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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Leibhaftigen, sondern den Geist“. 1<br />

Dieses Nichts-weiter-als-den-Mensch-sehen bedeutet für ihn die auf die Spitze getriebene<br />

christliche Anschauungsweise, „wonach <strong>ein</strong>er für den andern nichts als <strong>ein</strong> Begriff ... ist“. 2<br />

Dieser Anschauungsweise liegt <strong>–</strong> s<strong>ein</strong>er Ansicht nach <strong>–</strong> der „minder allgem<strong>ein</strong>e[n] Begriff ...<br />

‚Kinder Gottes‘“ zugrunde, unter dem wir gesammelt werden. Jedoch nicht alle, denn diesem<br />

Begriff ist jener, welcher „die Kinder des Teufels“ heißt, entgegengestellt. Somit schließt die<br />

„Kindschaft Gottes ... gewisse Menschen“ aus. „Dagegen brauchen Wir, um Menschenkinder,<br />

d. h. Menschen zu s<strong>ein</strong>, nichts als zu der Menschengattung zu gehören, brauchen nur Exemplare<br />

derselben Gattung zu s<strong>ein</strong>. Was Ich als dieses Ich bin, das geht Dich als guten Liberalen<br />

nichts an, sondern ist all<strong>ein</strong> m<strong>ein</strong>e Privatsache; genug, daß Wir Kinder <strong>ein</strong> und derselben<br />

Mutter, nämlich der Menschengattung, sind: als ,Menschenkind‘ bin Ich D<strong>ein</strong>esgleichen<br />

... Du siehst in Mir nicht Mich, den Leibhaftigen, sondern <strong>ein</strong> Unwirkliches, den Spuk, d. h.<br />

<strong>ein</strong>en Menschen.“ 3<br />

[341] Für <strong>Stirner</strong> ist <strong>ein</strong>e Variation des „Grundsatz[es] der ,Gleichheit‘“ gegeben, denn indem<br />

„man nun die Gleichheit als Gleichheit des menschlichen Geistes auffaßt, hat man allerdings<br />

<strong>ein</strong>e alle Menschen <strong>ein</strong>schließende Gleichheit entdeckt; denn wer könnte leugnen, daß<br />

Wir Menschen <strong>ein</strong>en menschlichen, d. h. k<strong>ein</strong>en andern Geist als <strong>ein</strong>en menschlichen haben!“<br />

4<br />

Daraus schließt er, daß man nicht weiter als am Anfang des Christentums ist. „Damals sollten<br />

Wir <strong>ein</strong>en göttlichen Geist haben, jetzt <strong>ein</strong>en menschlichen; erschöpfte Uns aber der göttliche<br />

nicht, wie sollte der menschliche ganz das ausdrücken, was Wir sind?“ 5<br />

Die Tatsache, daß Wir Menschen sind, ist ihm „das Geringste an Uns und hat nur Bedeutung,<br />

insofern es <strong>ein</strong>e unserer Eigenschaften, d. h. unser Eigentum ist“. 6<br />

Der Umstand, daß man in jemandem nur den Menschen achtet, ersch<strong>ein</strong>t ihm als <strong>ein</strong>e „sehr<br />

gleichgültige Achtung“ und zwar mit der Begründung, weil man „nur <strong>ein</strong>e m<strong>ein</strong>er Eigenschaften<br />

achtete, nicht Mich“. 7<br />

Demzufolge besteht im Liberalismus „nur die Fortsetzung der alten christlichen Geringachtung<br />

des Ich‘s, ... Statt Mich zu nehmen, wie Ich bin, sieht man lediglich auf m<strong>ein</strong> Eigentum,<br />

m<strong>ein</strong>e Eigenschaften und schließt mit Mir <strong>ein</strong>en ehrlichen Bund, nur um m<strong>ein</strong>es <strong>–</strong> Besitztums<br />

willen; man heiratet gleichsam, was Ich habe, nicht was Ich bin. Der Christ hält sich an m<strong>ein</strong>en<br />

Geist, der Liberale an m<strong>ein</strong>e Menschlichkeit.<br />

Aber ist der Geist, den man nicht als das Eigentum des leibhaftigen Ich’s, sondern als das eigentliche<br />

Ich selbst betrachtet, <strong>ein</strong> Gespenst, so ist auch der Mensch, der nicht als m<strong>ein</strong>e Eigenschaft,<br />

sondern als das eigentliche Ich anerkannt wird, nichts als <strong>ein</strong> Spuk, <strong>ein</strong> Gedanke,<br />

<strong>ein</strong> Begriff“. 8<br />

[342] Mithin bedeutet dies nichts weiter, als, „nachdem der Liberalismus den Menschen proklamiert<br />

hat, ... damit nur die letzte Konsequenz des Christentums vollzogen wurde, und daß<br />

das Christentum in Wahrheit sich von Haus aus k<strong>ein</strong>e andere Aufgabe stellte, als ,den Menschen‘,<br />

den ,wahren Menschen‘ zu realisieren“. 9<br />

Weiters bedeutet dies auch, daß „die menschliche Religion ... nur die letzte Metamor-<br />

1 EE 189.<br />

2 EE 189.<br />

3 EE 189, 190.<br />

4 EE 190.<br />

5 EE 191.<br />

6 EE 191.<br />

7 EE 191.<br />

8 EE 191.<br />

9 EE 192.

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