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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Da man sich zur Hauptsache macht, muß man sagen: „Ich bin Mir Alles und ich tue Alles<br />

M<strong>ein</strong>ethalben ... also aus Egoismus oder Eigenheit“. 1<br />

Und dieser Egoismus, diese Eigenheit „... erschuf <strong>ein</strong>e neue Freiheit; denn die Eigenheit ist<br />

die Schöpferin von Allem, wie schon längst die Genialität (<strong>ein</strong>e bestimmte Eigenheit), die<br />

stets Originalität ist, als die Schöpferin neuer weltgeschichtlicher Produktionen angesehen<br />

wird“. 2<br />

Der Kern dieser neuen Schöpfung bin Ich, „der aus allen Verhüllungen erlöst, von allen beengenden<br />

Schalen <strong>–</strong> befreit werden soll“, und was übrig bleibt, das bin nur „Ich und nichts als<br />

Ich“. 3<br />

[337] Dieses „Ich“ wählt man nun „zu Anfang, Mitte und Ende“ und darum bedenkt „das<br />

wohl und entscheidet Euch, ob Ihr auf eure Fahne den Traum der ,Freiheit‘ oder den Entschluß<br />

des ,Egoismus‘, der ,Eigenheit‘ stecken wollt. Die ,Freiheit‘ weckt euren Grimm gegen<br />

Alles, was Ihr nicht seid; der ,Egoismus‘ ruft Euch zur Freude über Euch selbst, zum Selbstgenusse;<br />

die ,Freiheit‘ ist und bleibt <strong>ein</strong>e Sehnsucht, <strong>ein</strong> romantischer Klagelaut, <strong>ein</strong>e christliche<br />

Hoffnung auf Jenseitigkeit und Zukunft; die ,Eigenheit‘ ist <strong>ein</strong>e Wirklichkeit, die von<br />

selbst gerade so viel Unfreiheit beseitigt, als Euch hinderlich den Weg versperrt. Von dem,<br />

was Euch nicht stört, werdet Ihr Euch nicht lossagen wollen, und wenn es Euch zu stören anfängt,<br />

nun so wißt Ihr, daß ,Ihr Euch mehr gehorchen müsset, denn den Menschen‘!<br />

Die Freiheit lehrt nur: Macht Euch los, entledigt Euch alles Lästigen; sie lehrt Euch nicht,<br />

wer Ihr selbst seid. Los, los! so tönt ihr Losungswort, und Ihr, begierig ihrem Rufe folgend,<br />

werdet Euch selbst sogar los, ,verleugnet Euch selbst‘. Die Eigenheit aber ruft Euch zu Euch<br />

selbst zurück, sie spricht: ,Komm zu Dir!‘ Unter der Ägide der Freiheit werdet Ihr Vielerlei<br />

los, aber Neues beklemmt Euch wieder ... Als Eigene seid Ihr wirklich Alles los, und was<br />

Euch anhaftet, das habt Ihr angenommen, das ist eure Wahl und euer Belieben. Der Eigene ist<br />

der geborene Freie, der Freie von Haus aus; der Freie dagegen nur der Freiheitssüchtige, der<br />

Träumer und Schwärmer“. 4<br />

Das „Ich“ mußte den Jahrtausende alten Glauben, zum „Idealisten (,guten Menschen‘) berufen“<br />

zu s<strong>ein</strong>, abschütteln, sich selbst suchen, Egoist werden <strong>–</strong> „<strong>ein</strong> allmächtiges Ich. Oder<br />

deutlicher: Erkennt Euch nur wieder, erkennt nur, was Ihr wirklich seid, und laßt eure heuchlerischen<br />

Bestrebungen fahren, eure törichte Sucht, etwas Anderes zu s<strong>ein</strong>, als Ihr seid.<br />

Heuchlerisch nenne Ich jene, weil Ihr doch alle diese Jahrtausende Egoisten geblieben seid,<br />

aber schlafende, sich selbst betrügende, verrückte Egoisten ...“ 5<br />

[338] Diese somit gewonnene Freiheit <strong>–</strong> m<strong>ein</strong>e Freiheit <strong>–</strong> bedarf der Sicherung gegen die<br />

Welt und dies geschieht „in dem Grade, als Ich Mir die Welt zu eigen mache, d. h. sie für<br />

Mich ,gewinne und <strong>ein</strong>nehme‘, sei es durch welche Gewalt es wolle, durch die der Überredung,<br />

der Bitte, der kategorischen Forderung, ja selbst durch Heuchelei, Betrug usw.; denn<br />

die Mittel, welche Ich dazu gebrauche, richten sich nach dem, was Ich bin. Bin Ich schwach,<br />

so habe Ich nur schwache Mittel, wie die genannten, die aber dennoch für <strong>ein</strong> ziemlich Teil<br />

Welt gut genug sind“. 6<br />

Anders herum verhält es sich demzufolge, wenn ich „stark“ bin.<br />

Bin „Ich“ <strong>ein</strong> „Schwächung aus <strong>–</strong> Gewissen“, weil ich nicht zu oben genannten Mittel greife,<br />

so weiß ich „m<strong>ein</strong>e Freiheit ... schon dadurch geschmälert, daß Ich an <strong>ein</strong>em Andern ... m<strong>ein</strong>en<br />

Willen nicht durchsetzen kann; m<strong>ein</strong>e Eigenheit verleugne Ich, wenn Ich Mich selbst <strong>–</strong><br />

1 EE 179.<br />

2 EE 179 f.<br />

3 EE 180.<br />

4 EE 180 f.<br />

5 EE 181.<br />

6 EE 182.

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