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Harald Pamminger: Max Stirner – ein Schüler Hegels?

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OCR-Texterkennung und Copyright by <strong>Max</strong> <strong>Stirner</strong> Archiv Leipzig <strong>–</strong> 12.09.2009<br />

stamm angehört, sch<strong>ein</strong>t bis jetzt zwei kaukasische Weltalter durchlaufen zu haben, in deren<br />

erstem Wir Unsere angeborene Negerhaftigkeit aus- und abzuarbeiten hatten, worauf im<br />

zweiten die Mongolenhaftigkeit (das Chinesentum) folgte, dem gleichfalls endlich <strong>ein</strong> Ende<br />

mit Schrecken gemacht werden muß. Die Negerhaftigkeit stellt dar das Altertum, die Zeit der<br />

Abhängigkeit von den Dingen (vom Hahnenfraß, Vögelflug, vom Niesen, von Donner und<br />

Blitz, vom Rauschen heiliger Bäume usw.); die Mongolenhaftigkeit die Zeit der Abhängigkeit<br />

von Gedanken, die christliche. Der Zukunft sind die Worte vorbehalten: Ich bin Eigner<br />

der Welt der Dinge, und Ich bin Eigner der Welt des Geistes.“ 1<br />

Nun, so weit sind wir jedoch noch nicht.<br />

So ist erst <strong>ein</strong>mal, nach dem die Zeit der „Alten“, der „Voreltern“ bereits behandelt wurde,<br />

darauf zu verweisen, daß „in unserem mongolischen Weltalter alle Veränderung nur <strong>ein</strong>e reformatorische<br />

oder ausbessernde, k<strong>ein</strong>e destruktive oder verzehrende und vernichtende gewesen“<br />

2 ist.<br />

„Die Substanz, das Objekt bleibt. All unsere Betriebsamkeit war nur Ameisentätigkeit und<br />

Flohsprung, Jongleurkünste auf dem unbeweglichen Seile des Objektiven, Frondienst unter<br />

der Herrschaft des Unveränderlichen oder ,Ewigen‘. Die Chinesen sind wohl das positivste<br />

Volk, weil ganz in Satzungen vergraben; aus dem Positiven ist aber auch das christliche<br />

Weltalter nicht herausgekommen, d. h. aus der ,beschränkten Freiheit‘, der Freiheit ,innerhalb<br />

gewisser Schranken‘.“ 3<br />

Die Sittlichkeit gibt sich hier in ihrer ersten Form als „Gewohnheit. Nach s<strong>ein</strong>es Landes<br />

Sitte und Gewohnheit handeln <strong>–</strong> heißt da sittlich s<strong>ein</strong>“. 4<br />

[263] Man bleibt s<strong>ein</strong>en Gewohnheiten treu, denn Neuerungen sind „der Todf<strong>ein</strong>d der Gewohnheit,<br />

des Alten, der Beharrlichkeit“. 5<br />

Der Mensch sichert sich durch die Gewohnheit gegen die Zudringlichkeit der Dinge, der<br />

Welt, und gründet sich <strong>ein</strong>en „Himmel“ 6 , in welchem er heimisch und zu Hause ist, „worin<br />

ihn nichts Fremdes mehr bestimmt und beherrscht, k<strong>ein</strong> Einfluß des Irdischen mehr ihn selbst<br />

entfremdet ... kurz ... worin ihm also nichts mehr versagt ist. Der Himmel ist das Ende der<br />

Entsagung, er ist der freie Genuß. ... Nun ist aber die Gewohnheit <strong>ein</strong>e ‚andere Natur‘, welche<br />

den Menschen von s<strong>ein</strong>er ersten und ursprünglichen Natürlichkeit ablöst und befreit, indem<br />

sie ihn gegen jede Zufälligkeit derselben sichert. Die ausgebildete Gewohnheit der Chinesen<br />

hat für alle Vorfälle gesorgt ... aus dem Himmel s<strong>ein</strong>er Ruhe stürzt ihn k<strong>ein</strong> unvorhergesehener<br />

Fall. Der sittlich <strong>ein</strong>gewohnte und <strong>ein</strong>gelebte Chinese wird nicht überrascht und überrumpelt<br />

... Auf der Stufenleiter der Bildung oder Kultur besteigt die Menschheit mithin durch die<br />

Gewohnheit die erste Sprosse, und da sie sich vorstellt, im Erklimmen der Kultur sogleich<br />

den Himmel, das Reich der Kultur oder zweiten Natur, zu erklimmen, so besteigt sie wirklich<br />

die erste Sprosse der <strong>–</strong> Himmelsleiter“. 7<br />

Diese Stufe kann man mit <strong>Hegels</strong> „Kindesalter der Geschichte“ 8 vergleichen, wenngleich<br />

<strong>Stirner</strong> sie sehr frei interpretiert.<br />

Da nun das „Mongolentum das Das<strong>ein</strong> geistiger Wesen festgestellt [hat], <strong>ein</strong>e Geisterwelt,<br />

<strong>ein</strong>en Himmel geschaffen, so haben die Kaukasier Jahrtausende mit diesen geistigen Wesen<br />

1 EE 71 f.<br />

2 EE 72.<br />

3 EE 72 f.<br />

4 EE 73.<br />

5 EE 73.<br />

6 EE 73.<br />

7 EE 73 f.<br />

8 Hegel: Werke Bd. 12. S. 135.

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