Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
,absoluten‘ Ich, Ich aber spreche von Mir, dem vergänglichen Ich.“ 1<br />
Für ihn ist der „Mensch .. nur <strong>ein</strong> Ideal, die Gattung nur <strong>ein</strong> Gedachtes. Ein Mensch s<strong>ein</strong>,<br />
heißt nicht das Ideal des Menschen erfüllen, sondern sich, den Einzelnen, darstellen.<br />
Nicht, wie Ich das allgem<strong>ein</strong> Menschliche realisiere, braucht m<strong>ein</strong>e Aufgabe zu s<strong>ein</strong>, sondern<br />
wie Ich Mir selbst genüge. Ich bin m<strong>ein</strong>e Gattung, bin ohne Norm, ohne Gesetz, ohne Muster<br />
u. dgl. Möglich, daß Ich aus Mir sehr wenig machen kann; dies Wenige ist aber Alles und ist<br />
besser, als was Ich aus Mir machen lasse durch die Gewalt Anderer, durch die Dressur der<br />
Sitte, der Religion, der Gesetze, des Staates usw. ...“ 2<br />
Der Mensch, diese Forderung der Liberalen, die Aufgabe Mensch zu s<strong>ein</strong>, der Mensch als<br />
Ideal erfordert die Abfassung <strong>ein</strong>es „neue[n] Katechismus“.<br />
„Wieder ist das Subjekt dem Prädikate unterworfen, der Einzelne dem Allgem<strong>ein</strong>e; wieder<br />
ist <strong>ein</strong>er Idee die Herrschaft gesichert und zu <strong>ein</strong>er neuen Religion der Grund gelegt. Es ist<br />
dies <strong>ein</strong> Fortschritt im religiösen, und speziell im christlichen Gebiete, k<strong>ein</strong> Schritt über dasselbe<br />
hinaus.<br />
... Mit der Selbstverleugnung beginnt, mit der vollendeten Kritik schließt die Religiosität.<br />
... Der Mensch ist der letzte böse Geist oder Spuk, der täuschendste oder vertrauteste, der<br />
schlaueste Lügner mit ehrlicher Miene, der Vater der Lügen.“ 3<br />
Der Mensch als das „Heilige“ erfährt durch den Egoisten, indem dieser „sich gegen die Anmutungen<br />
und Begriffe der Gegenwart wendet“, unbarmherzig <strong>ein</strong>e „Entheiligung“, denn:<br />
„Nichts ist ihm heilig!“ 4<br />
[347] Dennoch, m<strong>ein</strong>t <strong>Stirner</strong>, wäre es „töricht zu behaupten, es gäbe k<strong>ein</strong>e Macht über der<br />
m<strong>ein</strong>igen. Nur die Stellung, welche Ich Mir zu derselben gebe, wird <strong>ein</strong>e durchaus andere<br />
s<strong>ein</strong>, als sie im religiösen Zeitalter war: Ich werde der F<strong>ein</strong>d jeder höheren Macht s<strong>ein</strong>, während<br />
die Religion lehrt, sie Uns zur Freundin zu machen und demütig gegen sie zu s<strong>ein</strong>“. 5<br />
Ich, der Egoist, der Entheiliger, spanne alle Kraft gegen die Mir aufgebürdete Gottesfurcht,<br />
die in dieser Zeit <strong>ein</strong> anderes Gesicht angenommen hat: „,der Mensch‘ ist der heutige Gott,<br />
und die Menschenfurcht an die Stelle der alten Gottesfurcht getreten.<br />
Weil aber der Mensch nur <strong>ein</strong> anderes höchstes Wesen vorstellt, so ist in der Tat am höchsten<br />
Wesen nichts als <strong>ein</strong>e Metamorphose vor sich gegangen und die Menschenfurcht bloß<br />
<strong>ein</strong>e veränderte Gestalt der Gottesfurcht.“ 6<br />
Aus diesem Grunde fühlt sich <strong>Stirner</strong> zu dem Schluß befleißigt: „Unsere Atheisten sind<br />
fromme Leute.“ 7<br />
In s<strong>ein</strong>er bereits bekannten, sich stets wiederholenden Manier liefert uns <strong>Stirner</strong> auch hier<br />
wieder sowohl <strong>ein</strong>en zusammenfassenden Rückblick, als auch <strong>ein</strong>e Vorschau auf das noch<br />
folgende:<br />
„Trugen Wir in der sogenannten Feudalzeit Alles von Gott zu Lehen, so findet in der liberalen<br />
Periode dasselbe Lehensverhältnis mit dem Menschen statt. Gott war der Herr, ... jetzt<br />
ist‘s der Mensch; Gott war der Geist, jetzt ist‘s der Mensch. In dieser dreifachen Beziehung<br />
hat das Lehnsverhältnis <strong>ein</strong>e Umgestaltung erfahren. Wir tragen jetzt nämlich erstens von<br />
dem allmächtigen Menschen zu Lehen unsere Macht, die, weil sie von <strong>ein</strong>em Höheren<br />
kommt, nicht Macht oder Gewalt, sondern ,Recht‘ heißt: das ,Menschenrecht‘; Wir tragen<br />
ferner von ihm unsere Weltstellung zu Lehen, denn er, der Mittler, vermittelt unsern Verkehr,<br />
1 EE 199.<br />
2 EE 200.<br />
3 EE 201 f.<br />
4 EE 202.<br />
5 EE 202.<br />
6 EE 203.<br />
7 EE 203.