Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
<strong>Stirner</strong> zweifelt daran, ob dieses angedeutete Szenario im Interesse des Staates liegt.<br />
„Kann <strong>ein</strong>en so sicheren Mut und so kräftiges Selbstgefühl ... wohl der Staat erwecken?<br />
Kann er machen, daß der Mensch sich selbst fühlt, ja darf er auch nur solch Ziel sich stecken?<br />
Kann er wollen, daß der Einzelne s<strong>ein</strong>en Wert erkenne und verwerte? Halten Wir die Doppelfrage<br />
aus<strong>ein</strong>ander und sehen Wir zuerst, ob der Staat so etwas herbeiführen kann. Da die<br />
Einmütigkeit ... erfordert wird, so kann nur diese Einmütigkeit es bewirken, und <strong>ein</strong> Staatsgesetz<br />
würde tausendfach umgangen werden durch die Konkurrenz und insgeheim. Kann er es<br />
aber dulden? Unmöglich kann er dulden, daß die Leute von Andern, als von ihm, <strong>ein</strong>en<br />
Zwang erleiden; er könnte also die Selbsthilfe der <strong>ein</strong>mütigen Ackerknechte gegen diejenigen,<br />
welche sich um geringeren Lohn verdingen wollen, nicht zugeben. Setzen Wir indes, der<br />
Staat gäbe das Gesetz, und alle Ackerknechte wären damit <strong>ein</strong>verstanden, könnte er‘s dann<br />
dulden?<br />
Im ver<strong>ein</strong>zelten Falle <strong>–</strong> ja; all<strong>ein</strong> der ver<strong>ein</strong>zelte Fall ist mehr als das, er ist <strong>ein</strong> prinzipieller.<br />
Es handelt sich dabei um den ganzen Inbegriff der Selbstverwertung des Ichs, also auch s<strong>ein</strong>es<br />
Selbstgefühls gegen den Staat. So weit gehen die Kommunisten mit; aber die Selbstverwertung<br />
richtet sich notwendig, wie gegen den Staat, so auch gegen die Gesellschaft, und<br />
greift damit über das Kommune und Kommunistische hinaus <strong>–</strong> aus Egoismus.“ 1<br />
Der Kommunismus <strong>–</strong> so stellt <strong>Stirner</strong> fest <strong>–</strong> „macht den Grundsatz des Bürgertums, daß Jeder<br />
<strong>ein</strong> Inhaber (,Eigentümer‘) sei, zu <strong>ein</strong>er unumstößlichen Wahrheit, zu <strong>ein</strong>er Wirklichkeit,<br />
indem nun die Sorge um‘s Erlangen aufhört und Jeder von Haus aus hat, was er braucht. In<br />
s<strong>ein</strong>er Arbeits[398]kraft hat er s<strong>ein</strong> Vermögen, und wenn er davon k<strong>ein</strong>en Gebrauch macht,<br />
so ist das s<strong>ein</strong>e Schuld. Das Haschen und Hetzen hat <strong>ein</strong> Ende ... weil mit jeder Arbeitsregung<br />
<strong>ein</strong> zureichender Bedarf in‘s Haus gebracht wird. Jetzt erst ist man wirklicher Inhaber, weil<br />
Einem, was man in s<strong>ein</strong>er Arbeitskraft hat, nicht mehr so entgehen kann, wie es unter der<br />
Konkurrenzwirtschaft jeden Augenblick zu entwischen drohte. Man ist sorgloser und gesicherter<br />
Inhaber. Und man ist dies gerade dadurch, daß man s<strong>ein</strong> Vermögen nicht mehr in <strong>ein</strong>er<br />
Ware, sondern in der eigenen Arbeit, dem Arbeitsvermögen, sucht, also dadurch, daß man<br />
<strong>ein</strong> Lump, <strong>ein</strong> Mensch von nur idealem Reichtum ist“. 2<br />
Den Einzigen kann dies jedoch nicht befriedigen, denn „Ich indes kann Mir an dem Wenigen<br />
nicht genügen lassen, was Ich durch m<strong>ein</strong> Arbeitsvermögen erschwinge, weil m<strong>ein</strong> Vermögen<br />
nicht bloß in m<strong>ein</strong>er Arbeit besteht“. 3<br />
Durch die Erreichung allgem<strong>ein</strong>er Bildung bin Ich befähigt, gewisse Amtsfunktionen (z. B.<br />
Präsident, Minister usw.) auszuüben. „Kann aber auch Jeder diese Ämter bekleiden, so gibt<br />
doch erst die <strong>ein</strong>zige, ihm all<strong>ein</strong> eigene Kraft des Einzelnen ihnen sozusagen Leben und Bedeutung.<br />
Daß es s<strong>ein</strong> Amt nicht wie <strong>ein</strong> ,gewöhnlicher Mensch‘ führt, sondern das Vermögen<br />
s<strong>ein</strong>er Einzigkeit hin<strong>ein</strong>legt, das bezahlt man ihm noch nicht, wenn man ihn überhaupt nur als<br />
Beamten oder Minister bezahlt. Hat er‘s Euch zu Dank gemacht und wollt Ihr diese dankenswerte<br />
Kraft des Einzigen Euch erhalten, so werdet Ihr ihn nicht wie <strong>ein</strong>en bloßen Menschen<br />
bezahlen dürfen, der nur Menschliches verrichtete, sondern als Einen, der Einziges vollbringt.<br />
Tut mit Eurer Arbeit doch desgleichen!<br />
Über m<strong>ein</strong>e Einzigkeit läßt sich k<strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>e Taxe feststellen, wie für das, was Ich als<br />
Mensch tue. Nur über das Letztere kann <strong>ein</strong>e Taxe bestimmt werden.<br />
Setzt also immerhin <strong>ein</strong>e allgem<strong>ein</strong>e Schätzung für menschliche Arbeiten auf, bringt aber eure<br />
Einzigkeit nicht um ihren [399] Verdienst.<br />
Menschliche oder allgem<strong>ein</strong>e Bedürfnisse können durch die Gesellschaft befriedigt<br />
1 EE 302 f.<br />
2 EE 303.<br />
3 EE 303 f.