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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

indem er z. B. dem Sohne aufgibt, s<strong>ein</strong>en Eltern den Gehorsam zu verweigern, sobald sie ihn<br />

zu <strong>ein</strong>em Staatsverbrechen verleiten wollen.<br />

Nun, der Egoist hat die Bande der Familie zerbrochen und am Staate <strong>ein</strong>en Schirmherrn gefunden<br />

gegen den schwer beleidigten Familiengeist. Wohin aber ist er nun geraten? Geradewegs<br />

in <strong>ein</strong>e neue Gesellschaft, worin s<strong>ein</strong>es Egoismus dieselben Schlingen und Netze<br />

warten, denen er soeben entronnen. Denn der Staat ist gleichfalls <strong>ein</strong>e Gesellschaft, nicht <strong>ein</strong><br />

Ver<strong>ein</strong>, er ist die erweiterte Familie. (,Landesvater <strong>–</strong> Landesmutter <strong>–</strong> Landeskinder‘)“ 1<br />

Mit anderen Worten ausgedrückt, hat es nur die Bedeutung, daß der Einzelne das kl<strong>ein</strong>ere<br />

Gefängnis der Familie gegen das größere des Staates vertauscht.<br />

„Was man Staat nennt, ist <strong>ein</strong> Gewebe und Geflecht von Abhängigkeiten und Anhänglichkeiten,<br />

ist <strong>ein</strong>e Zusammengehörigkeit, <strong>ein</strong>e zusammenhalten, wobei die Zusammengeordneten<br />

sich in<strong>ein</strong>ander schicken, kurz gegenseitig von<strong>ein</strong>ander abhängen: er ist die Ordnung dieser<br />

Abhängigkeit.“ 2<br />

[364] Sollte jedoch <strong>ein</strong>mal die Unordnung siegen, vertritt <strong>Stirner</strong> die Ansicht, „so wäre der<br />

Staat erloschen“. 3<br />

Wie ihm in allen Belangen das Eigene als das Wichtigste ersch<strong>ein</strong>t, so will er auch hier Antworten<br />

finden, ob nicht über diesem Ordnungssinn der Eigensinn verloren ginge.<br />

Ob nicht die Ordnung <strong>–</strong> „und diese beste Ordnung heißt eben <strong>–</strong> Staat!“ 4 <strong>–</strong> durch den Eigensinn<br />

gestört, respektive zerstört würde.<br />

„Unsere Gesellschaften und Staaten sind, ohne daß Wir sie machen, sind ver<strong>ein</strong>igt ohne unsere<br />

Verr<strong>ein</strong>igung, sind prädestiniert und bestehen oder haben <strong>ein</strong>en eigenen, unabhängigen<br />

Bestand, sind gegen Uns Egoisten das unauflösliche Bestehende ... Ein Staat ist vorhanden,<br />

auch ohne m<strong>ein</strong> Zutun: Ich werde in ihm geboren, erzogen, auf ihn verpflichtet und muß ihm<br />

,huldigen‘. Er nimmt Mich auf in s<strong>ein</strong>e ,Huld‘, und Ich lebe von s<strong>ein</strong>er ,Gnade‘. So begründet<br />

das selbständige Bestehen des Staates m<strong>ein</strong>e Unselbständigkeit, s<strong>ein</strong>e ,Naturwüchsigkeit‘,<br />

s<strong>ein</strong> Organismus, fordert, daß m<strong>ein</strong>e Natur nicht frei wachse, sondern für ihn zugeschnitten<br />

werde. Damit er naturwüchsig sich entfalten könne, legt er an Mich die Schere der ,Kultur‘;<br />

er gibt Mir <strong>ein</strong>e ihm, nicht Mir, angemessene Erziehung und Bildung, und lehrt Mich z. B.<br />

Die Gesetze respektieren, der Verletzung des Staatseigentums (d. h. Privateigentums) Mich<br />

enthalten, <strong>ein</strong>e Hoheit, göttliche und irdische, verehren usw., kurz er lehrt Mich <strong>–</strong> unsträflich<br />

s<strong>ein</strong>, indem Ich m<strong>ein</strong>e Eigenheit der ,Heiligkeit‘ (heilig ist alles Mögliche, z. B. Eigentum,<br />

Leben der Andern usw.) ,opfere‘. Darin besteht die Art der Kultur und Bildung, welche Mir<br />

der Staat zu geben vermag: er erzieht Mich zu <strong>ein</strong>em ,brauchbaren Werkzeug‘, <strong>ein</strong>em<br />

,brauchbaren Gliede der Gesellschaft‘.<br />

Das muß jeder Staat tun, der Volksstaat so gut wie der absolute oder konstitutionelle. Er muß<br />

es tun, so lange Wir in dem Irrtum stecken, es sei <strong>ein</strong> Ich, als welches er sich denn den Namen<br />

<strong>ein</strong>er ,moralischen, mystischen oder staatlichen Person‘ beilegt.“ 3a<br />

[365] Alles, „was das Prinzip der Sittlichkeit angeht“ ist Staatssache. Er fordert von Mir gewisse<br />

Prinzipien und macht mich für m<strong>ein</strong>e Prinzipien verantwortlich, weil er „das herrschende<br />

Prinzip“ Ist. „Der Staat beträgt sich als derselbe Herrscher wie die Kirche es tat. Diese<br />

ruht auf der Frömmigkeit, jener auf der Sittlichkeit.“ 5<br />

<strong>Stirner</strong> verspürt wohl, daß sich die zivilisierten Staaten durch Toleranz, „dem Freilassen der<br />

entgegengesetzten Richtungen“, auszeichnen, aber diese „gerühmte Toleranz der Staaten ist<br />

1 EE 244 f.<br />

2 EE 245.<br />

3 EE 245.<br />

4 EE 245.<br />

3a EE 246.<br />

5 EE 248.

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