Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
che für menschlich auszugeben“. 1<br />
Er wird „das imperatorische Postulat“ aufstellen: „Wirf alles Aparte von Dir, kritisiere<br />
es weg! Sei nicht Jude, nicht Christ usw., sondern sei Mensch, nichts als Mensch! Mach<br />
d<strong>ein</strong>e Menschlichkeit gegen jede beschränkende Bestimmung geltend, mach Dich mittels ihrer<br />
zum Menschen und von jenen Schranken frei, mach Dich zum ,freien Menschen‘, [313]<br />
d. h. erkenne die Menschlichkeit als d<strong>ein</strong> alles bestimmendes Wesen.“ 2<br />
Diesem Postulat hält <strong>Stirner</strong> entgegen, daß das alles Ideen sind, nach denen der Leibhaftige<br />
sucht. Statt dessen wäre es besser zu sagen: „Ich bin Mensch! Ich brauche den Menschen<br />
nicht erst in Mir herzustellen, denn er gehört Mir schon, wie alle m<strong>ein</strong>e Eigenschaften.“<br />
3<br />
Wie der Bürger den Staat, der Arbeiter die Gesellschaft, so erstrebt der Humane die<br />
„menschliche[n] Gesellschaft“.<br />
In ihr „... soll überhaupt nichts Anerkennung finden, was Einer oder der Andere ,Besonderes‘<br />
hat, nichts Wert haben, was den Charakter des ,Privaten‘ trägt. Auf diese Weise rundet sich<br />
der Kreis des Liberalismus, der an dem Menschen und der menschlichen Freiheit s<strong>ein</strong> gutes,<br />
an dem Egoisten und allem Privaten s<strong>ein</strong> böses Prinzip, an jenem s<strong>ein</strong>en Gott, an diesem s<strong>ein</strong>en<br />
Teufel hat, vollständig ab, und verlor im ,Staate‘ die besondere oder private Person ihren<br />
Wert ..., büßt in der ,Arbeiter- oder Lumpen-Gesellschaft‘ das besondere (private) Eigentum<br />
s<strong>ein</strong>e Anerkennung <strong>ein</strong>, so wird in der ,menschlichen Gesellschaft‘ alles Besondere oder Private<br />
außer Betracht kommen, und wenn die ,r<strong>ein</strong>e Kritik’ ihre schwere Arbeit vollführt haben<br />
wird, dann wird man wissen, was alles privat ist, und was man ,in s<strong>ein</strong>es Nichts durchbohrendem<br />
Gefühle‘ wird <strong>–</strong> stehen lassen müssen.<br />
Weil dem humanen Liberalismus Staat und Gesellschaft nicht genügt, negiert er beide<br />
und behält sie zugleich. So heißt es <strong>ein</strong>mal, die Aufgabe der Zeit sei ,k<strong>ein</strong>e politische,<br />
sondern <strong>ein</strong>e soziale‘, und dann wird wieder für die Zukunft der ,freie Staat‘ verheißen.<br />
In Wahrheit ist die ,menschliche Gesellschaft‘ eben beides, der allgem<strong>ein</strong>ste Staat und<br />
die allgem<strong>ein</strong>ste Gesellschaft.“ 4<br />
[314] In der „menschlichen Gesellschaft“ nun <strong>–</strong> „dieser höchsten Entwicklung ,des freien<br />
Menschen‘ wird der Egoismus, die Eigenheit, prinzipiell bekämpft“ ... und verschwindet<br />
„gegen die erhabene ,Idee der Menschheit‘. Alles, was nicht <strong>ein</strong> ,allgem<strong>ein</strong> Menschliches‘<br />
ist, ... heißt deshalb <strong>ein</strong> ,Egoistisches‘“. 5<br />
War den Sozialisten die Wohlfahrt das höchste Ziel, so war es den politisch Liberalen der<br />
freie Wettstreit. Um daran Anteil zu nehmen, brauchte der <strong>ein</strong>e nur Arbeiter, der andere nur<br />
Bürger zu s<strong>ein</strong>.<br />
„Beides ist noch nicht gleichbedeutend mit ,Mensch‘. Dem Menschen ist erst ,wahrhaft<br />
wohl‘, wenn er auch ,geistig frei‘ ist! Denn der Mensch ist Geist, darum müssen alle Mächte,<br />
die ihm, dem Geiste, fremd sind, alle übermenschlichen, himmlischen, unmenschlichen<br />
Mächte müssen gestürzt werden, und der Name ,Mensch‘ muß über allen Namen s<strong>ein</strong>.<br />
So kehrt in diesem Ende der Neuzeit (Zeit der Neuen) als Hauptsache wieder, was im<br />
Anfange derselben Hauptsache gewesen war: die ,geistige Freiheit‘.“ 6<br />
Bei <strong>Stirner</strong>s Schilderung der Freien überwindet <strong>ein</strong>e Form des Liberalismus die andere. So<br />
überwindet der soziale Liberalismus den politischen, der humane wiederum den sozialen, um<br />
letztendlich vom Eigner und vom Einzige überwunden zu werden.<br />
1 EE 138.<br />
2 EE 138 f.<br />
3 EE 139.<br />
4 EE 140.<br />
5 EE 141.<br />
6 EE 142.