Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
- No tags were found...
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Akt des r<strong>ein</strong>en Selbstbewußts<strong>ein</strong>s; Ich ist nichts anderes als <strong>ein</strong> sich selbst zum Objekt werdendes<br />
Produzieren. <strong>–</strong> Schelling ist <strong>ein</strong>erseits von der Fichteschen Philosophie ausgegangen,<br />
und andererseits macht auch er wie Jacobi zum Prinzip das unmittelbare Wissen, <strong>–</strong> die intelligente<br />
Anschauung, die der Mensch haben müsse und besonders der Philosoph. Der Inhalt<br />
dieser intelligenten Anschauung, was in ihr Gegenstand wird, ist nun auch das Absolute,<br />
Gott, das Anundfürsichseiende, aber als konkret, sich in sich vermittelnd, als die absolute<br />
Einheit des Subjektiven und Objektiven ausgedrückt oder als die abso[38]lute Indifferenz des<br />
Subjektiven und Objektiven.<br />
Die Schellingsche Philosophie macht also den Anfang vom unmittelbaren Wissen, von der<br />
intellektuellen Anschauung; aber das Zweite ist, daß ihr Inhalt nicht mehr das Unbestimmte,<br />
das Wesen der Wesen ist, sondern das Absolute als konkret. Was die Form der intellektuellen<br />
Anschauung anbetrifft ...; es ist die bequemste Manier, die Erkenntnis darauf zu setzen, <strong>–</strong> auf<br />
das, was <strong>ein</strong>em <strong>ein</strong>fällt.<br />
Aber das unmittelbare Wissen von Gott als <strong>ein</strong>em geistigen ist nur für christliche Völker,<br />
nicht für andere, nicht im Bewußts<strong>ein</strong> anderer Völker. Noch zufälliger ersch<strong>ein</strong>t dies unmittelbare<br />
Wissen als intellektuelle Anschauung des Konkreten, näher Identität der Subjektivität<br />
und Objektivität. Indem die Voraussetzung der Philosophie ist, daß die Individuen die unmittelbare<br />
Anschauung von dieser Identität des Subjektiven und Objektiven haben, so ersch<strong>ein</strong>t<br />
die Philosophie in den Individuen als <strong>ein</strong> Kunsttalent, Genie, als ob nur Sonntagskinder sie<br />
hätten. Philosophie aber ist ihrer Natur nach fähig, allgem<strong>ein</strong> zu s<strong>ein</strong>; denn ihr Boden ist das<br />
Denken, und eben dadurch ist der Mensch Mensch. Also das Prinzip ist <strong>ein</strong> schlechthin allgem<strong>ein</strong>es;<br />
wenn aber <strong>ein</strong>e bestimmte Anschauung, Bewußts<strong>ein</strong> gefordert wird, wie das Bewußts<strong>ein</strong><br />
oder die Anschauung der Identität des Subjektiven und Objektiven, so ist dies die<br />
Forderung <strong>ein</strong>es bestimmten, besonderen Denkens.“ 1<br />
Mit der Fichteschen und Schellingschen Philosophie setzt sich Hegel in der Schrift ‚Differenz<br />
des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie in Beziehung auf<br />
R<strong>ein</strong>hold‘s Beiträge zur leichteren Übersicht des Zustandes der Philosophie zu Anfang<br />
des neunzehnten Jahrhunderts‘ näher aus<strong>ein</strong>ander.<br />
Diese Schrift entstand während s<strong>ein</strong>er Zeit in Jena, wohin er auf Rat Schellings kam.<br />
[39] Der Tod des Vaters und <strong>ein</strong>e bescheidene Hinterlassenschaft erlaubten es Hegel daran<br />
zu denken, s<strong>ein</strong>e Stellung als Hauslehrer in Frankfurt aufzugeben und „sich auf die akademische<br />
Laufbahn vorzubereiten“. 2<br />
„Im Briefwechsel zwischen den beiden Freunden war seit 1795 <strong>ein</strong>e längere Pause <strong>ein</strong>getreten;<br />
ganz im Stillen hatte sich das Verhältnis etwas geändert, namentlich im Bewußts<strong>ein</strong> <strong>Hegels</strong>.<br />
Aber Schelling war jetzt der <strong>ein</strong>zige, der etwas für Hegel tun konnte. Am 2. November<br />
1800 schrieb er aus Frankfurt: ,Ich denke, lieber Schelling, <strong>ein</strong>e Trennung mehrerer Jahre<br />
könne mich nicht verlegen machen, um <strong>ein</strong>es partikulären Wunsches willen D<strong>ein</strong>e Gefälligkeit<br />
anzusprechen. M<strong>ein</strong>e Bitte betrifft <strong>ein</strong>ige Adressen in Bamberg, wo ich mich <strong>ein</strong>ige<br />
Zeit aufzuhalten wünsche. Da ich mich endlich imstande sehe, m<strong>ein</strong>e bisherigen Verhältnisse<br />
zu verlassen, so bin ich entschlossen, <strong>ein</strong>e Zeitlang in <strong>ein</strong>er unabhängigen Lage zuzubringen<br />
und sie angefangenen Arbeiten und Studien zu widmen. Ehe ich mich dem literarischen Saus<br />
von Jena anzuvertrauen wage, will ich mich vorher durch <strong>ein</strong>en Aufenthalt an <strong>ein</strong>em dritten<br />
Orte stärken. Bamberg ist mir umso mehr <strong>ein</strong>gefallen, da ich Dich dort anzutreffen hoffte; ich<br />
hör, Du bist wieder nach Jena zurück, und in Bamberg kenne ich k<strong>ein</strong>en Menschen, noch<br />
weiß ich sonst <strong>ein</strong>e Adresse dahin zu bekommen ... ich suche wohlfeile Lebensmittel, m<strong>ein</strong>er<br />
körperlichen Umstände willen <strong>ein</strong> gutes Bier, <strong>ein</strong>ige wenige Bekanntschaften; das übrige<br />
1 Hegel: Werke Bd. 20. S. 427 f.<br />
2 Schröter, K.: Hegel. S. 27.