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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Deshalb schreibt er vorausschickend:<br />

„An dem Eingange der neuen Zeit steht der ,Gottmensch‘. Wird sich an ihrem Ausgange nur<br />

der Gott am Gottmenschen verflüchtigen, und kann der Gottmensch wirklich sterben, wenn<br />

nur der Gott an ihm stirbt? Man hat an diese Frage nicht gedacht und fertig zu s<strong>ein</strong> gem<strong>ein</strong>t,<br />

als man das Werk der Aufklärung, die Überwindung des Gottes, in unsern Tagen zu <strong>ein</strong>em<br />

siegreichen Ende führte; man hat nicht gemerkt, daß der Mensch den Gott getötet hat, um nun<br />

<strong>–</strong> ,all<strong>ein</strong>iger Gott in der Höhe‘ zu werden. Das Jenseits außer Uns ist allerdings weggefegt,<br />

und das große Unternehmen der Aufklärer vollbracht; all<strong>ein</strong> das Jenseits in Uns ist <strong>ein</strong> neuer<br />

Himmel geworden und ruft Uns zu erneutem Himmelstürmen auf: der Gott hat Platz machen<br />

müssen, aber nicht Uns, sondern <strong>–</strong> den Menschen. Wie mögt Ihr glauben, daß der Gottmensch<br />

gestorben sei, ehe an ihm außer dem Gott auch der Mensch gestorben ist?“ 1<br />

[333]<br />

5. 1. Die Eigenheit<br />

Wie aus den vorangegangenen Abschnitten wohl <strong>ein</strong>deutig hervorgeht, dreht sich alles um<br />

den Wunsch, das Lechzen nach Freiheit. Wer aber soll diese Freiheit geben, ohne zugleich<br />

<strong>ein</strong>e neue Befangenheit mitzuliefern?<br />

„Sollen die Menschen Dir diese ,Freiheit‘ geben <strong>–</strong>, sollen sie Dir‘s erlauben?“ 2<br />

Diese Frage beantwortet <strong>Stirner</strong> mit <strong>ein</strong>em <strong>ein</strong>deutigen: N<strong>ein</strong>!<br />

Wie aber dann gelangt man zur Freiheit?<br />

„Doch wohl nicht anders, als wenn Du sie zu d<strong>ein</strong>em Eigentum machst!“, lautet die dementsprechende<br />

Antwort, und weiter: „Du willst, wenn Du es recht bedenkst, nicht die Freiheit,<br />

alle ... schönen Sachen zu haben, denn mit der Freiheit dazu hast Du sie noch nicht; Du willst<br />

sie wirklich haben, willst sie d<strong>ein</strong> nennen und als d<strong>ein</strong> Eigentum besitzen. Was nützt Dir auch<br />

<strong>ein</strong>e Freiheit, wenn sie nichts <strong>ein</strong>bringt? Und würdest Du von allem frei, so hättest Du eben<br />

nichts mehr; denn die Freiheit ist inhaltsleer. Wer sie nicht zu benutzen weiß, für den<br />

hat sie k<strong>ein</strong>en Wert, diese unnütze Erlaubnis; wie Ich sie aber benutze, das hängt von<br />

m<strong>ein</strong>er Eigenheit ab.<br />

Ich habe gegen die Freiheit nichts <strong>ein</strong>zuwenden, aber Ich wünsche Dir mehr als Freiheit, Du<br />

müßtest nicht bloß los s<strong>ein</strong>, was Du nicht willst, Du müßtest auch haben, was Du willst, Du<br />

müßtest nicht nur <strong>ein</strong> ,Freier‘, Du müßtest auch <strong>ein</strong> ,Eigner‘ s<strong>ein</strong>.“ 3<br />

Frei bedeutet für <strong>Stirner</strong> immer die Freiheit von etwas, das Abschütteln <strong>ein</strong>er Schranke.<br />

[334] Aber der „Drang nach Freiheit als nach etwas Absolutem ... brachte Uns um die Eigenheit:<br />

er schuf die Selbstverleugnung. Je freier Ich indes werde, desto mehr Zwang türmt<br />

sich vor m<strong>ein</strong>en Augen auf, desto ohnmächtiger fühle Ich Mich ... In dem Maße als Ich Mir<br />

Freiheit erringe, schaffe Ich Mir neue Grenzen und neue Aufgaben ... deren Rätselhaftigkeit<br />

m<strong>ein</strong>en Fortschritt hemmt, m<strong>ein</strong>e freien Blick verdüstert, die Schranken m<strong>ein</strong>er Freiheit Mir<br />

schmerzlich fühlbar macht ... Frei s<strong>ein</strong> von etwas <strong>–</strong> heißt nur: ledig oder los s<strong>ein</strong> . .. Im ,los‘<br />

vollenden Wir die vom Christentum empfohlene Freiheit, im sündlos, gottlos, sittenlos usw.<br />

Freiheit ist die Lehre des Christentums“. 4<br />

Auch wenn sich die Freiheit als Ideal des Christentum herausstellt, muß man sie deswegen<br />

nicht aufgeben, sie soll nur „unser eigen werden“ 5 , was sie jedoch in dieser Form nicht werden<br />

kann.<br />

Im „eigen werden“ sieht <strong>Stirner</strong> den Unterschied zwischen Freiheit und Eigentum.<br />

„Gar vieles kann man loswerden, Alles wird man doch nicht los; von Vielem wird man frei,<br />

1 EE 170.<br />

2 EE 171.<br />

3 EE 171 f.<br />

4 EE 172 f.<br />

5 EE 173.

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