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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

im Gegensatz zu Konservativismus und Reaktion; als wirtschaftliche Doktrin tritt er für freien<br />

Wettbewerb und für freien, staatlich unbehinderten Warenverkehr, weltanschaulich für<br />

Kosmopolitismus, Toleranz und Humanität <strong>ein</strong>; auf dem Gebiete des Religiösen bekämpft er<br />

die Orthodoxie. Philosophisch gesehen, steht der Liberalismus dem Individualismus nahe<br />

...“. 1<br />

Diesem Liberalismus liegt, „ausgehend von der philosophischen Definition von Freiheit als<br />

Einsicht in die Notwendigkeit ... als generelles Prinzip die Anerkennung des <strong>ein</strong>zelnen als<br />

selbständig denkendes, urteilendes und handelndes Wesen zugrunde. Damit zeigt sich zugleich<br />

die Nähe zur Fortschrittsgläubigkeit, zur Toleranzidee und zur Selbstverantwortung<br />

des emanzipierten Bürgertums. Mit der Hinwendung zum gesunden ,Selbstinteresse, das sich<br />

aus Klugheit, Sparsamkeit, Ehrlichkeit‘ (A. Smith) in der ,klassischen Schule‘ stets noch kontrollieren<br />

läßt, werden gerade jene bürgerlichen Tugenden gefördert, die im Verlaufe des 19.<br />

Jahrhunderts von <strong>ein</strong>er selbstbewußten zu <strong>ein</strong>er selbstgefälligen klassenspezifischen Haltung<br />

des besitzenden und gebildeten Bürgertums führen und den Interessengegensatz zur Arbeiterbewegung<br />

ideologisch vorbereiteten“. 2<br />

[284] Dieser Liberalismus wird politisch „in den deutschen Staaten erst zu Beginn des 19.<br />

Jahrhunderts virulent“. 3<br />

Im Verlaufe jenes Jahrhunderts „wird die liberale Staatstheorie aus der geschichtlichen Situation<br />

heraus immer stärker mit nationalen Elementen durchsetzt“. 4<br />

Als spezifisch bürgerliche Bewegung kann man vom Liberalismus jedoch „erst nach dem<br />

bedeutenden frühindustriellen Aufschwung des gewerbetreibenden Bürgertums zwischen<br />

1820 und 1830“ 5 sprechen.<br />

In völliger Über<strong>ein</strong>stimmung mit den soeben gemachten Aussagen heißt es in dem Buch<br />

„Geschichte der politischen Idee“ zum Thema Liberalismus: „Das 19. Jahrhundert war das<br />

Zeitalter des klassischen Liberalismus. K<strong>ein</strong>e andere politische Gedankenwelt prägt diese Zeit<br />

so wie er, auch nicht der Konservativismus, der s<strong>ein</strong> erbittertster Gegner und kräftigster Konkurrent<br />

war. Er gewann 1789 in Frankreich im ersten stürmischen Anlauf die politische<br />

Macht in ganz Europa ... Um 1870 hatte der Liberalismus s<strong>ein</strong>e größte Bedeutung erreicht ...<br />

Die breite Verankerung im politischen Leben des 19. Jahrhunderts wäre nicht möglich gewesen,<br />

wenn das liberale Denken nicht <strong>ein</strong>e lebhafte Resonanz in der Bevölkerung gefunden<br />

hätte. Der Liberalismus war vielfach <strong>ein</strong>e Volksbewegung, die Anhänger in allen sozialen<br />

Schichten vom Adel bis zum 4. Stand hatte, wenn die Schwerpunkte auch <strong>ein</strong>deutig in der<br />

Oberschicht und im Mittelstand lagen und zumal die Führungsgruppen aus den Kreisen von<br />

Besitz und Bildung kamen. Höhere Verwaltungsbeamte und Richter, Lehrende an Universitäten<br />

und höheren Schulen, Rechtsanwälte, Ärzte und Publizisten zählten ebenso zu s<strong>ein</strong>en<br />

Wortführern wie Kaufleute und Industrielle. Er hatte unzweifelhaft in den Städten <strong>ein</strong>e breitere<br />

Basis als auf dem Lande, aber es wäre grundverkehrt, ihn ausschließlich als städtischbürgerliches<br />

Phänomen zu sehen. Auch in der [285] Landbevölkerung fand er Anklang und,<br />

namentlich unter Grundbesitzern mittlerer Größe, Vorkämpfer“. 6<br />

Da der Liberalismus <strong>ein</strong>e breite Bewegung, s<strong>ein</strong> Spektrum breitgefächert war, ist <strong>ein</strong>e gewisse<br />

Unschärfe der Begriffe b<strong>ein</strong>ahe unvermeidlich.<br />

Kehren wir jedoch zu <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> zurück. Für Mackay <strong>–</strong> gemäß der Einteilung s<strong>ein</strong>es<br />

„Schützlings“ <strong>–</strong> „ergoss sich die fortschrittliche Bewegung des Anfangs der vierziger Jahre ...<br />

1 Schischkoff, G.: Philosoph. Wörterbuch. S. 407.<br />

2 Görlitz, Axel (Hrsg.): Handlexikon zur Politikwissenschaft. rororo. R<strong>ein</strong>bek/Hamburg 1979. S. 217.<br />

3 Ebd.<br />

4 Ebd., S. 218.<br />

5 Ebd., S. 220.<br />

6 Fenske/Mertens u. a.: Geschichte der politischen Ideen. S. 380 f.

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