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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

an „Terrorismus weit übertraf.“ 1<br />

H<strong>ein</strong>e läßt sich immer wieder zu polemischen Äußerungen und Vergleichen über die deutsche<br />

„geistige Revolution“ und die [23] französische Revolution hinreißen und <strong>ein</strong>: „Ehrlich<br />

gestanden, ihr Franzosen, in Vergleichung mit uns Deutschen seid ihr zahm und moderat!“<br />

hinwerfen. 2<br />

„Wir hatten Emeuten in der geistigen Welt ebensogut wie ihr in der materiellen Welt, und<br />

bei dem Niederreißen des alten Dogmatismus echauffierten wir uns ebensosehr wie ihr beim<br />

Sturm auf die Bastille.“ 3<br />

Vor allem ging es H<strong>ein</strong>e um die große Geistesbewegung, die „Kant nicht sowohl durch den<br />

Inhalt s<strong>ein</strong>er Schriften als vielmehr durch den kritischen Geist, der darin waltete und der sich<br />

jetzt in alle Wissenschaft <strong>ein</strong>drängte. Alle Disziplinen wurden davon ergriffen. Ja, sogar die<br />

Poesie blieb nicht verschont von ihrem Einfluß“. 4<br />

So stellte er zwar fest, daß sich das deutsche Volk nicht leicht bewegen läßt, „ist es aber<br />

<strong>ein</strong>mal in irgend<strong>ein</strong>e Bahn hin<strong>ein</strong>bewegt, so wird es dieselbe mit beharrlicher Ausdauer bis<br />

ans Ende verfolgen. So zeigten wir uns in den Angelegenheiten der Religion. So zeigten wir<br />

uns auch in der Philosophie“. 5<br />

Die Frage, ob sich die Deutschen ebenso in der Politik konsequent weiterbewegen würden,<br />

ließ er vorerst noch offen. Deutschland war jedoch „durch Kant in die philosophische Bahn<br />

hin<strong>ein</strong>gezogen und ... <strong>ein</strong>e schöne Schar großer Denker sproßte plötzlich aus dem deutschen<br />

Boden wie hervorgezaubert. ... Unter den <strong>Schüler</strong>n Kants ragte schon früher hervor Johann<br />

Gottlieb Fichte“. 6<br />

[24]<br />

2.2. Johann Gottlieb Fichte<br />

Wie bereits weiter oben festgehalten, knüpfte der deutsche Idealismus kritisch an Kant an.<br />

„Schon Fichte behauptete, er habe Kant und s<strong>ein</strong>e Philosophie besser verstanden als der Autor<br />

selber.“ 7<br />

Auch Richard Kroner bemerkt: „Kant verstehen heißt über ihn hinausgehen.“ 8<br />

Fichtes Schrift ‚Versuch <strong>ein</strong>er Kritik aller Offenbarung‘ (1792) wurde ganz im Geiste<br />

Kants abgefaßt, und, da vorerst anonym erschienen, für <strong>ein</strong> Werk Kants gehalten. Erst mit<br />

dem Bekanntwerden des Verfassers wurde Fichte berühmt.<br />

Worin bestand nun dieses Hinausgehen über Kant?<br />

In <strong>ein</strong>em Brief schreibt Fichte, nachdem er sich dem Studium der Transzendentalphilosophie<br />

widmete: „Ich lebe in <strong>ein</strong>er neuen Welt, seitdem ich die Kritik der praktischen Vernunft gelesen<br />

habe. Sätze, von denen ich glaubte, sie seien unumstößlich, sind mir umgestoßen; der Begriff<br />

<strong>ein</strong>er absoluten Freiheit, der Pflicht usw. sind mir bewiesen. Es ist unbegreiflich, welche<br />

Achtung für die Menschheit, welche Kraft uns dieses System gibt.“ 9<br />

Fichtes Philosophie setzt als „Transzendentalismus“ <strong>ein</strong>, in dem er sich „streng an den kritischen<br />

Grundsatz, daß das Bewußts<strong>ein</strong> wahrhaft nur von sich selbst etwas zu wissen vermag“<br />

10 , hält.<br />

1 Ebd. S. 139.<br />

2 Ebd. S. 137.<br />

3 Ebd. S. 149.<br />

4 Ebd. S. 150.<br />

5 Ebd.<br />

6 Ebd. S. 150 f.<br />

7 Becker, W. in: Hoerster, N.: Klassiker Bd. 2. S. 109.<br />

8 Kroner, R.: Von Kant bis Hegel. Bd. 1. S. 27.<br />

9 Glockner, H.: Europ. Philosophie. S. 279.<br />

10 Bubner, R.: Dt. Idealismus. S. 113.

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