18.09.2015 Views

Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

SHOW MORE
SHOW LESS
  • No tags were found...

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

sch<strong>ein</strong>t: Ich m<strong>ein</strong>e, bis zur Separation des Menschen vom Menschen. Das Deutschtum trennt<br />

sich zwar in verschiedene Völker und Stämme ..., aber der Einzelne, welcher die Eigenschaften<br />

hat, <strong>ein</strong> Deutscher zu s<strong>ein</strong>, ist noch so machtlos, wie die ver<strong>ein</strong>zelte Biene. Und doch<br />

können nur Einzelne mit<strong>ein</strong>ander in Ver<strong>ein</strong> treten, und alle Völker-Allianzen und Bünde<br />

sind und bleiben mechanische Zusammensetzungen, weil die Zusammentretenden ...<br />

willenlos sind. Erst mit der letzten Separation endigt die Separation selbst und schlägt<br />

in Ver<strong>ein</strong>igung um.<br />

... Die Deutschen werden aber nur dann <strong>ein</strong>ig werden, d. h. sich ver<strong>ein</strong>igen, wenn sie ihr Bienentum<br />

sowohl als alle Bienenkörbe umstoßen; mit anderen Worten: wenn sie mehr sind als <strong>–</strong><br />

Deutsche; erst dann können sie <strong>ein</strong>en ,Deutschen Ver<strong>ein</strong>‘ bilden. Nicht in ihre Nationalität,<br />

nicht in den Mutterleib müssen sie zurückkehren wollen, um wiedergeboren zu werden, sondern<br />

in sich kehre Jeder <strong>ein</strong>.“ 1<br />

Dieser Exkurs in die damals tagespolitisch relevante Frage des Nationalismus geht durchaus<br />

konform mit s<strong>ein</strong>er Intention hinsichtlich des menschlichen Zusammenlebens und s<strong>ein</strong>er darauf<br />

ausgerichteten weltgeschichtlichen Sicht der Dinge.<br />

Volk, Nation oder besser das „Unpersönliche dessen“, was man als solches bezeichnet,<br />

„leuchtet auch daraus <strong>ein</strong>, daß <strong>ein</strong> Volk, welches s<strong>ein</strong> Ich nach besten Kräften zur Ersch<strong>ein</strong>ung<br />

bringen will, den willenlosen Herrscher an s<strong>ein</strong>e Spitze stellt. Es befindet sich in der Alternative,<br />

entweder <strong>ein</strong>em Fürsten unterworfen zu s<strong>ein</strong>, der nur sich, s<strong>ein</strong> [368] individuelles<br />

Belieben verwirklicht <strong>–</strong> dann erkennt es an dem ,absoluten Herrn’ nicht den eigenen, den sogenannten<br />

Volkswillen <strong>–</strong>, oder <strong>ein</strong>en Fürsten auf den Thron zu setzen, der k<strong>ein</strong>en eigenen<br />

Willen geltend macht <strong>–</strong> dann hat es <strong>ein</strong>en willenlosen Fürsten, dessen Stelle <strong>ein</strong> wohlberechnetes<br />

Uhrwerk vielleicht ebenso gut versähe <strong>–</strong>. Deshalb darf die Einsicht nur <strong>ein</strong>en Schritt<br />

weiter gehen, so ergibt sich selber, daß das Volks-Ich <strong>ein</strong>e unpersönliche ,geistige‘ Macht sei,<br />

das <strong>–</strong> Gesetz. Das Ich des Volkes, dies folgt daraus, ist <strong>ein</strong> <strong>–</strong> Spuk, nicht <strong>ein</strong> Ich. Ich bin nur<br />

dadurch Ich, daß Ich Mich mache, d. h. daß nicht <strong>ein</strong>e Anderer Mich macht, sondern Ich m<strong>ein</strong><br />

eigen Werk s<strong>ein</strong> muß. Wie aber ist es mit jenem Volks-Ich? Der Zufall spielt es dem Volke in<br />

die Hand, der Zufall gibt ihm diesen oder jenen gebornen Herrn, Zufälligkeiten verschaffen<br />

ihm den gewählten; er ist nicht s<strong>ein</strong>, des ‚souveränen‘ Volkes Produkt, wie Ich m<strong>ein</strong> Produkt<br />

bin“. 2<br />

Erklärend fährt <strong>Stirner</strong> weiters fort: „Denke Dir, man wollte Dir <strong>ein</strong>reden, Du wärest nicht<br />

d<strong>ein</strong> Ich, sondern Hans oder Kunz wäre d<strong>ein</strong> Ich! So aber geht’s dem Volke, und ihm mit<br />

Recht. Denn das Volk hat so wenig <strong>ein</strong> Ich, als die ... Planeten zusammengerechnet <strong>ein</strong> Ich<br />

haben, obwohl sie sich um <strong>ein</strong>en gem<strong>ein</strong>samen Mittelpunkt wälzen“. 3<br />

Da das Ich des Volkes für ihn <strong>ein</strong> Spuk ist, <strong>ein</strong> nicht selbst gemachtes, sondern <strong>ein</strong> von anderen<br />

gemachtes, so m<strong>ein</strong>t er, möchte man wie „bei den Griechen ... den Menschen jetzt zu <strong>ein</strong>em<br />

zoon politikon machen, <strong>ein</strong>em Staatsbürger oder politischen Menschen“. 4<br />

Diese Bestrebungen nennt er kurzer Hand „Volksbeglückung“, die man seit der Revolution<br />

anstrebte, „indem man das Volk glücklich, groß u. dgl. macht“. 5<br />

<strong>Stirner</strong> sieht darin <strong>ein</strong> „Unglück“ für den Einzelnen: „Volksglück ist <strong>–</strong> m<strong>ein</strong> Unglück.“ 6<br />

[369] „Wir ... wollen nicht mit dem Volke, der Nation und Nationalität zugleich untergehen,<br />

wollen nicht bloß politische Menschen oder Politiker s<strong>ein</strong>.“ 7<br />

1 EE 253 ff.<br />

2 EE 256.<br />

3 EE 256.<br />

4 EE 257.<br />

5 EE 257.<br />

6 EE 257.<br />

7 EE 257.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!