Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
müßte der Staat diesen ausschließen (<strong>ein</strong>sperren, verbannen usw.); hätten Ihn Alle, so schafften<br />
sie den Staat ab. Der Staat ist nicht denkbar ohne Herrschaft und Knechtschaft ...;<br />
denn [352] der Staat muß der Herr s<strong>ein</strong> wollen Aller, die er umfaßt, und man nennt diesen<br />
Willen den ,Staatswillen‘.<br />
Wer, um zu bestehen, auf die Willenlosigkeit Anderer rechnen muß, der ist <strong>ein</strong> Machwerk<br />
dieser Anderen, wie der Herr <strong>ein</strong> Machwerk des Dieners ist. Hörte die Unterwürfigkeit auf, so<br />
wär‘s um die Herrschaft geschehen.<br />
Der eigene Wille M<strong>ein</strong>er ist der Verderber des Staates; er wird deshalb von letzterem als<br />
,Eigenwille‘ gebrandmarkt. Der eigene Wille und der Staat sind todf<strong>ein</strong>dliche Mächte, zwischen<br />
welchen k<strong>ein</strong> ,ewiger Friede‘ möglich ist.“ 1<br />
Dieser Konstellation zufolge, ist es für <strong>Stirner</strong> <strong>ein</strong>deutig klar, daß „jeder Staat ... <strong>ein</strong>e Despotie<br />
[ist], sei nun Einer oder Viele der Despot, oder seien, wie man sich’s wohl von der Republik<br />
vorstellt, Alle die Herren, d. h. despotiere Einer den Andern ... nämlich dann ..., wenn<br />
das jedesmal gegebene Gesetz ... fortan für den Einzelnen Gesetz s<strong>ein</strong> soll, dem er Gehorsam<br />
schuldig ist, oder gegen welches er die Pflicht des Gehorsams hat“. 2<br />
Ändern ließe sich dieser Zustand nur „dadurch, daß Ich k<strong>ein</strong>e Pflicht anerkenne, d. h.<br />
Mich nicht binde oder binden lasse. Habe Ich k<strong>ein</strong>e Pflicht, so kenne Ich auch k<strong>ein</strong> Gesetz“.<br />
3<br />
All<strong>ein</strong> der Staat wird sich dieses nicht gefallen lassen und dich zu binden versuchen.<br />
Aber „M<strong>ein</strong>en Willen kann Niemand binden, und m<strong>ein</strong> Widerwille bleibt frei“. 4<br />
So gibt <strong>Stirner</strong> den Rat, sich vorzusehen, „so wird Dir K<strong>ein</strong>er was tun!“, jedoch wer „d<strong>ein</strong>en<br />
Willen brechen will, der hat‘s mit Dir zu tun und ist d<strong>ein</strong> F<strong>ein</strong>d“. 5<br />
Dieser F<strong>ein</strong>d, der Staat, übt Gewalt.<br />
[353] „Wir pflegen die Staaten nach den verschiedenen Arten, wie ,die höchste Gewalt‘ verteilt<br />
ist, zu klassifizieren. Hat sie <strong>ein</strong> Einzelner <strong>–</strong> Monarchie, Alle <strong>–</strong> Demokratie usw. Also<br />
die höchste Gewalt! Gewalt gegen wen? Gegen den Einzelnen und s<strong>ein</strong>en ,Eigenwillen‘. Der<br />
Staat übt ,Gewalt‘, der Einzelne darf dies nicht. Des Staats Betragen ist Gewalttätigkeit,<br />
und s<strong>ein</strong>e Gewalt nennt er ,Recht‘, die des Einzelnen ,Verbrechen‘.“ 6<br />
Darum trägt <strong>Stirner</strong> „diejenigen, welche Egoisten s<strong>ein</strong> wollen, was sie für egoistischer halten,<br />
sich von Euch Gesetze geben zu lassen, und die gegebenen zu respektieren, oder Widerspenstigkeit,<br />
ja völligen Ungehorsam zu üben“. 7<br />
Soviel ist für ihn klar, daß „aus dem Grundsatz, daß alles Recht und alle Gewalt der Gesamtheit<br />
des Volkes angehöre“, sämtliche Regierungsarten hervorgehen und diese Gesamtheit immer<br />
„über dem Einzelnen“ ist, „und <strong>ein</strong>e Gewalt [hat], welche berechtigt genannt, d. h. welche<br />
Recht ist“. 8<br />
Darum lautet es bei ihm weiter: „Läßt Du dir von <strong>ein</strong>em Andern Recht geben, so mußt Du<br />
nicht minder Dir von ihm Unrecht geben lassen; kommt Dir von ihm die Rechtfertigung und<br />
Belohnung, so erwarte auch s<strong>ein</strong>e Anklage und Strafe. Dem Rechte geht das Unrecht, der Gesetzlichkeit<br />
das Verbrechen zur Seite. Was bist Du? <strong>–</strong> Du bist <strong>ein</strong> <strong>–</strong> Verbrecher!“ 9<br />
Es ist jedoch der Verbrecher nichts „anders, als <strong>ein</strong>er, der das verhängnisvolle Versehen be-<br />
1 EE 214.<br />
2 EE 215.<br />
3 EE 215.<br />
4 EE 215.<br />
5 EE 215 f.<br />
6 EE 216.<br />
7 EE 216.<br />
8 EE 217.<br />
9 EE 219.