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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

m<strong>ein</strong> Eigentum Mir sichere, und um es zu sichern, nehme Ich’s jederzeit in Mich zurück,<br />

vernichte in ihm jede Regung nach Selbständigkeit, und verschlinge es, ehe sich‘s fixieren<br />

und zu <strong>ein</strong>er ,fixen Idee‘ oder <strong>ein</strong>er ,Sucht‘ werden kann.<br />

Das tue Ich aber nicht um m<strong>ein</strong>es ,menschlichen Berufes‘ willen, sondern weil Ich Mich dazu<br />

berufe ... Ich habe k<strong>ein</strong>en Beruf, und folge k<strong>ein</strong>em, auch nicht dem, Mensch zu s<strong>ein</strong>.“ 1<br />

In all diesem ist <strong>Stirner</strong>s Intention bereits enthalten und so wendet er, nachdem „durch den<br />

Liberalismus ,der Mensch‘ frei geworden, den Blick wieder auf Mich zurück und gestehe<br />

Mir‘s offen: Was der Mensch gewonnen zu haben sch<strong>ein</strong>t, das habe nur Ich gewonnen“. 2<br />

Bevor <strong>Stirner</strong> diesen Schritt jedoch unternimmt, zieht er noch <strong>ein</strong> Resümee über die sogenannten<br />

„Freien“.<br />

[327] „Der Mensch ist frei, wenn ,der Mensch dem Menschen das höchste Wesen ist‘.<br />

Also gehört es zur Vollendung des Liberalismus, daß jedes andere höchste Wesen vernichtet,<br />

die Theologie durch die Anthropologie umgeworfen, der Gott und s<strong>ein</strong>e Gnade<br />

verlacht, der ,Atheismus‘ allgem<strong>ein</strong> werde.<br />

Der Egoismus des Eigentums hat s<strong>ein</strong> Letztes <strong>ein</strong>gebüßt, wenn auch das ,M<strong>ein</strong> Gott‘<br />

sinnlos geworden ist; denn Gott ist nur, wenn ihm das Heil des Einzelnen am Herzen<br />

liegt, wie dieser in ihm s<strong>ein</strong> Heil sucht.<br />

Der politische Liberalismus hob die Ungleichheit der Herren und Diener auf, er machte<br />

herrenlos, anarchisch. Der Herr wurde nun vom Einzelnen, dem ,Egoisten‘ entfernt, um<br />

<strong>ein</strong> Gespenst zu werden: das Gesetz oder der Staat. Der soziale Liberalismus hebt die<br />

Ungleichheit des Besitzes, der Armen und Reichen auf, und macht besitzlos oder eigentumslos.<br />

Das Eigentum wird dem Einzelnen entzogen und der gespenstischen Gesellschaft<br />

überantwortet. Der humane Liberalismus macht gottlos, atheistisch. Deshalb<br />

muß der Gott des Einzelnen, ,m<strong>ein</strong> Gott‘, abgeschafft werden. Nun ist zwar die Herrenlosigkeit<br />

zugleich Gottlosigkeit, Besitzlosigkeit zugleich Sorglosigkeit, und Gottlosigkeit<br />

zugleich Vorurteilslosigkeit, denn mit dem Herrn fällt der Diener weg, mit dem Besitz<br />

die Sorge um ihn, mit dem festgewurzelten Gott das Vorurteil; da aber der Herr als<br />

Staat wieder aufersteht, so ersch<strong>ein</strong>t der Diener als Untertan wieder, da der Besitz zum<br />

Eigentum der Gesellschaft wird, so erzeugt sich die Sorge von neuem als Arbeit, und da<br />

der Gott als Mensch zum Vorurteil wird, so entsteht <strong>ein</strong> neuer Glaube, der Glaube an<br />

die Menschheit oder Freiheit. Für den Gott des Einzelnen ist nun der Gott Aller, nämlich<br />

,der Mensch‘ erhöht worden; ,es ist ja Unser Aller Höchstes, Mensch zu s<strong>ein</strong>.‘ Da<br />

aber Niemand ganz das werden kann, was die Idee ,Mensch‘ besagt, so bleibt der<br />

Mensch dem Einzelnen <strong>ein</strong> erhabenes Jenseits, <strong>ein</strong> unerreichtes höchstes Wesen, <strong>ein</strong><br />

Gott. Zugleich aber ist dieser der ,wahre Gott‘, weil er Uns völlig adäquat, nämlich Unser<br />

eigenes ,Selbst‘ ist: Wir selbst, aber von uns getrennt und über Uns erhaben.“ 3<br />

[328] An dieser Stelle sei noch <strong>ein</strong> <strong>Stirner</strong>’s Werk betreffender Zusatz angefügt. So schreibt<br />

J. H Mackay:<br />

„Die Beurtheilung des Liberalismus war abgeschlossen, <strong>Stirner</strong>‘s Werk aber noch nicht erschienen,<br />

als die ,Kritik‘ <strong>ein</strong>en weiteren Schritt vorwärts that und ihn veranlasste, s<strong>ein</strong>en Betrachtungen<br />

<strong>ein</strong>e Anmerkung anzuhängen, um sich in ihr auch noch mit dem letzten Funde zu<br />

beschäftigen.“ 4<br />

<strong>Stirner</strong> selbst gesteht, daß „die Kritik ... rastlos vorwärts [dringt] und ... es dadurch notwendig<br />

[macht], ... jetzt, nachdem m<strong>ein</strong> Buch zu Ende geschrieben ist, noch <strong>ein</strong>mal auf sie zu-<br />

1 EE 157.<br />

2 EE 158.<br />

3 EE 158 f.<br />

4 Mackay: <strong>Stirner</strong>. S. 141.

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