Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
dies kann man auch unter den drückendsten Verhältnissen. Aus diesem Grunde sorgte man<br />
für die Frömmigkeit der Unterdrückten, denn all „ihr Elend konnten die unterdrückten Klassen<br />
nur so lange ertragen, als sie Christen waren: denn das Christentum läßt ihr Murren und<br />
ihre Empörung nicht aufkommen. Jetzt genügt nicht mehr die Beschwichtigung der Begierden,<br />
sondern es wird ihre Sättigung gefordert. Die Bourgeoisie hat das Evangelium des Weltgenusses,<br />
des materiellen Genusses verkündet und wundert sich nun, daß diese Lehre unter<br />
Uns Armen Anhänger findet; sie hat gezeigt, daß nicht Glaube und Armut, sondern Bildung<br />
und Besitz selig macht: das begreifen Wir Proletarier auch“. 1<br />
[307] Noch ist aber die rechte Gesellschaft nicht gefunden. obwohl das Bürgertum von „Befehl<br />
und Willkür Einzelner befreite“, so bleibt doch „jene Willkür ... übrig, welche aus der<br />
Konjunktur der Verhältnisse entspringt und die Zufälligkeit der Umstände genannt werden<br />
kann; es bleiben das begünstigende Glück und die ,vom Glück Begünstigten‘ übrig“. 2<br />
Deshalb müssen die Verhältnisse geändert werden und zwar so, „daß ihre Zufälligkeit ohnmächtig<br />
wird und <strong>ein</strong> Gesetz! Seien Wir nicht länger Sklaven des Zufalls! Schaffen Wir <strong>ein</strong>e<br />
neue Ordnung, die den Schwankungen <strong>ein</strong> Ende macht. Diese Ordnung ist dann heilig!“<br />
3<br />
Nach der Revolution <strong>–</strong> so heißt es bei <strong>Stirner</strong> <strong>–</strong> lautete der Grundsatz: „Hasche das Glück!“<br />
im Gegensatz zum früheren, daß man es dem Herrn recht machen solle. „Glücksjagd oder<br />
Hazardspiel, darin ging das bürgerliche Leben auf.“ 4<br />
Alles wickelte sich in diesem Glücksspiel ab, „von den Börsenspekulationen herab bis zur<br />
Ämterbewerbung, der Kundenjagd, dem Arbeitsuchen, dem Trachten nach Beförderung und<br />
Orden ...“ 5 kurz, die „freie Konkurrenz“.<br />
Die Sozialen wollen diesem „Treiben des Ungefährs“ Einhalt gebieten „und <strong>ein</strong>e Gesellschaft<br />
bilden, in welcher die Menschen nicht länger vom Glücke abhängig, sondern frei<br />
sind“. 6<br />
Die Befreiung von der Abhängigkeit vom Glück äußert sich für ihn zuerst als „Haß der<br />
,Unglücklichen‘ gegen die ,Glücklichen‘, d. h. derer, für welche das Glück wenig oder nichts<br />
getan hat, gegen diejenigen, für die es Alles getan hat.<br />
Eigentlich gilt der Unmut aber nicht den Glücklichen, sondern dem Glücke, diesem faulen<br />
Fleck des Bürgertums“. 7<br />
[308] Noch ist <strong>Stirner</strong> mit s<strong>ein</strong>er Aus<strong>ein</strong>andersetzung mit dem „Kommunismus“ nicht zu<br />
Ende gekommen.<br />
Es bedarf noch <strong>ein</strong>es Höheren, zu welchem uns dieser Kommunismus bringen will.<br />
Aus diesem Grund erklärt er: „Da die Kommunisten erst die freie Tätigkeit für das Wesen<br />
des Menschen erklären, bedürfen sie, wie alle werkeltägige Gesinnung, <strong>ein</strong>es Sonntags, wie<br />
alles materielle Streben, <strong>ein</strong>es Gottes, <strong>ein</strong>er Erhebung und Erbauung neben ihrer geistlosen<br />
,Arbeit‘.<br />
Daß der Kommunist in Dir den Menschen, den Bruder erblickt, das ist nur die sonntägliche<br />
Seite des Kommunismus. Nach der werkeltägigen nimmt er Dich k<strong>ein</strong>eswegs als Menschen<br />
schlechthin, sondern als menschlichen Arbeiter oder arbeitenden Menschen. Das liberale<br />
Prinzip steckt in der ersteren Anschauung, in die zweite verbirgt sich die Illiberalität.<br />
Wärest Du <strong>ein</strong> ,Faulenzer‘, so würde er zwar den Menschen in Dir nicht verkennen, aber als<br />
1 EE 132.<br />
2 EE 132.<br />
3 EE 132.<br />
4 EE 132.<br />
5 EE 133.<br />
6 EE 133.<br />
7 EE 133.