Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?
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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />
gerungen, um ihnen auf den Grund zu kommen“. 1<br />
[264] Ganz in Sinne <strong>Hegels</strong> haben sie sich „raufend und herumgschlagend“ 2 verhalten, jedoch<br />
das „auf mongolischem Grund“ 3 gebaute nur „verbessert“. 4<br />
Das Verbessern und Reformieren des Kaukasiers ist nichts anderes, als daß er „von neuem<br />
wieder setzt, was vorher schon war ...: Himmel auf Himmel türmend erdrückt er nur <strong>ein</strong>en<br />
durch den andern ...“. 5<br />
In diesem Auf<strong>ein</strong>andertürmen sieht <strong>Stirner</strong> die weiteren Schritte der Weltgeschichte,<br />
denn „der Himmel der Juden zerstörte den der Griechen, der der Christen den der Juden,<br />
der der Protestanten den der Katholiken usw. <strong>–</strong> Streifen die himmelstürmenden<br />
Menschen des kaukasischen Blutes ihre Mongolenhaut ab, so werden sie den Gemütsmenschen<br />
unter dem Schutt der ungeheuren Gemütswelt begraben, den isolierten Menschen<br />
unter s<strong>ein</strong>er isolierten Welt, den Verhimmelnden unter s<strong>ein</strong>em Himmel. Und der<br />
Himmel ist das Geisterreich, das Reich der Geistesfreiheit“. 6<br />
Das Mongolentum ist der Wunsch, dem „Geiste Freiheit erwerben wollen“. 7<br />
Aber wann werden die Kaukasier endlich diesen mongolischen Himmel stürmen?<br />
„Wann werden sie endlich wirkliche Kaukasier werden und sich selber finden? Wann wird<br />
die ‚Unsterblichkeit der Seele‘, die sich in letzter Zeit noch mehr zu sichern glaubte, wenn sie<br />
sich als ‚Unsterblichkeit des Geistes‘ präsentierte, endlich in die Sterblichkeit des Geistes<br />
umschlagen?“ 8<br />
[265] Diese Fragen stellend, bedeuten sie bei <strong>Stirner</strong> nichts anderes als: Wann wird das<br />
Christentum vernichtet, wann die Sittlichkeit, die Gesetzlichkeit aufgehoben, wann und<br />
von wem der „Geist in s<strong>ein</strong> Nichts“ aufgelöst? 9<br />
Er beantwortet sich diese Fragen auch gleich selbst:<br />
„Erst dann hat der Mensch das Schamanentum und s<strong>ein</strong>en Spuk wirklich überwunden,<br />
wenn er nicht bloß den Gespensterglauben, sondern auch den Glauben an den Geist abzulegen<br />
die Kraft besitzt, nicht bloß den Geisterglauben, sondern auch den Geistesglauben.“<br />
10<br />
Die Frage danach, wer „den Geist in s<strong>ein</strong> Nichts auflösen“ wird, erhält die Antwort: „Er, der<br />
mittelst des Geistes die Natur als das Nichtige, Endliche, Vergängliche darstellte, er kann all<strong>ein</strong><br />
auch den Geist zu gleicher Nichtigkeit herabsetzen: Ich kann es, es kann es Jeder unter<br />
Such, der als unumschränktes Ich waltet und schafft, es kann‘s mit <strong>ein</strong>em Wort der <strong>–</strong> Egoist.“<br />
11<br />
Diesen zu erschaffen, zu begründen und zu bestimmen, ist s<strong>ein</strong> ganzes Bestreben.<br />
Da <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong>, trotz aller Einteilung, s<strong>ein</strong> Werk sehr unsystematisch gestaltet, ist man vor<br />
gewissen Ausschweifungen nicht gefeit und zumal überrascht, welche Gedankensprünge <strong>ein</strong>em<br />
entgegentreten.<br />
Ein solcher Exkurs betrifft die „Heiligkeit der Sittlichkeit“.<br />
Da man vor dem Heiligen „alles Machtgefühl und allen Mut“ verliert, so verhält man sich<br />
„gegen dasselbe ohnmächtig und demütig. Und doch ist k<strong>ein</strong> Ding durch sich heilig, son-<br />
1 EE 74.<br />
2 Hegel: Werke Bd. 12. S. 137.<br />
3 EE 74.<br />
4 EE 75.<br />
5 EE 75.<br />
6 EE 75.<br />
7 EE 76.<br />
8 EE 74.<br />
9 EE 77.<br />
10 EE 76.<br />
11 EE 77.