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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

Mit anderen Worten bedeutet dies nichts anderes als ... „<strong>ein</strong> guter Bürger“ 1 zu s<strong>ein</strong>.<br />

Sonach gelten die ,Verdienstvollen‘ als die Freien; die „Diener“ sind die Freien. „Der gehorsame<br />

Diener ist der freie Mensch!“ 2<br />

Im Dienen besteht der Sinn des Bürgertums und so konnte <strong>–</strong> gemäß <strong>Stirner</strong>s Ansicht <strong>–</strong> der<br />

Dichter der Bourgeoisie, Goethe, und ihr Philosoph, Hegel, „die Abhängigkeit des Subjekts<br />

vom Objekte, den Gehorsam gegen die objektive Welt usw. ... verherrlichen ... Wer nur der<br />

Sache dient, ,sich ihr ganz hingibt‘, der hat die wahre Freiheit. Und die Sache war bei den<br />

Denkenden die <strong>–</strong> Vernunft, sie, die gleich Staat und Kirche <strong>–</strong> allgem<strong>ein</strong>e Gesetze gibt und<br />

durch den Gedanken der Menschheit den <strong>ein</strong>zelnen Menschen in Bande schlägt. Sie bestimmt,<br />

was ,wahr‘ sei, wonach man sich dann zu richten hat. K<strong>ein</strong>e ,vernünftigeren‘ Leute<br />

als die redlichen Diener, die zunächst ... gute Bürger genannt werden“. 3<br />

Der Staat des Bürgertums verlangt nur „<strong>ein</strong>e ,gute Gesinnung‘“ und zu diesem Zwecke wird<br />

er „<strong>ein</strong>en moralischen Einfluß auf Dich ausüben lassen“. 4<br />

Die Zeit des Liberalismus beginnt mit der Zeit des Bürgertums und in ihr will man überall<br />

„das ,Vernünftige‘, das ,Zeitgemäße‘ usw. hergestellt sehen“. 5<br />

[292] Um dies zu untermauern und belegen, zieht <strong>Stirner</strong> <strong>ein</strong>e Definition des Liberalismus<br />

von Carl Witt heran, die besagt, daß „,der Liberalismus ... nichts anders, als die Vernunfterkenntnis<br />

angewandt auf unsere bestehenden Verhältnisse [ist]‘“. 6<br />

<strong>Stirner</strong> verm<strong>ein</strong>t jedoch in der Herrschaft der Vernunft das Unterliegen der Person auszumachen,<br />

denn man „will nicht <strong>ein</strong>e freie Bewegung ... der Person oder M<strong>ein</strong>er, sondern der<br />

Vernunft, d. h. ... <strong>ein</strong>e Herrschaft. Die Liberalen sind Eiferer, nicht gerade für den Glauben,<br />

... , wohl aber für die Vernunft, ihre Herrin. Sie vertragen k<strong>ein</strong>e Ungezogenheit und darum<br />

k<strong>ein</strong>e Selbstentwicklung und Selbstbestimmung; sie bevormunden trotz den absolutesten<br />

Herrschern“. 7<br />

„Politische Freiheit“ sieht <strong>Stirner</strong> darin nicht gegeben, denn was sollte man sich darunter<br />

vorstellen: „Etwa die Freiheit des Einzelnen vom Staate und s<strong>ein</strong>en Gesetzen? N<strong>ein</strong>, im Gegenteil<br />

die Gebundenheit des Einzelnen im Staate und an die Staatsgesetze. Warum aber<br />

,Freiheit‘? Weil man nicht mehr vom Staate durch Mittelspersonen getrennt wird, sondern in<br />

direkter und unmittelbarer Beziehung zu ihm steht, weil man <strong>–</strong> Staatsbürger ist, nicht Untertan<br />

<strong>ein</strong>es Andern, selbst nicht des Königs als <strong>ein</strong>er Person, sondern nur in s<strong>ein</strong>er Eigenschaft<br />

als ,Staatsoberhaupt‘. Die politische Freiheit, diese Grundlehre des Liberalismus, ist nichts als<br />

<strong>ein</strong>e zweite Phase des <strong>–</strong> Protestantismus und läuft mit der ,religiösen Freiheit‘ ganz parallel.<br />

Oder wäre etwa unter letzterer <strong>ein</strong>e Freiheit von der Religion zu verstehen? Nichts weniger<br />

als das. ... So auch ist‘s dem ,politischen Freien‘ <strong>ein</strong> heiliger Ernst mit dem Staate, er ist s<strong>ein</strong>e<br />

Herzenssache, s<strong>ein</strong>e Hauptsache, s<strong>ein</strong>e eigene Sache.“ 8<br />

[293] „Politische Freiheit“ bedeutet ihm hiermit nicht „M<strong>ein</strong>e Freiheit, sondern die Freiheit<br />

<strong>ein</strong>er Mich beherrschenden und bezwingenden Macht; sie bedeutet, daß <strong>ein</strong>er M<strong>ein</strong>er Zwingherrn,<br />

wie Staat, Religion, Gewissen, frei sind“, denn diese „machen Mich zum Sklaven, und<br />

ihre Freiheit ist M<strong>ein</strong>e Sklaverei“. 9<br />

Der politischen Freiheit stellt er die „individuelle Freiheit“ entgegen, die aber k<strong>ein</strong>eswegs<br />

1 EE 114.<br />

2 EE 114<br />

3 EE 114 f.<br />

4 EE 115.<br />

5 EE 115.<br />

6 EE 115. [Anmerkung 32]<br />

7 EE 116.<br />

8 EE 116.<br />

9 EE 117.

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