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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Willkür, k<strong>ein</strong> Befehl oder Ordonnanz!<br />

Zweitens: Der Einzelne hat nichts Menschliches, darum gilt k<strong>ein</strong> M<strong>ein</strong> und D<strong>ein</strong> oder Eigentum.<br />

Drittens: Da der Einzelne weder Mensch ist noch Menschliches hat, so soll er überhaupt<br />

nicht s<strong>ein</strong>, soll als <strong>ein</strong> Egoist, mit s<strong>ein</strong>em Egoistischen durch die Kritik vernichtet werden, um<br />

dem Menschen, ,dem jetzt erst gefundenen Menschen‘ Platz machen.“ 1<br />

[321] Entsprechend dieser drei erwähnten Wandlungen bedeutet dies für den politischen Liberalismus,<br />

daß dieser „dem Einzelnen Alles zu[spricht], was ihm als ,Mensch von Geburt‘,<br />

... zukommt, wohin denn Gewissensfreiheit, Besitz, usw., kurz die ‚Menschenrechte‘ gerechnet<br />

werden ...“; für den „Sozialismus“ (sozialer Liberalismus), daß er „dem Einzelnen [vergönnt],<br />

was ihm als tätigem Menschen, als ,arbeitendem‘ Menschen zukommt ...“ und<br />

schlußendlich den humanen Liberalismus, der „dem Einzelnen [gibt], was er als ,Mensch‘<br />

hat, d. h. Alles, was der Menschheit gehört. Mithin hat der Einzige gar nichts, die<br />

Menschheit Alles, und es wird die Notwendigkeit der im Christentum gepredigten<br />

,Wiedergeburt‘ unzweideutig und in vollkommensten Maße gefordert. Werde <strong>ein</strong>e neue<br />

Kreatur, werde ,Mensch‘!“ 2<br />

Dieser neuen „Schöpfung“ <strong>–</strong> ich will es <strong>ein</strong>mal so nennen <strong>–</strong> gebührt nun Alles.<br />

Ihm „gehört die Herrschaft“, deshalb darf „k<strong>ein</strong> Einzelner Herr s<strong>ein</strong>, sondern der Mensch ist<br />

der Herr der Einzelnen“; s<strong>ein</strong> ist „das Reich, d. h. die Welt“, der Mensch gebietet über „die<br />

Welt als Eigentum“; „dem Menschen gebührt von Allem der Ruhm, die Verherrlichung oder<br />

,Herrlichkeit‘ (Doxa), denn der Mensch oder die Menschheit ist der Zweck des Einzelnen, für<br />

den er arbeitet, denkt, lebt, und zu dessen Verherrlichung er ,Mensch‘ werden muß“. 3<br />

Bisher suchten die Menschen nach <strong>ein</strong>er Gem<strong>ein</strong>schaft, in der ihre Ungleichheiten unwesentlich<br />

wurden; sie strebten nach Ausgleichung, also Gleichheit.<br />

Für <strong>Stirner</strong> aber bedeutet die nunmehrige Bestrebung, daß es für die Menschen nichts „Gem<strong>ein</strong>schaftlicheres<br />

oder Gleicheres“ geben kann, „als den Menschen selbst“, jedoch „unter<br />

dieser Gem<strong>ein</strong>schaft ... wird der Verfall und das Zerfallen am schreiendsten“, denn jetzt „...<br />

steht der Mensch gegen die Menschen, oder, da die Menschen nicht der Mensch sind, so steht<br />

der Mensch gegen den Unmenschen“. 4<br />

[322] <strong>Stirner</strong>s weltgeschichtlicher Konzeption zufolge ändern sich nur die Aussprüche.<br />

Hieß es vormals „Gott ist Mensch geworden“, so lautet der Satz nun: „Der Mensch ist Ich<br />

geworden ... Dies ist das menschliche Ich.“ 5<br />

<strong>Stirner</strong> will diesen Satz jedoch umkehren und sagen: „Ich habe Mich nicht finden können,<br />

solange Ich Mich als Mensch suchte.“ 6<br />

Bei dem Versuch, den Menschen zu „verwirklichen“, geht der humane Liberalismus <strong>–</strong> so<br />

m<strong>ein</strong>t <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> „radikal zu Werke. Wenn Du aber nur in Einem Punkte etwas Besonderes<br />

s<strong>ein</strong> oder haben willst, wenn Du auch nur Ein Vorrecht vor Andern Dir bewahren, nur Ein<br />

Recht in Anspruch nehmen willst, das nicht ,allgem<strong>ein</strong>es Menschenrecht‘ ist, so bist Du <strong>ein</strong><br />

Egoist“. 7<br />

<strong>Stirner</strong> kommt dieser Vorwurf der Humanen sehr gelegen, denn:<br />

„Ich will nichts Besonderes vor Andern haben oder s<strong>ein</strong>, Ich will k<strong>ein</strong> Vorrecht gegen sie beanspruchen,<br />

aber <strong>–</strong> Ich messe Mich auch nicht an Andern, und will überhaupt k<strong>ein</strong> Recht ha-<br />

1 EE 150 f. <strong>–</strong> Hervorhebungen ab „Drittens“ vom Autor der Diss.<br />

2 EE 151.<br />

3 EE 151.<br />

4 EE 151 f.<br />

5 EE 152.<br />

6 EE 152.<br />

7 EE 152.

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