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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

ne er das S<strong>ein</strong>ige; nur wird der wahre Mensch, der Staat, die menschliche Gesellschaft oder<br />

die Menschheit darauf sehen, daß Jeder nichts anderes zum S<strong>ein</strong>igen mache, als was er als<br />

Mensch, d. h. auf menschliche Weise sich aneignet. Die unmenschliche Aneignung ist die<br />

vom Menschen nicht bewilligte, d. h. sie ist <strong>ein</strong>e ,verbrecherische‘, wie umgekehrt die<br />

menschliche <strong>ein</strong>e ,rechtliche‘, <strong>ein</strong>e auf dem ,Rechtswege‘ erworbene ist.<br />

So spricht man seit der Revolution.“ 1<br />

Da es bei <strong>Stirner</strong> heißt: „M<strong>ein</strong> Eigentum aber ist k<strong>ein</strong> Ding, da dieses <strong>ein</strong>e von Mir unabhängige<br />

Existenz hat; m<strong>ein</strong> eigen ist nur m<strong>ein</strong>e Gewalt. Nicht dieser Baum, sondern m<strong>ein</strong>e Gewalt<br />

oder Verfügung über ihn ist die m<strong>ein</strong>ige“, so versucht er nun Antwort darauf zu finden,<br />

wie „man diese Gewalt nun verkehrterweise“ 2 ausdrückt.<br />

„Man sagt, Ich habe <strong>ein</strong> Recht auf diesen Baum, oder er sei m<strong>ein</strong> rechtliches Eigentum. Erworben<br />

also habe Ich ihn durch Gewalt. Daß die Gewalt fortdauern müsse, damit er auch behauptet<br />

werde, oder besser: daß die Gewalt nicht <strong>ein</strong> für sich Existierendes sei, sondern lediglich<br />

im gewaltigen Ich, in Mir, dem Gewaltigen, Existenz habe, das wird vergessen. Die Gewalt<br />

wird, wie andere m<strong>ein</strong>er Eigenschaften, z. B. die Menschlichkeit, Majestät usw., zu <strong>ein</strong>em<br />

Fürsichseienden erhoben, so daß sie noch existiert, wenn sie längst nicht mehr m<strong>ein</strong>e<br />

Gewalt ist. Derart in <strong>ein</strong> Gespenst verwandelt, ist die Gewalt das <strong>–</strong> Recht. Diese verewigte<br />

Gewalt erlischt selbst mit m<strong>ein</strong>em Tode nicht, sondern wird übertragen oder ,vererbet‘.<br />

Die Dinge gehören nun wirklich nicht Mir, sondern dem Rechte.<br />

Andererseits ist dies weiter nichts, als <strong>ein</strong>e Verblendung. Denn die Gewalt des Einzelnen<br />

wird all<strong>ein</strong> dadurch permanent und <strong>ein</strong> Recht, daß Andere ihre Gewalt mit der s<strong>ein</strong>igen verbinden.<br />

Der Wahn besteht darin, daß sie ihre Gewalt nicht [402] wieder zurückziehen zu<br />

können glauben. Wiederum dieselbe Ersch<strong>ein</strong>ung, daß die Gewalt von Mir getrennt wird. Ich<br />

kann die Gewalt, welche Ich dem Besitzer gab, nicht wieder nehmen. Man hat<br />

,bevollmächtigt‘, hat die Macht weggegeben, hat dem entsagt, sich <strong>ein</strong>es Besseren zu besinnen.<br />

Der Eigentümer kann s<strong>ein</strong>e Gewalt und s<strong>ein</strong> Recht an <strong>ein</strong>e Sache aufgeben, indem er sie verschenkt,<br />

verschleudert u. dgl. Und Wir könnten die Gewalt, welche Wir jenem liehen, nicht<br />

gleichfalls fahren lassen?<br />

Der rechtliche Mensch, der Gerechte, begehrt nichts s<strong>ein</strong> eigen zu nennen, was er nicht ,mit<br />

Recht‘ oder wozu er nicht das Recht hat, also nur rechtmäßiges Eigentum.<br />

Wer soll nun Richter s<strong>ein</strong> und ihm s<strong>ein</strong> Recht zusprechen? Zuletzt doch der Mensch, der ihm<br />

die Menschenrechte erteile: dann kann er in <strong>ein</strong>em unendlich weiteren Sinn ... sagen ... das<br />

Menschliche ist m<strong>ein</strong> Eigentum.“ 3<br />

Nun <strong>–</strong> so m<strong>ein</strong>t <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> er „mag es anstellen, wie er will, von <strong>ein</strong>em Richter kommt er auf<br />

diesem Standpunkte nicht los, und in unserer Zeit sind die mancherlei Richter, welche man<br />

sich erwählt hatte, in zwei todf<strong>ein</strong>dliche Personen gegen<strong>ein</strong>ander getreten, nämlich in den<br />

Gott und den Menschen. Die Einen berufen sich auf das göttliche, die Andern auf das<br />

menschliche Recht oder die Menschenrechte.<br />

Soviel ist klar, daß in beiden Fällen sich der Einzelne nicht selbst berechtigt“. 4<br />

Es ist ihm unter diesen Umständen auch soviel klar, daß es k<strong>ein</strong>e Handlung gibt, „die nicht<br />

<strong>ein</strong>e Rechtsverletzung wäre! ... Es ist nicht Einer unter Euch, der nicht in jedem Augenblicke<br />

<strong>ein</strong> Verbrechen beginge ... Ihr seid allzumal Verbrecher!“ 5<br />

Doch <strong>–</strong> so wendet <strong>Stirner</strong> <strong>ein</strong> <strong>–</strong> „Ihr seid es nur, indem Ihr Alle auf dem Rechtsboden steht, d.<br />

1 EE 306 f.<br />

2 EE 307.<br />

3 EE 307 f.<br />

4 EE 308.<br />

5 EE 308.

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