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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

ze“. 1<br />

Nun herrscht in der Welt „nichts als der Geist ... und die Begriffsverwirrung [schreitet] vorwärts“.<br />

2<br />

Vorsicht Mensch, man versucht dich auf dem „Altare der Befangenheit“ 3 zu schlachten. D<strong>ein</strong>e<br />

Sache ist es, sich zu befreien.<br />

„Um den Altar ... wölbt sich <strong>ein</strong>e Kirche, und ihre Mauern rücken immer weiter hinaus. Was<br />

sie <strong>ein</strong>schließen, ist <strong>–</strong> heilig. Du kannst nicht mehr dazu gelangen, kannst es nicht mehr berühren.<br />

Aufschreiend in verzehrendem Hunger schweifst Du um diese Mauern herum, das<br />

wenige Profane aufzusuchen, und immer ausgedehnter werden die Kreise D<strong>ein</strong>es Laufes.<br />

Bald umspannt jene Kirche die ganze Erde, und Du bist zum äußersten Rande hinausgetrieben;<br />

noch <strong>ein</strong> Schritt, und die Welt den Heiligen hat gesiegt: Du versinkst in den Abgrund.<br />

Darum ermanne Dich, dieweil es noch Zeit ist, irre nicht länger umher im abgegrasten Profanen,<br />

wage den Sprung und stürze hin<strong>ein</strong> durch die Pforten in das Heiligtum selber. Wenn Du<br />

das Heilige verzehrst, hast Du‘s zum Eigenen gemacht! Verdaue die Hostie und Du bist sie<br />

los!“ 4<br />

[282]<br />

4. 2. 3. Die Freien<br />

<strong>Stirner</strong>s phylogenetische Schematisierung der <strong>Hegels</strong>chen weltgeschichtlichen Konstruktion<br />

hat mit den Abteilungen die „Alten“ und die „Neuen“ eigentlich schon <strong>ein</strong> Ende gefunden. Er<br />

selbst weist jedoch darauf hin, daß der Eindruck entstehen könnte, „als sollten hier in <strong>ein</strong>er<br />

dritten Abteilung die Freien für selbständig und abgesondert ausgegeben werden. Dem ist<br />

nicht so. Die Freien sind nur die Neueren und Neuesten unter den ,Neuen‘ und werden<br />

bloß deshalb in <strong>ein</strong>e besondere Abteilung gebracht, weil sie der Gegenwart angehören,<br />

und das Gegenwärtige vor Allem unsere Aufmerksamkeit hier in Anspruch nimmt. Ich<br />

gebe die ,Freien‘ nur als Übersetzung der Liberalen, muß aber rücksichtlich des Freiheitsbegriffes<br />

wie überhaupt so manches Anderen, dessen vorgreifliche Heranziehung<br />

nicht vermieden werden kann, auf Späteres verweisen“. 5<br />

<strong>Stirner</strong> teilt die Liberalen <strong>–</strong> sprich die „Freien“ <strong>–</strong> in drei Gruppen, nämlich in „politische,<br />

soziale und humane Liberale“ und setzt sich mit ihnen näher aus<strong>ein</strong>ander.<br />

In s<strong>ein</strong>en Werk über <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> erklärt J. H. Mackay, daß sich unter dem Begriff des Liberalismus<br />

in jener Zeit Alles sammelte, „was auf den Gebieten des radikalen Gedankens die<br />

letzten Grenzen erreicht zu haben glaubte“. 6<br />

Es mußte jedoch <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> kommen, „der von s<strong>ein</strong>er Höhe aus diese Gebiete tief in dem<br />

Flachlande des Christentums liegen sah“, um „s<strong>ein</strong>en Zeitgenossen zu zeigen, wie tief sie<br />

noch in den Fesseln des Geistes befangen waren, denen sie sich völlig entrungen zu haben<br />

glaubten. An sie die vorgeschrittenste Kritik s<strong>ein</strong>er Zeit, knüpft er s<strong>ein</strong>e Kritik ... Ihr Sieg, mit<br />

dem sie prunken, ist ihm nur <strong>ein</strong>e [283] neue Niederlage vor dem alten F<strong>ein</strong>de und er nimmt<br />

den Kampf da auf, wo sie sich aus ihm zurückziehen. Er beginnt, wo Jene enden“. 7<br />

Der Liberalismus <strong>–</strong> definiert als „freiheitliche Gesinnung, die sich von Überlieferungen, Gewohnheiten,<br />

Dogmen usw. freimachen und auf eigenen Füßen stehen will“ <strong>–</strong> „erhielt starke<br />

Antriebe durch die Aufklärung (gegenüber der Scholastik), die Reformation (gegenüber dem<br />

Katholizismus), den Pietismus (gegenüber dem Luthertum). Als politische Richtung steht er<br />

1 EE 104 f.<br />

2 EE 105.<br />

3 EE 106.<br />

4 EE 106.<br />

5 EE 106 f.<br />

6 Mackay: <strong>Stirner</strong>. S. 138.<br />

7 Ebd.

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