Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
- No tags were found...
You also want an ePaper? Increase the reach of your titles
YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.
OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
len“. 1<br />
<strong>Stirner</strong> formuliert den Gedanken der „Strafe“ noch weiter aus: „Der Kriminalkodex hat nur<br />
durch das Heilige Bestand und verkommt von selbst, wenn man die Strafe aufgibt. [373] Allerwärts<br />
will man gegenwärtig <strong>ein</strong> neues Strafgesetz schaffen, ohne sich über die Strafe selbst<br />
<strong>ein</strong> Bedenken zu machen. Gerade die Strafe aber muß der Genugtuung den Platz räumen, die<br />
wiederum nicht darauf abzielen kann, dem Rechte oder der Gerechtigkeit genug zu tun, sondern<br />
Uns <strong>ein</strong> Genüge zu verschaffen. Tut Uns Einer, was Wir Uns nicht gefallen lassen wollen,<br />
so brechen Wir s<strong>ein</strong>e Gewalt und bringen die Unsere zur Geltung: Wir befriedigen Uns<br />
an ihm und verfallen nicht in die Torheit, das Recht (den Spuk) befriedigen zu wollen. Nicht<br />
das Heilige soll sich gegen den Menschen wehren, sondern der Mensch gegen den Menschen,<br />
so wie ja auch nicht mehr Gott sich gegen den Menschen wehrt, dem sonst und zum<br />
Teil freilich noch jetzt alle ,Diener Gottes‘ die Hand boten, um den Lästerer zu strafen, wie<br />
sie eben heute noch dem Heiligen ihre Hand leihen.“ 2<br />
Mit sicherm Schritt sieht er den Egoisten in die Zukunft schreiten und sich an aller „Heiligkeit“<br />
vergehen.<br />
„Im Verbrechen hat sich seither der Egoist behauptet und das Heilige verspottet: der Bruch<br />
mit dem Heiligen, oder vielmehr des Heiligen kann allgem<strong>ein</strong> werden. Eine Revolution kehrt<br />
nicht wieder, aber <strong>ein</strong> gewaltiges rücksichtsloses, schamloses, gewissenlosses, stolzes <strong>–</strong><br />
Verbrechen, grollt es nicht in fernen Donnern, und siehst Du nicht, wie der Himmel ahnungsvoll<br />
schweigt und sich trübt?“ 3<br />
Um s<strong>ein</strong>em Ziele näher zu kommen, setzt <strong>Stirner</strong> sich schrittweise über alles ihm noch im<br />
Wege stehende „Heilige“ hinweg.<br />
So beschäftigt ihn zunächst der „Dienst an der Menschheit“. „Wer sich weigert, s<strong>ein</strong>e<br />
Kräfte für so beengte Gesellschaften, wie Familie, Partei, Nation zu verwenden, der sehnt<br />
sich immer noch nach <strong>ein</strong>er würdigeren Gesellschaft und m<strong>ein</strong>t etwa in der ,menschlichen<br />
Gesellschaft‘ oder der [374] ,Menschheit‘ das wahre Liebesobjekt gefunden zu haben, dem<br />
sich zu opfern s<strong>ein</strong>e Ehre ausmache: von nun an ,lebt und dient er der Menschheit‘.<br />
Volk heißt der Körper, Staat der Geist jener herrschenden Person, die seither Mich unterdrückt<br />
hat. Man hat Völker und Staaten dadurch verklären wollen, daß man sie zur<br />
,Menschheit‘ und ,allgem<strong>ein</strong>en Vernunft‘ erweiterte; all<strong>ein</strong> die Knechtschaft würde bei dieser<br />
Ausweitung nur noch intensiver werden ... Neuere Kritiker eifern gegen die Religion, weil sie<br />
Gott, das Göttliche, Sittliche usw. außer dem Menschen setze oder zu etwas Objektivem machen,<br />
wogegen sie eben diese Subjekte vielmehr in den Menschen verlegen. All<strong>ein</strong> in den eigentlichen<br />
Fehler der Religion, dem Menschen <strong>ein</strong>e ,Bestimmung‘ zu geben, verfallen jene<br />
Kritiker nicht minder, indem auch sie ihn göttlich, menschlich u. dgl. wissen wollen: Sittlichkeit,<br />
Freiheit und Humanität usw. sei s<strong>ein</strong> Wesen. Und wie die Religion, so wollte auch die<br />
Politik den Menschen ,erziehen‘, ihn zur Verwirklichung s<strong>ein</strong>es ,Wesens‘, s<strong>ein</strong>er<br />
,Bestimmung‘ bringen, etwas aus ihm machen, nämlich <strong>ein</strong>en ,wahren Menschen’, die <strong>ein</strong>e in<br />
der Form des ,wahren Gläubigen‘, die andere in der des ,wahren Bürgers und Untertanen‘. In<br />
der Tat kommt es auf Eins hinaus, ob man die Bestimmung das Göttliche oder Menschliche<br />
nennt.<br />
Unter Religion und Politik befindet sich der Mensch auf dem Standpunkte des Sollens:<br />
er soll dies und das werden, soll so und so s<strong>ein</strong>. Mit diesem Postulat, diesem Gebote tritt<br />
nicht nur Jeder vor den Andern hin, sondern auch vor sich selbst. Jene Kritiker sagen: Du<br />
sollst <strong>ein</strong> ganzer, <strong>ein</strong> freier Mensch s<strong>ein</strong>. So stehen auch sie in der Versuchung, <strong>ein</strong>e neue<br />
1 EE 266.<br />
2 EE 266 f.<br />
3 EE 267.