Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
angesichts des Andern <strong>–</strong> aufgebe, d. h. nachgebe, abstehe, Mich ergebe, also durch Ergebenheit,<br />
Ergebung ... M<strong>ein</strong>e Freiheit wird erst vollkommen, wenn sie m<strong>ein</strong>e <strong>–</strong> Gewalt ist; durch<br />
diese aber höre Ich auf, <strong>ein</strong> bloß Freier zu s<strong>ein</strong>, und werde <strong>ein</strong> Eigner“. 1<br />
In der Gewalt liegt die Wurzel des „Ergreifens“, des sich zu Eigenmachens, der Eigenheit,<br />
denn so läßt <strong>Stirner</strong> verlauten: „Die Gewalt ist <strong>ein</strong>e schöne Sache, und zu vielen Dingen nütze;<br />
denn ,man kommt mit <strong>ein</strong>er Hand voller Gewalt weiter, als mit <strong>ein</strong>em Sack voll Recht‘.<br />
Ihr sehnt Euch nach Freiheit? Ihr Toren! Nähmet Ihr die Gewalt, so käme die Freiheit von<br />
selbst. Seht, wer die Gewalt hat, der ,steht über dem Gesetze‘.“ 2<br />
Mit dem Begriff „Gewalt“ kommt für ihn die ganze Fülle des Wortes Freiheit zu s<strong>ein</strong>er Geltung,<br />
denn „alle Freiheit [ist] wesentlich <strong>–</strong> Selbstbefreiung ... d. h. daß Ich nur so viel Freiheit<br />
haben kann, als Ich durch m<strong>ein</strong>e Eigenheit Mir verschaffe“. 3<br />
[339] Darin <strong>ein</strong>geschlossen liegt auch „der Unterschied zwischen Selbstbefreiung und<br />
Emanzipation (Freisprechung, Freilassung)“. 4<br />
Mit <strong>Stirner</strong>s bildhaften Ausdrücken besetzt, klingt dies so: „... die Freiheit, die man sich<br />
nimmt, also die Freiheit des Egoisten, mit vollen Segeln schifft. Geschenkte Freiheit streicht<br />
sogleich die Segel, sobald Sturm oder <strong>–</strong> Windstille <strong>ein</strong>tritt: sie muß immer <strong>–</strong> gelinde und mittelmäßig<br />
angeblasen werden“. Oder: „Der Freigegebene ist eben nichts als <strong>ein</strong> Freigelassener,<br />
<strong>ein</strong> libertinus, <strong>ein</strong> Hund, der <strong>ein</strong> Stück Kette mitschleppt: er ist <strong>ein</strong> Unfreier im Gewande der<br />
Freiheit, wie der Esel in der Löwenhaut ... der Nicht-Selbstbefreite ist eben <strong>ein</strong> <strong>–</strong> Emanzipierter“.<br />
5 In enger Verbindung mit der Eigenheit steht der Eigennutz. Dieser verfolgt das, „was<br />
Mir, diesem Selbsteigenen oder Selbstangehörigen, nützt“, und zwar dann, wenn „Ich M<strong>ein</strong><br />
eigen bin“ und Andere „Mich [nicht] in der Gewalt haben, sondern Ich Mich selbst“. 6<br />
Zu <strong>ein</strong>er eigennützigen Sache hat der Egoist <strong>ein</strong> anderes Verhältnis, als zu <strong>ein</strong>er Sache, der er<br />
uneigennützig dient. „Ist Mir an <strong>ein</strong>er Sache nicht an und für sich gelegen und begehre Ich sie<br />
nicht nur um ihrer selbst willen, so verlange Ich sie lediglich wegen ihrer Zweckdienlichkeit,<br />
Nützlichkeit, um <strong>ein</strong>es andern Zweckes willen ... Wird nun nicht dem Egoisten jede Sache als<br />
Mittel dienen, dessen letzter Zweck er selber ist, und soll er <strong>ein</strong>e Sache beschützen, die ihm<br />
nichts dient, z. B. der Proletarier den Staat?<br />
Die Eigenheit schließt jedes Eigene in sich ... Die Eigenheit hat aber auch k<strong>ein</strong>en fremden<br />
Maßstab, wie sie denn überhaupt k<strong>ein</strong>e Idee ist, gleich der Freiheit, Sittlichkeit, Menschlichkeit<br />
u. dgl.: sie ist nur <strong>ein</strong>e Beschreibung des <strong>–</strong> Eigners.“ 7<br />
[340]<br />
5. 2. Der Eigner<br />
<strong>Stirner</strong> versucht Antwort auf die Frage zu finden, ob im Liberalismus „Ich zu Mir und dem<br />
M<strong>ein</strong>igen“ 8 komme, jenem „Ich“, dem er soviel Bedeutung beimißt.<br />
S<strong>ein</strong>e Stellung zum Liberalismus bildet <strong>–</strong> wie bereits oben ausgeführt <strong>–</strong> den steten Ausgangspunkt<br />
s<strong>ein</strong>er Gedanken und Zielsetzungen.<br />
So ist es wenig erstaunlich, wenn die Antwort auf die vorangestellte Frage negativ ausfällt,<br />
da der Liberale für „S<strong>ein</strong>esgleichen“ nur „den ,Menschen‘ in dir erblicken kann“ und „er ... in<br />
Dir nicht Dich [sieht], sondern die Gattung, nicht Hans oder Kunz, sondern den Menschen,<br />
nicht den Wirklichen oder Einzigen, sondern d<strong>ein</strong> Wesen oder d<strong>ein</strong>en Begriff, nicht den<br />
1 EE 182 ff.<br />
2 EE 184.<br />
3 EE 184.<br />
4 EE 185.<br />
5 EE 185.<br />
6 EE 187.<br />
7 EE 188.<br />
8 EE 189.