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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

zwungen, wohl nicht von irgend <strong>ein</strong>em Menschen, so doch aber vom Staat, vom Gesetz. Sie<br />

kämpfen „nur im Interesse der ,Sache‘ gegen die Herrschaft der ,Personen‘! Sache des Geistes<br />

ist aber das Vernünftige, Gute, Gesetzliche usw.; das ist die ,gute Sache‘. Das Bürgertum<br />

will <strong>ein</strong>en unpersönlichen Herrscher“. 1<br />

Das Prinzip dieses Bürgertums ist es, daß nur mehr die Sache den Menschen beherrschen<br />

soll, so z. B. die Sache der Sittlichkeit, der Gesetzlichkeit usw.; es darf k<strong>ein</strong>e Verkürzung des<br />

Einen durch den Anderen geben, vor allen Dingen k<strong>ein</strong>e persönliche Verkürzung. Für <strong>Stirner</strong><br />

bedeutet dies, daß „freie Konkurrenz“ 2 stattfinden muß.<br />

„Nur durch die Sache kann Einer den Andern verkürzen ..., als Person nicht. Es gilt fortan<br />

nur Eine Herrschaft, die Herrschaft des Staats; persönlich ist K<strong>ein</strong>er mehr <strong>ein</strong> Herr des Andern.“<br />

3<br />

Da dem Staate von Geburt an alle gleich sind, d. h. „bürgerliche und politische Gleichheit“<br />

besteht, mögen die Bürger „selbst zusehen, wie sie mit<strong>ein</strong>ander fertig werden: sie mögen<br />

konkurrieren“. 4<br />

Somit gibt <strong>Stirner</strong> der freien Konkurrenz die Bedeutung, „als daß Jeder gegen den Andern<br />

auftreten, sich geltend machen, kämpfen kann“. 5<br />

Für ihn hatten die Kämpfe in der Restaurationszeit in Frankreich nur den Sinn, daß sich die<br />

Feudalen, die ihr Bestehen auf die Nicht-Konkurrenz gründeten, gegen die [296] Bourgeoisie<br />

zur Wehr setzten, welche nach freier Konkurrenz rang, und schließlich den Sieg davon trug.<br />

Daraus ergibt sich auch s<strong>ein</strong> Verständnis über das Verhältnis von Revolution und Reaktion.<br />

„Verlief sich die Revolution in <strong>ein</strong>e Reaktion, so kam dadurch zu Tage, was die Revolution<br />

eigentlich war. Denn jedes Streben gelangt dann in die Reaktion, wenn es zur Besinnung<br />

kommt, und stürmt nur so lange in die ursprüngliche Aktion vorwärts, als es <strong>ein</strong> Rausch, <strong>ein</strong>e<br />

,Unbesonnenheit‘ ist. ,Besonnenheit‘ wird stets das Stichwort der Reaktion s<strong>ein</strong>, weil die Besonnenheit<br />

Grenzen setzt, und das eigentliche Gewollte, d. h. das Prinzip, von der anfänglichen<br />

,Zügellosigkeit‘ und ,Schrankenlosigkeit‘ befreit.“ 6<br />

Es erweist sich der „wilde Bursche“ als eigentlicher Philister, der Revolutionär als eigentlicher<br />

Reaktionär.<br />

„... der Philister ist gegen den Burschen reaktionär, ist der zur Besinnung gekommene wilde<br />

Geselle, wie dieser der unbesonnene Philister ist.“ 7<br />

Demgemäß erweist sich die „sogenannte Reaktion in Deutschland“ als „... besonnene Fortsetzung<br />

des kriegerischen Freiheitsjubels ...<br />

Die Revolution war nicht gegen das Bestehende gerichtet, sondern gegen dieses Bestehende,<br />

gegen <strong>ein</strong>en bestimmten Bestand. Sie schaffte diesen Herrscher ab, nicht den<br />

Herrscher ... sie tötete die alten Lasterhaften, wollte aber den Tugendhaften <strong>ein</strong> sicheres<br />

Bestehen gewähren, d. h. sie setzte an die Stelle des Lasters nur die Tugend. ...<br />

Bis auf den heutigen Tage ist das Revolutionsprinzip dabei geblieben, nur gegen dieses und<br />

jenes Bestehende anzukämpfen, d. h. reformatorisch zu s<strong>ein</strong> ... immer wird nur <strong>ein</strong> neuer<br />

Herr an die Stelle des alten gesetzt ... Nicht der <strong>ein</strong>zelne Mensch <strong>–</strong> und dieser all<strong>ein</strong> ist der<br />

Mensch <strong>–</strong> wurde frei, sondern der Bürger, der citoyen, der politische Mensch, der eben<br />

deshalb nicht der [297] Mensch, sondern <strong>ein</strong> Exemplar der Menschengattung, und spezieller<br />

<strong>ein</strong> Exemplar der Bürgergattung, <strong>ein</strong> freier Bürger ist.<br />

1 EE 119.<br />

2 EE 119.<br />

3 EE 119.<br />

4 EE 120.<br />

5 EE 120.<br />

6 EE 120.<br />

7 EE 120.

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