Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
Somit richtet sich die ,Kritik‘ des humanen Liberalismus in erster Linie gegen den sozialen<br />
Liberalismus und alle s<strong>ein</strong>e Prinzipien.<br />
Eines dieser Prinzipien ist jenes der „Arbeit“ und so lautet s<strong>ein</strong>e Kritik:<br />
„Schreibt Dir die Gesellschaft D<strong>ein</strong>e Tätigkeit vor, so ist diese zwar vom Einfluß der Einzelnen,<br />
d. h. der Egoisten frei, aber es braucht darum noch k<strong>ein</strong>e r<strong>ein</strong> menschliche Tätigkeit, und<br />
Du noch nicht <strong>ein</strong> völliges Organ der Mensch[315]heit zu s<strong>ein</strong>. Welcherlei Tätigkeit die Gesellschaft<br />
... fordert ... bleibt ja noch zufällig ... Du arbeitest wirklich nur ... um des lieben Lebens<br />
willen, nicht zur Verherrlichung der Menschheit. Mithin ist die freie Tätigkeit erst dann<br />
erreicht, wenn Du Dich von allen Dummheiten frei machst, von allem Nichtmenschlichen, d.<br />
h. Egoistischen ... Dich befreist, alle den Menschen oder die Menschheits-Idee verdunkelnden,<br />
unwahren Gedanken auflösest, kurz, wenn Du nicht bloß ungehemmt bist in D<strong>ein</strong>er Tätigkeit,<br />
sondern auch der Inhalt D<strong>ein</strong>er Tätigkeit nur Menschliches ist, und Du nur für die<br />
Menschheit lebst und wirkst. Das ist aber nicht der Fall, solange das Ziel d<strong>ein</strong>es Strebens nur<br />
d<strong>ein</strong>e und Aller Wohlfahrt ist: was Du für die Lumpengesellschaft tust, das ist für die<br />
,menschliche Gesellschaft‘ noch nichts getan.“ 1<br />
Und weiter:<br />
„Das Arbeiten all<strong>ein</strong> macht Dich nicht zum Menschen ..., sondern es kommt darauf an, wer<br />
Du, der Arbeitende, bist. Arbeiten ... muß <strong>ein</strong>e die Menschheit fördernde, auf das Wohl der<br />
Menschheit berechnete, der geschichtlichen, d. h. menschlichen Entwicklung dienende, kurz<br />
<strong>ein</strong>e humane Arbeit s<strong>ein</strong>. Dazu gehört zweierlei, <strong>ein</strong>mal daß sie der Menschheit zu Gute<br />
komme, zum Andern, daß sie von <strong>ein</strong>em ,Menschen‘ ausgehe. Das Erstere all<strong>ein</strong> kann bei jeder<br />
Arbeit der Fall s<strong>ein</strong> ...; das Zweite erfordert, daß der Arbeitende den menschlichen Zweck<br />
s<strong>ein</strong>er Arbeit wisse, und da er dies Bewußts<strong>ein</strong> nur haben kann, wenn er sich als Mensch<br />
weiß, so ist die entscheidende Bedingung das <strong>–</strong> Selbstbewußts<strong>ein</strong>.“ 2 In der kommunistischen<br />
Gesellschaft <strong>–</strong> so lautet die Kritik <strong>–</strong> ist der Mensch durch s<strong>ein</strong>e Arbeit nicht befriedigt, „statt<br />
dessen befriedigt sie die Gesellschaft; die Gesellschaft müßte ihn [den Arbeiter] als Menschen<br />
behandeln, und sie behandelt ihn als <strong>–</strong> lumpigen Arbeiter ...<br />
Arbeit und Gesellschaft sind ihm nur nütze, nicht wie er als Mensch, sondern wie er als<br />
,Egoist‘ ihrer bedarf“. 3<br />
[316] Der humane Liberalismus, der der Arbeit gleichfalls bedarf, will diese „in vollstem<br />
Maße“ und behauptet: „Wir wollen sie nicht, um Muße zu gewinnen, sondern um in ihr selber<br />
alle Genugtuung zu finden. Wir wollen die Arbeit, weil sie unsere Selbstentwicklung ist.<br />
Aber die Arbeit muß dann auch darnach s<strong>ein</strong>! Es ehrt den Menschen nur die menschliche, die<br />
selbstbewußte Arbeit, nur die Arbeit, welche k<strong>ein</strong>e ,egoistische‘ Absicht, sondern den Menschen<br />
zum Zwecke hat, und die Selbstoffenbarung des Menschen ist, so daß es heißen muß:<br />
labora, ergo sum, Ich arbeite, d. h. Ich bin Mensch. Der Humane will die alle Materie verbreitende<br />
Arbeit des Geistes, den Geist, der k<strong>ein</strong> Ding in Ruhe oder in s<strong>ein</strong>em Bestande läßt, der<br />
sich bei nichts beruhigt, alles auflöst, jedes gewonnene Resultat von neuem kritisiert. Dieser<br />
ruhelose Geist ist der wahre Arbeiter, er vertilgt die Vorurteile, zerschmettert die Schranken<br />
und Beschränktheiten, und erhebt den Menschen über Alles, was ihn beherrschen möchte, indes<br />
der Kommunist nur für sich, und nicht <strong>ein</strong>mal frei, sondern aus Not arbeitet, kurz <strong>ein</strong>en<br />
Zwangsarbeiter vorstellt.“ 4<br />
Diese Art von Arbeiter „lebt und arbeitet für die Menschheit“. 5<br />
<strong>Stirner</strong> wendet jedoch <strong>ein</strong>, daß dieser Arbeiter, dieser ruhelose Geist, zwar nicht für den Ein-<br />
1 EE 142 f.<br />
2 EE 143.<br />
3 EE 144.<br />
4 EE 144 f.<br />
5 EE 145.