern Gewalt und steht nur ab, wenn er sich zu<br />
schwach fühlt. Der Mensch aber respektiert das Recht des Andern an s<strong>ein</strong>em Knochen. Dies<br />
also gilt für menschlich, jenes für brutal oder ,egoistisch‘.<br />
Und wie hier, so heißt überhaupt dies ,menschlich’, wenn man in Allem etwas Geistiges sieht<br />
(hier das Recht), d. h. alles zu <strong>ein</strong>em Gespenste macht, und sich dazu als zu <strong>ein</strong>em Gespenste<br />
verhält, welches man zwar in s<strong>ein</strong>er Ersch<strong>ein</strong>ung verscheuchen, aber nicht töten kann.<br />
Menschlich ist es, das Einzelne nicht als Einzelnes, sondern als <strong>ein</strong> Allgem<strong>ein</strong>es anzuschauen“.<br />
1<br />
Am Eigentum respektiert man die „Fremdheit“, aber „Wir tragen k<strong>ein</strong>e Scheu, es zu<br />
,erobern‘, und sehen Uns auch nach den Mitteln dazu um. Wir streifen ihm also den Geist der<br />
Fremdheit ab, vor dem Wir uns gefürchtet hatten.<br />
Darum ist es notwendig, daß Ich nicht mehr als Mensch in Anspruch nehme, sondern alles<br />
als Ich, dieser Ich, mithin nichts Menschliches, sondern das M<strong>ein</strong>ige, d. h. nichts, was Mir als<br />
Mensch zukommt, sondern <strong>–</strong> was Ich will und wie Ich‘s will.<br />
Rechtliches oder rechtmäßiges Eigentum <strong>ein</strong>es Andern wird nur dasjenige s<strong>ein</strong>, wovon Dir‘s<br />
recht ist, daß es s<strong>ein</strong> Eigentum sei. Hört es auf, Dir recht zu s<strong>ein</strong>, so hat es für Dich die<br />
Rechtmäßigkeit <strong>ein</strong>gebüßt und das absolute Recht daran wirst Du verlachen“. 2<br />
<strong>Stirner</strong> überträgt nun das bisher Besprochene auf <strong>ein</strong> anders Eigentum, „an welchem Wir uns<br />
noch weit weniger ,versündigen sollen‘. Dies Eigentum besteht in den geistigen Gütern, in<br />
dem ,Heiligtume des Innern‘“. 3<br />
Was <strong>ein</strong>em Menschen heilig ist, damit sollte man k<strong>ein</strong> Gespött treiben, sei dieses Heiligtum<br />
auch noch so unwahr, all<strong>ein</strong> das Heilige daran ist zu ehren.<br />
[404] „Auf den menschlichen Ausdruck gebracht, ist dies Heilige ,der Mensch selbst‘ und<br />
,das Menschliche‘. Bei dem trügerischen Sch<strong>ein</strong>e, als wäre das Menschliche ganz und gar unser<br />
Eigenes und frei von aller Jenseitigkeit, womit das Göttliche behaftet ist, ja als wäre der<br />
Mensch so viel als Ich und Du, kann sogar der stolze Wahn entstehen, daß von <strong>ein</strong>em<br />
,Heiligen‘ nicht länger die Rede sei, und daß Wir Uns nun überall heimisch und nicht mehr<br />
im Unheimlichen, d. h. im Heiligen und in heiligen Schauern fühlten: im Entzücken über den<br />
,endlich gefundenen Menschen‘ wird der egoistische Schmerzensruf überhört und der so traulich<br />
gewordene Spuk unser wahres Ich genommen.<br />
Aber ,Humanus heißt der Heilige‘ (s. Goethe), und das Humane ist nur das geläutertste Heilige.<br />
Umgekehrt spricht der Egoist aus. Darum gerade, weil Du etwas heilig hältst, treibe Ich mit<br />
Dir m<strong>ein</strong> Gespötte und, achtete Ich auch Alles an Dir, gerade d<strong>ein</strong> Heiligtum achte Ich<br />
nicht“. 4<br />
Was nun die „geistigen Güter“ anlangt, so werden „Wir“ an ihnen „im Unterschiede von den<br />
sinnlichen auf <strong>ein</strong>e geistige Weise verletzt, und die Sünde gegen dieselbe besteht in <strong>ein</strong>er direkten<br />
Entheiligung, während gegen die sinnliche <strong>ein</strong>e Entwendung oder Entfremdung stattfindet:<br />
die Güter selbst werden entwertet und entweiht, nicht bloß entzogen, das Heilige wird<br />
unmittelbar gefährdet. Mit dem Worte ,Unehrerbietigkeit‘ oder ‚Frechheit‘ ist Alles bezeichnet,<br />
was gegen die geistigen Güter, d. h. gegen alles, was Uns heilig ist, verbrochen werden<br />
1 EE 309.<br />
2 EE 309 f.<br />
3 EE 310.<br />
4 EE 310 f.