Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
- No tags were found...
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
zelnen arbeitet, sondern Schranken hinweghebt, in denen die Menschheit <strong>ein</strong>gepreßt ist, Vorurteile<br />
zerstreut, Hemmnisse überwindet, kurz, Wahrheiten entdeckt, „welche für Alle und alle<br />
Zeit durch ihn gefunden werden“ 1 und er weiß, daß die Entdeckung dieser Wahrheiten für<br />
den anderen Menschen nützlich s<strong>ein</strong> können und so behält er sie nicht für sich, sondern teilt<br />
sie mit.<br />
„... aber wenn er auch das Bewußts<strong>ein</strong> hat, daß s<strong>ein</strong>e Mitteilung für den Andern höchst wertvoll<br />
sei, so hat er doch s<strong>ein</strong>e [317] Wahrheit k<strong>ein</strong>esfalls um der Andern willen gesucht und<br />
gefunden, sondern um s<strong>ein</strong>etwillen, weil ihn selbst danach verlangte ...<br />
Er arbeitet also um s<strong>ein</strong>etwillen und zur Befriedigung s<strong>ein</strong>es Bedürfnisses. Daß er damit<br />
auch Andern, ja der Nachwelt nützlich war, nimmt s<strong>ein</strong>er Arbeit den egoistischen Charakter<br />
nicht.“ 2<br />
<strong>Stirner</strong> bezieht sich dabei auf die geistige Form der Arbeit und stellt dabei dies Form als all<strong>ein</strong><br />
menschliche in Frage: „... wenn doch auch er nur s<strong>ein</strong>etwegen arbeitete, warum wäre s<strong>ein</strong>e<br />
Tat menschlich, die der Andern unmenschlich, d. h. egoistisch? Etwa darum, weil dieses<br />
Buch, Gemälde, Symphonie usw. die Arbeit s<strong>ein</strong>es ganzen Wesens ist, weil er s<strong>ein</strong> Bestes getan,<br />
sich ganz hin(<strong>ein</strong>)gelegt hat und ganz daraus zu erkennen ist, während das Werk <strong>ein</strong>es<br />
Handwerkers nur den Handwerker, d. h. die Handwerksfertigkeit, nicht ‚den Menschen‘ abspiegelt?<br />
In s<strong>ein</strong>en Dichtungen haben wir den ganzen Schiller, in so und so viel hundert Öfen<br />
haben Wir dagegen nur den Ofensetzer vor Uns, nicht ,den Menschen‘.<br />
Heißt dies aber mehr als: in dem <strong>ein</strong>en Werk seht Ihr Mich möglichst vollständig, in dem andern<br />
nur m<strong>ein</strong>e Fertigkeit? Bin Ich es nicht wiederum, den die Tat ausdrückt? Und ist es nicht<br />
egoistisch, sich der Welt in <strong>ein</strong>em Werke darzubieten, sich auszuarbeiten und zu gestalten, als<br />
hinter s<strong>ein</strong>er Arbeit sich zu verstecken? Du sagst freilich, Du offenbarest den Menschen. All<strong>ein</strong><br />
der Mensch, den Du offenbarst, bist Du; Du offenbarst nur Dich, jedoch mit dem Unterschiede<br />
vom Handwerker, daß dieser sich nicht in Eine Arbeit zusammenzupressen versteht,<br />
sondern, um als er selbst erkannt zu werden, in s<strong>ein</strong>en sonstigen Lebensbeziehungen aufgesucht<br />
werden muß, und daß d<strong>ein</strong> Bedürfnis, durch dessen Befriedigung jenes Werk zu Stande<br />
kam, <strong>ein</strong> <strong>–</strong> theoretisches war.“ 3<br />
[318] Sollte dieser „ruhelose Geist“ erwidern, daß er <strong>ein</strong>en „würdigern, höheren, größeren<br />
Menschen“ offenbare, „<strong>ein</strong>en Menschen, der mehr Mensch sei, als jener Andere“, so gäbe<br />
ihm <strong>Stirner</strong> zur Anwort: „Ich will annehmen, daß Du das Menschenmögliche vollführest, daß<br />
Du zu Stande bringest, was k<strong>ein</strong>em Andern gelingt. Worin besteht denn d<strong>ein</strong>e Größe? Gerade<br />
darin, daß du mehr bist als andere Menschen (die ,Masse‘), mehr bist, als Menschen gewöhnlich<br />
sind, mehr als ,gewöhnliche Menschen‘, gerade in d<strong>ein</strong>er Erhabenheit über den Menschen.<br />
Vor andern Menschen zeichnest Du Dich nicht dadurch aus, daß Du Mensch bist, sondern<br />
weil Du <strong>ein</strong> ,<strong>ein</strong>ziger‘ Mensch bist. Du zeigst wohl, was <strong>ein</strong> Mensch leisten kann, aber<br />
weil Du, <strong>ein</strong> Mensch, das leistest, darum können Andere, auch Menschen, es noch k<strong>ein</strong>eswegs<br />
leisten: Du hast es nur als <strong>ein</strong>ziger Mensch verrichtet und bist darin <strong>ein</strong>zig.<br />
Nicht der Mensch macht d<strong>ein</strong>e Größe aus, sondern Du erschaffst sie, weil Du mehr bist,<br />
als Mensch, und gewaltiger, als andere <strong>–</strong> Menschen.<br />
Man glaubt nicht mehr s<strong>ein</strong> zu können, als Mensch. Vielleicht kann man nicht weniger<br />
s<strong>ein</strong>!“ 4<br />
Diese Antwort b<strong>ein</strong>haltet bereits die Tendenz von <strong>Stirner</strong>s eigentlicher Intention.<br />
Noch setzt er sich jedoch mit den verschiedenen Formen des Liberalismus, dem „Streit der<br />
1 EE 145.<br />
2 EE 145.<br />
3 EE 145 f.<br />
4 EE 146 f.